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0357 - Die Treppe der Qualen

0357 - Die Treppe der Qualen

Titel: 0357 - Die Treppe der Qualen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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können.
    Das war in Hongkong gewesen, als wir uns in dem Hotelzimmer befanden und Shao unter den Einfluß des Bösen geraten war.
    Würde es mir möglich sein, ihn jetzt auch zum Reden zu bewegen. Vielleicht über Entfernungen hinweg, die nicht einmal meßbar und nur durch Magie zu erklären waren.
    Mandra sah so aus, als würde er leben.
    Sein Gesicht wirkte nicht starr, nur mehr entspannt, wie das eines Schläfers.
    Aber schlief Mandra tatsächlich? Wenn möglich, wollte ich den Inder auch aus seinem magischen Gefängnis befreien.
    Ich holte den Dolch hervor.
    Mit ihm hatte Shao Mandra damals die blutenden Wunden im Gesicht beigebracht.
    Als meine Finger den Waffengriff umschlossen, spürte ich dessen Wärme. Es war kein normaler Dolch. In ihm wohnten unerforschte Kräfte, und ich behandelte ihn stets sehr vorsichtig.
    Wenn sich bei Mandra Korab nichts verändert hatte, mußte er genau mitbekommen, was ich tat, denn er konnte hören, sehen und fühlen. Sich bewegen oder befreien konnte er nicht.
    Mit der linken Hand hielt ich die Planke fest, in der rechten hatte ich den Dolch und näherte die Spitze der Waffe dem Gesicht des Inders. Sehr nahe kam ich heran, und eigentlich hätte das Gesicht, wenn Mandra alles mitbekam, jetzt zucken müssen, das geschah nicht.
    Es blieb unbewegt.
    Konnte ich es trotzdem riskieren? Sollte ich das gleiche versuchen wie Shao, nur um eine Reaktion zu bekommen?
    Ich drückte die Klinge weiter nach unten, bis die Spitze Kontakt bekam.
    Im ersten Augenblick sah ich nichts, dann durchlief ein Zucken die linke Wangenseite, und ich sah mich gezwungen, den Dolch sofort wieder zurückzuziehen.
    Mandra lebte also.
    Er hatte mich beobachtet und genau gespürt, was ich tun wollte.
    Auch war sein Gesicht klarer geworden. Die Umrisse kristallisierten sich wieder deutlicher hervor, so wie es vor einigen Monaten gewesen war.
    Ich spürte, daß ich allmählich ins Schwitzen geriet. Diese Insel besaß auch ihre guten Seiten, denn hier mußten sich Kräfte konzentrieren, wie ich sie in London nicht fand. Da hätte ich bei einem Versuch ähnlicher Art keine solche Reaktion erlebt.
    Ich beugte mich so weit vor, daß ich in die Augen des Inders blicken konnte. Wir hatten einen direkten Kontakt, und ich schaute in seine Pupillen, die wie zwei geheimnisvolle, dunkle Kreise wirkten, und in denen ein Ausdruck stand, den ich mit dem Begriff Schmerz übersetzen würde. Vielleicht auch Angst.
    »Mandra…«
    Ich hatte den Namen nur geflüstert, in der Hoffnung, daß er mich hörte und mir eine Antwort gab.
    Er regte und rührte sich nicht.
    Behutsam fuhr ich mit den Fingerspitzen über die Planke, um vielleicht die Wärme seiner Haut zu spüren oder irgendwelche Ausbuchtungen wie Nase, Mund und Lippen.
    Nichts davon fand ich unter den tastenden Fingern. Die Planke blieb glatt.
    Und trotzdem hatte Mandra Korab reagiert Diese Reaktion war nicht von ungefähr gekommen. Wie konnte ich sie so verstärken, damit mir der Inder eine Botschaft übermittelte?
    Auf diese Fragen wußte ich noch immer keine Antwort. Es gab nur die Chance mit dem Dolch.
    Wieder näherte sich die Waffe dem Gesicht. Diesmal allerdings nicht mit der Spitze, sondern mit der flachen Seite. Ich kantete den Dolch schräg und fuhr damit über die Züge, und zwar vom Kinn bis zur Stirn hoch. Dabei ließ ich das Bild keinen Augenblick aus den Augen und hätte vor Freude jubeln können, als ich Mandras Reaktion bemerkte.
    Die Umwelt versank für mich. Nur mehr Augen für das Gesicht meines Freundes hatte ich, in dem sich neben den Augen auch der Mund bewegte, als wollte er mir Worte zuflüstern.
    Ich zog sehr schnell den Dolch wieder zurück und vernahm Mandra Korabs Stimme.
    Im ersten Augenblick rann mir eine Gänsehaut über den Rücken.
    Es war schon ein Phänomen, die Stimme eines Freundes zu hören, dessen Gesicht in einer Holzplanke steckte und der nun mit mir allein sprechen wollte. Vielleicht, so hoffte ich, war Mandra auch in der Lage, mich auf Wege aufmerksam zu machen, die zu seiner Befreiung führten.
    Die Waffe berührte die Planke nicht mehr. Ich hatte meinen Kopf noch etwas tiefer gebeugt und sprach ihn nun direkt an. »Mandra«, hauchte ich, »hörst du mich?«
    Er gab mir keine Antwort.
    »Ich bitte dich, Mandra, wenn du mich verstehen kannst, zeige es mir durch ein Nicken an.«
    Wieder blieb es still, und selbst in seinem Gesicht tat sich nichts.
    Mir kam es vor wie eingeschweißt und festgelötet, es war mit dem Holz eine Verbindung

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