0354 - Toteninsel Teneriffa
Das aber will ich nicht. Ich glaube, du verstehst nicht, was ich wirklich will. Ich will den Schatz, den Reguas hütet. Und ich werde ihn bekommen. Wenn Alvarez und du mitmachen, ihn zu holen und zu erkämpfen, ist es gut. Wenn nicht, hole ich ihn mir allein. Und jeder, der sich mir dabei in den Weg stellt, bekommt meine Macht zu spüren.«
»Ist das eine Drohung?«
»Ein freundschaftlicher Hinweis«, sagte Valdez. »Ich bin der Meister. Ich habe am meisten von Reguas’ Kraft getrunken. Ich werde mit jedem einzelnen fertig. Und Reguas wird mich zusätzlich schützen, weil ich es bin, dem er seine Erweckung eigentlich verdankt. Hätte ich die Sekte nicht um mich geschart, würde er immer noch in der Tiefe darben.«
»Hm«, machte Ramirez. »Dir wäre es natürlich lieber, den Schatz allein zu bekommen, nicht?«
Valdez lachte wieder. »Es ist genug da, daß tausend Leute für ihr ganzes Leben ausgesorgt hätten. Für mich allein ist es zuviel.«
»Warum willst du dann die anderen alle nicht teilhaben lassen?«
Valdez grinste.
»Ich habe meine Gründe, mein Lieber. Es wird redlich aufgeteilt. Die einen den Schatz, die anderen die Macht. Ich wähle den Schatz.«
»Aber warum? Warum sollen die anderen den Schatz nicht bekommen dürfen?«
»Ich sagte schon, es gibt gute Gründe dafür. Denn es gibt nur eine der beiden Möglichkeiten. Ich wähle die für mich bessere. Ich habe mich intensiv um Reguas gekümmert. Ich weiß genau, was ich tue. Ich wecke ihn nur, um an den Schatz zu kommen.«
»Irgendwann werde ich’s sicher begreifen«, murmelte Ramirez. Sie hatten inzwischen die »Montego« erreicht. »Was tun wir jetzt? Bleiben wir noch hier?«
»Wozu? Wir werden wieder nach Santa Cruz zurückfahren. Aber laß erst die anderen verschwinden. Wir waren die ersten hier, und wir werden die Insel als letzte verlassen. Wir wollen doch schließlich nicht mit den alten Traditionen brechen, nicht wahr?«
Ramirez ging an Bord. Valdez blieb noch stehen und sah sich nach dem Vulkan um, der jetzt wieder völlig normal aussah. Der Himmel war endgültig wieder nachtschwarz geworden, und am Himmel funkelten die Sterne in herrlicher, silberner Pracht.
Valdez lächelte.
Morgen schon würde er der reichste Mensch der Welt sein, und Alvarez und Ramirez vielleicht auch. Valdez hatte nichts dagegen, mit ihnen zu teilen. Reguas, dachte er. Du wirst mir zeigen, wo der Schatz liegt, denn du bist mir zu Dank verpflichtet. Und dann mag die anderen ihr Schicksal treffen… mich oder uns aber nicht…
Die Nacht war wundervoll, und Valdez fühlte sich wohl. Daß unter seiner Federführung auch in dieser Nacht wieder ein gräßlicher Mord geschehen war, berührte ihn nicht. In dieser Hinsicht hatte er das Gemüt eines Fleischerhundes.
***
Rafaela erschrak. Fast wäre sie aus dem Boot gestürzt. Der Schädel hatte sich irgendwie bewegt!
Sie sah genauer hin. Aber die Bewegung schien wieder erstarrt zu sein. Nichts regte sich mehr. Aber trotzdem war sie sicher, daß sich irgend etwas an diesem Schädelfelsen verändert hatte. Aber was?
Plötzlich erkannte sie es. Die Öffnung zwischen den Zähnen hatte sich geschlossen. Und der Schädel hatte sich auch etwas gehoben.
Weg hier, dachte sie. Nichts wie weg hier! Sie stieß sich mit der Stange wieder ab, bewegte sich, als habe sie ihr Leben lang nichts anderes getan. Nur weiter, fort von dieser unheimlichen Stelle. Als sie sich einmal umblickte, war ihr, als habe der Schädel sich ein wenig gedreht, so daß er sie auch jetzt aus seinen leeren Augenhöhlen beobachten konnte.
Rafaela erreichte das Ende der Bucht und mußte jetzt um einen Vorsprung der Landmasse herumfahren. Das rote Licht am Himmel wurde immer düsterer. Die Nebelwolke war jetzt vollends im Vulkan verschwunden.
Es gibt für alles eine Erklärung, redete Rafaela sich ein. Man muß sie nur finden.
Die Insel schien nicht sonderlich groß zu sein. Denn schon wieder kam eine Biegung. Und dahinter war wieder eine Felsenbucht. Rafaela erschrak, als sie sie erreichte. Sie brachte das Boot, in dem das Wasser inzwischen zwei Handbreiten hoch stand, zum Stillstand, rammte die Stange in den Grund.
Sie glaubte ihren Augen nicht trauen zu dürfen.
Da lagen Boote! Schiffe! Yachten! Drei Stück insgesamt, die verankert und miteinander vertäut waren. Kleine, schnell aussehende Motoryachten, und daneben die große »Montego«.
»Das darf nicht wahr sein«, flüsterte Rafaela. Was tat der Kahlkopf Valdez hier? Oder was hatte er hier
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