036 - Der Wolfsmensch im Blutrausch
Tür fiel ins Schloß. Täle verzog schmerzlich das Gesicht. Er
brachte die Kraft nicht auf, sofort wieder aufzuspringen. Wahnsinnige Schmerzen
peinigten seine Hüften. Er war mit voller Wucht gegen die scharfe Kante
geprallt.
Schmerzverzerrt war Täles Miene, und kalter Schweiß bedeckte seine
Stirn, als der Wolfsmensch sich über ihn beugte, mit brutaler Gewalt hochzog
und ins Zimmer schleppte.
Dalquist, der nichts Menschliches mehr an sich hatte, drückte die
Tür ins Schloß.
»Ich habe es geahnt«, kam es stockend über die bebenden Lippen
Björn Täles. »Ich wollte es nicht wahrhaben, doch dann sah ich das Blut am
Lenkrad ... entdeckte es am Schalthebel... es paßt alles zusammen, Dirk.«
Selbst wenn Täle gewollt hätte, es wäre ihm nicht möglich gewesen,
lauter zu sprechen. Die Schmerzen raubten ihm den Atem.
»Du bist das Ungeheuer ... die Schmerzen, die dich zur Zeit des
Vollmonds plagen! Es war genauso wie vor vier Wochen ... auch da hast du schon
die Arbeit niedergelegt... aber niemand dachte sich was dabei ... es ist ja
auch zu unwahrscheinlich ... warum solltest ausgerechnet du ...? Aber dann der
Mord... gestern Abend ... die kleine Arse. Du hast den Bus gefahren ... solange
der Mond noch nicht zu sehen war... alles in bester Ordnung ... aber er kam,
und damit wurdest du zur Bestie ... zum Wolfsmenschen im - Blutrausch ... ich -
aaah ...«
Seine Worte wurden zu einem Gurgeln, als der Unhold sich auf ihn
stürzte und die krallenartigen Finger sich um Björn Täles Hals legten. Täle
spannte seine Muskeln und Sehnen; er riß seine Rechte nach vorn. Sein behaarter
Unterarm schlug genau in die Fratze, die sich seinem Gesicht näherte. Er roch
den scharfen Atem und sah die großen, gelblichen Zähne. Ein Raubtiergebiß!
Dumpfes Knurren kam aus der Kehle des Werwolfs. In seinen bernsteinfarbenen
Augen spiegelte sich die kleine Menschengestalt, die versuchte, den Klauen und
Zähnen des Ungeheuers auszuweichen.
Täle wollte nicht sterben. Er wehrte sich verzweifelt, nachdem der
erste Schock und die erste Überraschung überwunden waren.
Er schlug um sich, kratzte, biß und trat, nutzte jede mögliche
Abwehrreaktion, die sich ihm bot.
Dann hörte er außer den Kampfgeräuschen noch einen anderen Laut.
Es kam von der Kammertür her, genau gegenüber dem Fenster. Jemand trat mit
Gewalt gegen die Tür, als wolle er sich bemerkbar machen.
Dalquist hatte einen Gefangenen? Täle konnte nicht hinter
verschlossene Türen schauen. Aber er lag mit seiner Vermutung richtig. Morna
Ulbrandson war auf die ungewöhnlichen Geräusche aufmerksam geworden. Sie hatte
die Stimme gehört und wußte, was diese Anschuldigungen bedeuteten, begriff, daß
jemand auf eigene Faust gehandelt hatte und daß dieser Jemand jetzt den
Kürzeren zog.
Unter Aufbietung aller Kräfte gelang es ihr, die Beine anzuziehen
und sie gegen die Innenseite der Tür zu stemmen. Immer wieder trat sie dagegen,
machte so auf sich aufmerksam und wollte den Wolfsmenschen gleichzeitig von
seinem Opfer ablenken.
Doch Morna wußte nicht, inwieweit sie mit diesem schwachen Versuch
wirklich etwas erreichte. Sie wußte auch nicht, wie stark die Verletzungen des
Besuchers schon waren und ob der Zustand und die Kraftreserven dieses Mannes
dem weiteren Kampf standhielten.
Sie konnte nur hoffen. Aber sie ahnte, daß der ungleiche Kampf vor
ihrer Tür nur zugunsten eines Wesens ausfallen würde: Der Wolfsmensch würde am
Ende wieder Sieger sein!
Morna hatte sich während der letzten halben Stunde unablässig
bemüht, die Fesseln abzustreifen und den Knebel aus dem Mund zu entfernen.
Vergebens! Obwohl sie das Letzte von sich verlangte, kam sie keinen Schritt
voran. Sie ahnte, was mit ihr geschah. Wenn draußen der Kampf zu Ende war, dann
würde sie an der Reihe sein. Als Fraß für eine Bestie!
Morna lauschte. Die Geräusche waren auf ein Minimum beschränkt.
Der Kampf ging seinem Ende zu.
Sie sah nicht die erschlaffenden Glieder des tapferen Björn Täle,
sah nicht das Blut, das floß. Die Bestie war im Blutrausch; der Trieb forderte
seinen furchtbaren Tribut.
Scharfe Krallen zerfetzten die Kleidung des jungen Täle und rissen
die Haut auf. Spitze Fangzähne bohrten sich in seine Muskeln. Das
blutverschmierte Wolfsmaul schlug zu ...
●
»... habe ich herausgefunden, daß es eine Familie namens Dalquist
gewesen sein soll, die hier lebte«, berichtete Tom Kvaale alias Löngö aus dem
Funkgerät. »Seit die Dalquists vor fünf Jahren Borlänge
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