0354 - Toteninsel Teneriffa
aus dem Vulkan geholt, und jetzt fieberten sie dem Augenblick entgegen, in welchem er wiederum Lebenskraft in sich aufnahm. Würde er schon jetzt stark genug sein, um in sein unheiliges Leben zurückzukehren?
Eva Rolant versuchte aufzuspringen. Sie wollte fliehen, sie wollte um Hilfe schreien. Doch sie konnte weder das eine noch das andere. Die Lähmung hielt sie nach wie vor umfangen.
Das grauenhafte Nebelwesen streckte seine Klaue aus. Näher und näher…
Und zuckte zurück.
***
Rafaela blieb stehen. Es wurde hell.
Nein, nicht richtig hell. Das war keine Morgendämmerung, die in der Ferne heraufzog. Dieses rot war anders, ganz anders. Es war furchtbar und erinnerte an Feuer, das sich über den Vulkan ergoß.
Die Leuchtkraft war stark genug, die Umgebung besser erkennen zu lassen denn je. Und Rafaela sah etwas Eigenartiges.
An dieser Stelle machte die Küste einen Bogen. Eine kleine Bucht befand sich hier. Und am Ufer, das hier nicht ganz so steil und zerklüftet war, lagen zwei Boote.
Aber das war nicht alles. Als Rafaela sich umwandte, sah sie zerfallene Hütten hinter sich, die sie vorher nicht hatte erkennen können, als nur Mond und Sterne schienen.
Sie vergaß fast die Kälte, die sie umfangen hielt. Sie lief auf die Hütten zu, die am Hang standen. Aber als sie sie erreicht hatte, konnte sie nur den Kopf schütteln.
Hier konnten doch keine Menschen gewohnt haben? Dafür waren die Hütten doch viel zu klein, deren Holz morsch und brüchig geworden war.
Gerade etwas höher als einen Meter war der Eingang des Bauwerks, vor dem Rafaela jetzt stand.
Kinder oder Zwerge mußten diese Hütten bewohnt haben…
Rafaela berührte das Holz mit der Hand. Es gab unter der leichten Berührung nach, zerpulverte einfach. Das war unglaublich. Wie alt mußte das Holz sein? Wie lange konnte es hier schon kein Leben mehr geben?
Tausend Jahre? Zehntausend? Hunderttausend?
Sie schüttelte sich. Sie war nicht in der Stimmung, dieses Rätsel zu lösen. Sie kehrte zu den Booten um, die am Strand lagen.
Der Himmel hatte sich noch weiter aufgehellt und schien zu brennen.
Etwas quoll leuchtend und flammend aus dem Vulkan empor. Im ersten Moment glaubte Rafaela an einen Ausbruch. Das kam durchaus einmal vor; die meisten Vulkane der Kanarischen Inseln waren immer noch aktiv.
Unwillkürlich sah sie sich nach einer Fluchtmöglichkeit um, falls die glühende Lava bis hierher strömen sollte.
Aber es floß keine Lava. Es war kein Ausbruch, wie sie ihn von Fernsehsendungen und Fotos her kannte. Oder von Italiens Vulkanen, aber die rauchten ja ohnehin nur noch still vor sich hin.
Rafaela nahm wieder die Boote in Augenschein, während sie immer wieder einen Blick auf die leuchtende Wolke am roten Nachthimmel warf. Die Wolke nahm annähernd menschliche Gestalt an. Rafaela glaubte zu träumen.
Eines der Boote war morsch und zerfiel sofort, als sie es nur anstieß.
Das zweite schien noch halbwegs in Ordnung zu sein, wenngleich das Holz sich auch recht weich anfühlte. Da war auch eine Ruderstange.
Rafaela schob das Boot ins Wasser. Es war unglaublich kein. Offenbar gehörte es zu denselben Zwergen, die einst die Hütten bewohnt haben mußten.
Mit dem Boot an der Küste entlang zu fahren, so lange es eben ging, war bequemer, als über die Klippen zu steigen. Und vor allem – die Bewegung hielt besser warm als das Klettern und gehen. Glaubte Rafaela zumindest. Außerdem fühlte sie sich plötzlich auf dem Wasser sicherer als auf dem Land.
Sie stakste sich mit der Stange vorwärts. Das Boot schien wasserdicht zu sein.
Himmel, irgendwann mußte sie doch auf Menschen stoßen…
Und die leuchtende Wolke senkte sich hinter einem felsigen Ufer-Ausläufer nieder und verschwand aus Rafaelas Blickfeld. Aber der Himmel brannte immer noch…
***
Zamorra spürte plötzlich den Kontakt. Da war derselbe Eindruck, den Nicole vorhin gehabt hatte, als der Dämon sie aus dem Nichts heraus angriff. Er war es, Reguas! Er war plötzlich ganz nah… und doch fern…
Zamorra konnte ihn deutlich spüren.
Und Reguas war unheimlich stark. Er wollte zuschnappen wie ein bissiger Hund. Aber er zögerte. Zamorra spürte irgendwo noch eine andere Kraft, die auf diesen Reguas einwirkte und ihn zu sich ziehen wollte.
Auch Nicole bemerkte die Nähe des Dämons. Sie verstärkte ihre Anstrengungen, Reguas hierher zu holen in die Falle des Pentagramms. Für ein paar Sekunden schien es so, als würde es gelingen, die andere Kraft zu überwinden. Dann
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