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0357 - Die Treppe der Qualen

0357 - Die Treppe der Qualen

Titel: 0357 - Die Treppe der Qualen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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breit und vor allen Dingen lang. Ihre letzte Stufe befand sich dort, wo ein schmaler Sandstreifen zum Meer hin auslief.
    Es war ein feiner Sand, der in diesen Augenblicken rötlich schimmerte, weil das Licht einer allmählich versinkenden Sonne ihn streifte und ihr Muster auch auf die Treppe gelegt hatte.
    Man konnte das Bild mit dem Wort prächtig umschreiben. Die Natur war ein fantastischer Maler. Auch die Stufen erstrahlten in einem goldroten Glanz, wie ihn künstliche Farben nie schaffen konnten. So wunderbar, so weich, so herrlich beruhigend, und nichts deutete darauf hin, daß die Stufen den Namen Qualentreppe bekommen hatten.
    Bei dieser zweiten Inspektion schaute ich mir jede einzelne Stufe noch genauer an.
    Auch mich traf das Sonnenlicht. Es legte einen Vorhang über meinen Körper, der mich ebenfalls aussehen ließ wie eine Gestalt, die einem Märchenland entsprungen war.
    Damit die Planke meinen Sichtwinkel nicht beeinträchtigte, hatte ich sie mir wieder unter den Arm geklemmt. Ich bückte mich sogar, tastete die Stufen ab und suchte nach versteckten Kontakten, die irgend etwas in Bewegung setzen konnten.
    Ich fand nichts.
    Der Stein blieb normal, er war wellig, aber nicht rauh, da der Wind ihn im Laufe der langen Zeit blankgeschliffen haben mußte.
    Stufe für Stufe kontrollierte ich durch, ohne einen Erfolg zu erreichen.
    Zur Mitte hin verbreiterten sich die Stufen, so daß sie eigentlich inihrer Form etwas mit einer Pyramide gemeinsam hatten. Auch zum Ende der Treppe hin wurden die Stufen wieder schmaler, und als ich die Mitte erreicht hatte, blieb ich abermals stehen.
    Ich befand mich jetzt auf der größten Stufe. Auch sie wurde vom roten Sonnenlicht in ihrer gesamten Breite getroffen. Keinen Fleck ließ das blutige Licht aus. Das Gestein schimmerte an allen Stellen gleich, bis mein Blick den Rand der Stufe erreichte, denn dort sah ich einen dunklen Fleck, der überhaupt nicht in das Gesamtbild passen wollte.
    Auf ihn schritt ich zu.
    War das die Stelle, von der Garuda gesprochen hatte? Vieles wies darauf hin, auch meine innere Spannung steigerte sich wieder. Ich spürte das Vibrieren meiner Nerven, das Zittern in den Knien, das stets dann eintrat, wenn ich vor einem entscheidenden Augenblick der Wahrheit stand.
    Wie hier.
    Lautlos setzte ich einen Fuß vor den anderen. Mich umgab die Stille. Selbst das Säuseln des Windes vernahm ich nicht mehr. Dafür hörte ich noch ein scharfes, ängstliches Flüstern. Ausgestoßen hatte es mein Freund Mandra.
    »Nicht, John, bitte nicht!« Er warnte mich ein letztes Mal. »Das kannst du nicht tun. Du beschwörst das Grauen hervor. Wirklich nicht, du kannst es dir…«
    Ich wollte und würde mir nichts überlegen. Auch Mandra mußte in den sauren Apfel beißen, da es für seine Befreiung keinen anderen Weg mehr gab.
    Direkt neben der fehlenden Stelle verhielt ich meinen Schritt und schaute nach unten.
    Ein Rechteck in der Stufe lag vor mir. Wie mit einem feinen Messer herausgeschnitten und an den Seiten einige Wellen aufweisend, die auch die Planke in entgegengesetzter Richtung besaß.
    Sie paßte. Sie mußte einfach passen, denn sie allein war für diese Stelle vorgesehen.
    Tief atmete ich durch.
    Vor einer sehr schweren Entscheidung stand ich. Vielleicht vor einer der schwersten meines bisherigen Lebens. Ich hatte Garudas Worte im Ohr und auch die Warnungen meines Freundes Mandra Korab. Beides mußte ich gegeneinander abwägen.
    Wer behielt recht?
    Möglicherweise gab es keinen Sieger, sondern nur Besiegte. Oder aber wir gewannen alles.
    Mit der Planke in den Händen ließ ich mich langsam auf die Knie sinken.
    Ich konnte dabei auf der gleichen Stufe bleiben, so eine günstige Breite wies sie auf.
    Wieder hörte ich Mandras Warnung. Da ich jetzt auf die Planke schaute, erkannte ich dabei sein Gesicht.
    Es hatte sich verzogen. Angst las ich in seinen Augen. Er wollte nicht, der Mund stand offen, es war eine Quälerei für ihn, und er tat mir in diesen Augenblicken leid, doch ich konnte nicht anders handeln. Entweder jetzt oder überhaupt nicht.
    Egal, was geschah.
    »Es tut mir selbst leid, Mandra, aber es gibt einfach keine andere Möglichkeit.«
    »John…«
    Am liebsten hätte ich mir die Ohren zugehalten, weil ich nicht mehr hören wollte. Statt dessen führte ich die Planke immer näher an das Viereck heran, nahm noch einmal Maß und ließ sie mit einem letzten Druck der beiden Daumen nach unten sinken.
    Geschafft!
    Und sie paßte genau!
    Ich richtete mich

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