0362 - Der Rachegeist von Houston
Geschwindigkeit und Wucht einer Dampframme heran und krachte gegen die Wand. Janet riß eine kostbare Porzellanvase von ihrem hölzernen Standfuß und schleuderte sie kraftvoll gegen den Neandertaler. Die Vase zerschellte an seinem harten Schädel. Janet riß die Korridortür auf und jagte nach draußen.
Am Ende des Korridors tauchte Dachs auf. »Miß Cook, was ist…«
»Da drinnen!« schrie sie. »Passen Sie auf! Er ist gewalttätig und bewaffnet…«
Hastig schlüpfte sie endlich in die Bluse und behielt beim hektischen Zuknöpfen oben zwei Knöpfe und unten zwei Knopflöcher übrig. Dachs eilte an ihr vorbei, stoppte vor der Zimmertür und warf vorsichtig einen Blick ins Zimmerinnere.
»Bitte, Miß Cook?« staunte er. »Wer ist wo und was?«
Sie erblaßte. »Aber das ist… leer? Das Zimmer ist leer?« Zögernd näherte sie sich.
»Hier ist niemand«, sagte der Butler.
»Aber – er war doch hinter mir her«, stöhnte sie. »Er wollte mich umbringen.«
»Wer?«
»Ein haariges Muskelpaket mit grauweißem Zottelhaar. Sah aus wie ein… Neandertaler«, erklärte sie. Langsam überwand sie ihren Schreck wieder. Wie sie schon gestern zu Adam gesagt hatte: So sehr schreckhaft war sie nicht. Es war nur jedesmal dieses Unerwartete, Unmögliche, das sie in panische Angst versetzte. Immerhin hatte sie es diesmal geschafft, sich zu wehren, und zumindest einmal mußte ihr diese Gegenwehr das Leben gerettet haben, als der Neandertaler seinen Keulenhieb abfing.
Janet folgte dem Butler ins Zimmer.
Die Sprechanlage war unbeschädigt. Die Tür zum Bad zeigte sich dann auch unzerstört. Nur die chinesische Porzellanvase war ein Fall für den Restaurator und hatte sich in unzählige Scherben zerlegt.
»Ich verstehe das nicht«, murmelte sie. »Er kann sich doch nicht in ein paar Sekunden in Luft aufgelöst haben!«
Dachs ging zum halb offenen Schlafzimmerfenster und beugte sich hinaus. »Wenn er hier hinaus sein sollte, hätte er fliegen können müssen«, sagte er. »Wer hier hinaus springt, bricht sich die Knochen. Wie ist er überhaupt hier hereingekommen?«
Zwei weitere Angestellte, durch die Hilferufe alarmiert, erschienen.
Dachs schickte sie rasch wieder zurück. Er suchte und fand einen Bademantel, den er Janet reichte. »Sie sollten sich jetzt die Zeit nehmen, sich wenigstens notdürftig anzukleiden«, bemerkte er.
Da wurde ihr klar, daß sie immer noch nur die falsch geknöpfte Bluse trug. Hastig wickelte sie sich in den Bademantel. Sie errötete.
Dann erzählte sie dem Butler, wie sie den Neandertaler gefunden hatte.
»Interessant«, murmelte er. »Liegt also gelassen in Mister Van Clanes Bett und schläft… wirklich, höchst bemerkenswert.«
»Sie glauben mir nicht?«
»Oh, ich glaube Ihnen schon, Miß Cook. Schließlich habe ich das Skelett gestern gesehen, und auch das brennende Kaminfeuer, das niemand entzündet hat. Ich frage mich nur, mit welchen Mitteln das alles bewerkstelligt wird. Es kann doch keine Geheimgänge und Türen hier geben, durch die jemand kommt und geht nach Belieben. Wir wüßten doch nach dem Abriß und Wiederaufbau davon.«
»Spuk«, sagte Janet.
»Unmöglich.«
»Das hat Adam Ihnen eingeredet. Aber es muß Spuk sein. Es gibt keine natürliche Erklärung«, beharrte sie.
»Spuk, der am hellen Tag auftritt? Spuk, der die Nacht ungenutzt verstreichen läßt? Selbst wenn es Spuk gäbe, Miß Cook, würde der sich doch ein wenig anders verhalten, meinen Sie nicht?«
Sie schluckte, erwiderte aber nichts darauf.
»Adam ist nach Houston gefahren, ja?«
Der Butler nickte.
»Dann rufe ich ihn da an. Er muß erfahren, daß das Unheimliche weiter geschieht. Ich kann es einfach nicht fassen…«
Dachs zog sich zurück. Janet Cook duschte und kleidete sich an. Ungläubig betastete sie die Badezimmertür und die Sprechanlage in Adams Wohnzimmer. Es gab daran nicht den geringsten Kratzer. Nur die Vase war zerschmettert. Adam würde sauer sein.
Aber wie, bei allen guten Geistern, war das alles möglich?
***
Adam Van Clane rief Sheriff Jos Winter an, kaum daß Janet ihm ihr Erlebnis telefonisch berichtet hatte.
»Wie weit sind Sie mit Ihren Laboruntersuchungen, Sheriff?« wollte er wissen.
Winter lachte leise.
»Sir, es ist unglaublich, und Sie werden es nicht für möglich halten. Es gibt nichts. Absolut nichts. Nicht einmal Wasser im Teppich.«
»Wie bitte?« stieß Van Clane verblüfft hervor.
»Wir haben kleine Proben genommen«, sagte Winter. »Und zwar von den Stellen,
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