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0356 - Die Frau, die zweimal starb

0356 - Die Frau, die zweimal starb

Titel: 0356 - Die Frau, die zweimal starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Den mußte es einfach gegeben haben, aus Spaß zog keiner die Notbremse. Vielleicht wußte der Schaffner mehr, und ich sprach ihn auf dieses Problem hin an.
    »Ja, ich weiß es.«
    »Und was war der Grund?«
    »Weshalb kümmert Sie das?«
    »Na ja, ich bin eben neugierig.«
    »Es war keiner der Passagiere, der die Notbremse gezogen hat. Der Lokführer persönlich mußte so hart bremsen, weil etwas vor der Lok auf den Schienen erschien.«
    Ein Hindernis also. Nur gut, daß der Mann es früh genug entdeckt hatte.
    »Ist denn jemand verletzt worden?« wollte ich wissen.
    »Keine Ahnung.«
    Ich bekam keine Antwort und wurde das Gefühl nicht los, daß durch diese Notbremsung mein gesamter Zeitplan umgeworfen war. Und das gefiel mir überhaupt nicht. Schließlich wollte ich so rasch wie möglich nach London.
    Die meisten Personen hatten den Zug verlassen. Zwei alte Frauen kletterten noch hinaus. Ein Mann stand zwischen Zug und Tunnelwand. Er half den beiden Personen.
    Plötzlich entstand am Zug Bewegung. Von der anderen Seite her lief ein Mann herbei.
    Der Schaffner kannte ihn, denn er ging vor und gab mir den Weg frei. Nach draußen stieg der Schaffner nicht, er ließ den anderen kommen. Der Neuankömmling trug graue Arbeitskleidung. Er roch nach Öl, Kohle und Dampf. Ich nahm an, daß es sich bei dieser Person um den Lokführer handelte. Das Gespräch, das er kurz darauf mit dem Schaffner führte, bestätigte meine Vermutung.
    Der Lokführer wollte nicht in den Wagen klettern. Er blieb während der Unterhaltung auf dem Trittbrett stehen, und der Widerschein des brennenden Sturmfeuerzeugs zeichnete Schatten auf sein Gesicht.
    »Was war denn nun eigentlich los?« fragte der Schaffner.
    Der andere lachte laut. Mit dem Ärmel wischte er Schweißtropfen von seiner Stirn. »Das ist ganz einfach. Auf den verdammten Schienen stand plötzlich ein Monster.«
    Der Schaffner bekam einen starren Blick, während ich meine Lauscher spitzte. »Was hast du da gesagt? Ein Monster stand dort?«
    »Ja.«
    »Du bist verrückt.«
    »Das bin ich nicht!« schrie der Lokführer. Sein Gesicht lief vor Aufregung rot an. »Hätte ich sonst einen Grund gehabt, diese verdammte Bremsung vorzunehmen?«
    »Du hast dich geirrt. Du mußt dich geirrt haben, Joseph. Wirklich, du mußt.«
    Der Lokführer schüttelte stur den Kopf. Ich sah die Dinge aus einer anderen Perspektive und drängte mich an dem Schaffner vorbei, so daß mich der Lokführer jetzt auch sehen könnte.
    »Wer ist das?« fragte er seinen Kollegen.
    »Ein Reisender.«
    »Warum ist er noch nicht weg? Jeden Augenblick kann der Gegenzug kommen. Dann wird es gefährlich.«
    »Sie stehen auch noch hier.«
    »Das ist etwas anderes. Diese Sache ist unser Beruf, wenn Sie verstehen. Aber Sie…«
    »Ich habe in Hacea bewiesen, daß ich nicht zu den Angsthasen gehöre«, erklärte ich.
    Der Schaffner wußte schon Bescheid. »Dann sind Sie der blonde Mann, von dem die Leute im Zug geredet haben.«
    »Ja, das bin ich.«
    Der Schaffner grinste und reichte mir die Hand. »Gratuliere, mein Herr. Das haben Sie fabelhaft hingekriegt.«
    »Danke.« Meine Hand wurde so hart geschüttelt, als wollte sie mir der Mann abreißen.
    »Ich verstehe gar nichts«, sagte der Lokführer. »Kann mich mal jemand von euch beiden aufklären.«
    Ich winkte ab. »Später vielleicht. Jetzt wäre es vielleicht besser, wenn wir uns das Monster einmal anschauen.«
    »Ja, das finde ich auch«, unterstützte mich der Schaffner. »Aber wehe, wenn du gelogen hast. Dann kannst du deinen Job abgeben.«
    »Unsinn, ich habe nicht gelogen.« Der Lokführer gab den Weg frei, so daß wir aussteigen konnten. Neben dem Wagen blieb ich stehen und schaute in die Richtung, aus der wir gekommen waren.
    Wir waren noch nicht allzu weit in den Tunnel hineingefahren, und ich erkannte in einiger Entfernung die Tunneleinfahrt. Sie sah aus wie ein übergroßes Ei, das im unteren Drittel abgeschlagen worden war.
    Die Seite zur Lokomotive hin war vollkommen schwarz, ein Monster konnten wir deshalb nicht sehen.
    Bevor ich losging, wandte ich mich noch mit einer Frage an den Lokführer. »Wie sah es überhaupt aus?«
    Er hob die Schultern. »Riesig, würde ich sagen.«
    Damit konnte ich so gut wie nichts anfangen. »Es muß doch eine Gestalt gehabt haben. War es menschenähnlich, oder besaß es eine Verwandtschaft zu irgendeinem Tier?«
    »Beides.«
    »Wieso?«
    »Das Monster ist…« Der Mann holte noch einmal tief Luft. »Ein Mittelding zwischen Mensch

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