0354 - Toteninsel Teneriffa
sofort voll da. Die Tötung des Reporters und die Flucht des Mädchens auf See waren sofort wieder präsent. Offenbar hatte aber beides noch keine Folgen gezeitigt.
Kein Polizist stand an Valdez’ Tür, um ihn festzunehmen. Niemand hatte auf den Eigner und Kapitän der »Montego« hingewiesen. Das bedeutete, daß auch weiterhin keine Gefahr mehr drohte.
Valdez ging ins Bad, duschte und stellte sich auf die Waage. Verblüfft stellte er fest, daß er gegenüber gestern drei Kilo abgenommen hatte.
»Das gibt’s doch nicht…«
Die Waage mußte falsch anzeigen. Er hatte sich doch körperlich nicht so verausgabt, daß er an Gewichtsschwund leiden konnte, und er litt doch auch nicht unter einer Krankheit!
Dennoch fühlte er sich ein wenig beunruhigt, als er sich ankleidete.
Irgend etwas stimmte mit der Hose nicht. Er trat immer auf die unteren Umschläge der Hosenbeine, während er im Zimmer auf und ab ging.
Überrascht sah er nach unten.
Die Hose war zu lang!
Gestern hatte sie noch gepaßt. Jetzt aber waren es zwei bis drei Zentimeter zuviel, und im Bund war sie auch recht schlaff. Sollte der Gewichtsverlust doch stimmen? Er zog den Gürtel bis ins letzte Loch, aber die Hose saß immer noch ziemlich locker.
Eiskalt überlief es ihn. Hier war was faul. Auch das Hemd, das eigentlich auf Taille geschnitten war, saß locker, und als er die Anzugjacke überstreifte, hing sie ihm schlaff um den Oberkörper. Nicht so, daß es auffiel, aber er bemerkte es eben. Die Ärmel schienen ihm auch länger zu sein als gestern, sowohl am Hemd als auch an der Jacke.
»Das aber«, murmelte er, »ist einfach unmöglich. Kleidung dehnt sich nicht aus wie ein überstrapaziertes Stück Gummi.«
Aber daß ihm seine Sachen nicht mehr so recht passen wollten, daran gab es nichts zu deuteln. Eigentlich konnte das nur bedeuten, daß er schrumpfte… ?
Richard Metheson’s science fiction Story von der »unglaublichen Geschichte des Mister C.« fiel ihm ein, der Mann, der immer weiter schrumpfte, bis selbst eine harmlose Maus zum gefährlichen Ungeheuer für ihn wurde. Aber so etwas gab’s doch nur im Roman und im Film, nicht aber in der Wirklichkeit.
Dennoch…
Er begann, seine Körperlänge zu messen. Wie groß er war, wußte er, und auch, wie man die Körpergröße am einfachsten ermittelt. Er kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Beim dritten Meßversuch kam er wieder auf denselben Wert, der ihm verriet, drei Zentimeter kleiner zu sein als bisher!
Der Schweiß brach ihm aus. Wie war das möglich?
Eine Krankheit? Oder… ?
Siedendheiß durchfuhr es ihn. Reguas! Der Dämon mußte dafür verantwortlich sein. Aber warum?
»O nein«, flüsterte er. »Ich will die Macht doch gar nicht, die du gibst, um dafür zu nehmen… ich will den Schatz, und damit bin ich zufrieden… warum nimmst du mir mehr, als dir zusteht?«
Der Dämon antwortete ihm nicht. Er konnte nur zu ihm sprechen, wenn er beschworen wurde.
»Verdammt«, keuchte Valdez. Er mußte Reguas so schnell wie möglich klar machen, daß er die Macht nicht wollte. Er wollte nicht das Schicksal der anderen teilen, die nur das Momentane sahen, die Machtfülle, die Reguas ihnen zu geben vermochte. Nicht aber den Preis, den sie dafür zu bezahlen hatten…
Davon, daß der Schatz auch einen Preis forderte, hatte in der Überlieferung nichts gestanden und auch der Geist des Dämons selbst hatte Valdez nicht darauf aufmerksam gemacht. Nein, verbesserte er sich. Reguas hatte zu niemandem von dem Preis gesprochen, der Valdez etwas zu hoch war. Er wollte nur seinen kurzzeitigen persönlichen Profit aus der Verbindung mit dem Dämon ziehen…
Reguas mußte sich geirrt haben…
Valdez frühstückte nervös, zurrte seine Krawatte zurecht und setzte den grauen Hut auf. Der Mann im grauen Anzug verließ sein Bungalow-Appartement und strebte durch die vormittägliche Wärme scheinbar unbeeindruckt dem Hafen zu.
An Bord der »Montego« würden sie sich wieder treffen. Dort würde Valdez feststellen, ob Alvarez und Ramirez unter denselben Symptomen litten wie er selbst…
***
Zamorra war entschlossen, direkt Nägel mit Köpfen zu machen. Immerhin bestand keine Unsicherheit. Die »Montego« und ihre Crew hatte die beiden Mädchen entführt. Also brauchte der Parapsychologe keine Samthandschuhe anzuziehen.
In der Tat lag die »Montego« am Ende des Hafens. Ein nicht gerade gepflegt wirkendes, unscheinbares Schiff. Aber von Rafaela wußte Zamorra, daß dieser Eindruck täuschte, daß
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