0359 - Ich stieß auf eine heiße Spur
eine möglichst genaue Beschreibung der Frau geben. Es hieß, sie sei blond, müsse zwischen zwanzig und dreißig Jahren alt sein, sei mittelgroß und neige ein wenig zur Fettleibigkeit. Sie benutze ein süßliches, aufdringliches Parfüm. Wir notierten es und bedankten uns. Zehn Minuten nach vier Uhr nachmittags schwebte uns der Duft des tatsächlich aufdringlich süßen Parfüms um die Nasen. Zu der Zeit betrat die Dame nämlich unser Office.
»Hallo, hallo!«, sagte sie vergnügt. Sie zeigte auf den Besuchersessel und fragte: »Darf ich mich setzen?«
»Bitte sehr«, sagte Phil.
Sie saß und schlug zunächst das linke Bein über das rechte, wechselte um und entschied sich schließlich doch wieder für die erste Haltung. Nachdem sie sich bequem gesetzt hatte., zog sie eine Flunsch. Ich bemühte mich, ernst zu bleiben. Phil hüstelte. Es klang sehr vornehm.
»Hübsch haben Sie’s hier«, piepste sie. Dann sagte sie weinerlich: »Ranger liegt im Krankenhaus!«
Wir nickten stumm und warteten.
»Die Schwester sagte, Sie hätten seine Sachen abgeholt!«, fuhr sie fort.
Wir beschränkten unsere Reaktion auf ein interessiertes Blinzeln. Sie raffte sich zum Sturm auf und krähte: »Ich bin mit Ranger verlobt. Ich möchte seine Sachen haben! Das steht mir zu! Weil ich mit ihm verlobt bin!«
Ich fürchtete schon, sie würde es so lange wiederholen, bis sie es selbst glaubte.
»Was meinst du, Phil?«, fragte ich.
Mein Freund zuckte die Achseln.
»Als seine Verlobte! Ich finde, wir könnten ihr die Sachen aushändigen.«
»Na gut, wenn du meinst«, sagte ich.
Ich schloss die rechte Schublade von meinem Schreibtisch auf, die ich eigens für dieses Theater abgeschlossen hatte. Aus dem Zellentrakt im Keller hatten wir einen von den Beuteln besorgt, in dem die Habseligkeiten von vorläufig Festgenommenen verwahrt werden. Im ganzen Distriktgebäude hatten wir das Zeug zusammengeholt, das sich jetzt in dem Beutel befand. Und um es korrekt erscheinen zu lassen, hatten wir sogar eine Liste der einzelnen Gegenstände angefertigt. Ich packte sie einzeln auf den Schreibtisch, während sie von Phil auf der Liste abgehakt wurden.
»Ein Ronson-Feuerzeug, in England hergestellt«, sagte ich wichtig.
»Feuerzeug«, wiederholte Phil.
»Ein Drehbleistift«, fuhr ich fort. Es war ein Reklamestift einer Limonadenfabrik. »Ein gebrauchtes Taschentuch.« Das stammte von mir, und ich hatte es zum Säubern meiner Schuhe benutzt. »Ein Schlüsselbund.« Er stammte aus der Waffenkammer und hatte dort seit undenklichen Zeiten herumgelegen, ohne dass jemals jemand einen Anspruch darauf angemeldet hatte. Allerdings hatten wir die Schlüssel ein bisschen geputzt. »Eine Brieftasche mit diversen Papieren.« Es waren vorwiegend Zeitungsabschnitte, nur damit die Brieftasche gefüllt aussah. »Ein Taschenmesser mit Korkenzieher.« Der war zur Hälfte abgebrochen. »Ein Röllchen Bindfaden. Eine unverpackte, weiße, nicht gekennzeichnete Tablette, leicht beschmutzt«, erklärte ich und erfreute mich zunehmend an unserer Sammlung. »Zwei aneinandergeklebte Briefmarken.« Die hatte lächelnd unser Distriktchef gestiftet. »Sechs abgerissene Kinokarten.« Die stammten aus der Telefonzentrale. »Ein fast auf gebrauchter Lippenstift«, flötete ich bewundernd. Unsere Besucherin riss die blauen Augen auf. »Eine Geldbörse mit Inhalt.« Er bestand aus sechzehn echten Cents und zwei längst nicht mehr gültigen mexikanischen Münzen, die Steve Dillaggio zur Verfügung gestellt hatte. »Ein verbogener Draht, stark verrostet.« Es schien, als ob unser Hausmeister auch etwas gestiftet hatte. »Vier zum Teil zerbrochene Zigaretten.« Deswegen hätten wir sie überhaupt nur bekommen. »Ein Heftchen Streichhölzer, leer.« Damit war auch der Beutel leer. »Haben Sie alles gesehen?«, fragte ich abschließend.
»Oh, ja, ja, ja!«, plapperte sie sehr zufrieden.
»Quittieren Sie, bitte«, bat Phil.
Sie konnte ihren Namen schreiben.
Ich fegte mit einer energischen Bewegung unsere Antiquitätensammlung zurück in den Beutel und übergab ihn. Sie lächelte, knickste und verschwand mit bewundernswerter Geschwindigkeit. Allerdings hatte sie den Nachteil, dass sie sich im Distriktgebäude nicht so gut auskannte wie wir. Obgleich sie vor uns das Office verließ, warteten wir schon im Jaguar auf der Straße, als sie zum Haupteingang herauskam.
***
Sie schien Anweisung zu haben, die Taxis zu wechseln, denn sie tat es insgesamt viermal. Wir blieben weit hinter dem
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