0363 - Der Werwolf von Alaska
Als sie weitergingen, setzte das hechelnde Geräusch wieder ein, und waren da nicht auch Schritte im knirschenden Schnee? Hastige Schritte, als würden sie nicht von zwei, sondern von vier Gliedmaßen erzeugt?
Aber da war nichts. Kaum daß Zamorra sich umwandte, verschwanden die Geräusche. Er ging ein paar Meter zurück und versuchte, die Abdrücke von Wolfspfoten zu entdecken. Aber er fand nichts. Unwillkürlich umklammerte er den Dhyarra-Kristall in der Parka-Tasche. Er konnte nur hoffen, daß er im Falle eines Falles in der Lage war, den Kristall gegen den Werwolf einzusetzen.
»Unser Wagen wird inzwischen fast unbrauchbar sein«, sagte Nicole plötzlich. »Er steht immer noch da draußen im Freigelände. Er wird mittlerweile von einer Frostschicht überzogen sein.«
»Vielleicht auch nicht«, erwiderte Zamorra. »Momentan ist es mir egal. Wir können ihn ohnehin nicht benutzen.«
Der Saloon tauchte vor ihnen auf. Sie traten ein. Er war immer noch nur mäßig gefüllt. Es war wohl noch eine halbe Stunde zu früh. Die Bedienung des gestrigen Abends war jedenfalls schon an der Arbeit. Hier und da wurde ein wenig gewischt und aufgeräumt. Die Jungs von der kleinen Band bauten ihre Instrumente auf. Sie zumindest waren nicht rund um die Uhr aktiv. Die Leute, die nach der Nachtschicht ihren Whisky trinken,, wollten, mußten auf Livemusik eben verzichten. Andererseits fand Zamorra die Herrn Musiker für nicht dermaßen gut, daß man sich um sie reißen mußte. Es war eben vierte Garnitur - die erstklassigen Bands hatten es einfach nicht nötig, dort aufzutreten, wo die Welt mit Brettern zugenagelt war.
Nicole wies zur Theke. Dort standen Angaunok und Taurak einträchtig nebeneinander. Jetzt drehte Angaunok sich um, als habe er auch Augen im Hinterkopf. Er sah Zamorra und Nicole an.
Er löste sich von Theke und Bruder und eilte den beiden entgegen. Vor Zamorra blieb er stehen.
»Was wollt ihr hier?« zischte er.
Nicole hob die Brauen. »Willst du uns etwa verbieten, uns hier umzusehen und einen Drink zu nehmen, vielleicht auch mit Leuten zu reden? Vielleicht auch mit dir?«
Angaunok warf ihr einen kurzen Blick zu, dann sah er wieder Zamorra an. »Such deinen Werwolf«, sagte er. »Aber nicht hier. Hier wirst du ihn nicht finden. Es gibt nichts mehr, was wir zu bereden hätten.«
Er schob sich an Zamorra vorbei, stieß ihn dabei mit der Schulter heftig an und verließ den Saloon.
»Ich gehe ihm nach«, raunte Nicole und folgte Angaunok. Zamorra schürzte die Lippen. Er fand Nicoles Idee nicht sonderlich gut. Sicher, es bestand die Möglichkeit, daß Angaunok wirklich nichts mit den Morden zu tun hatte, wie auch Alana behauptet hatte, aber der Verdacht erhärtete sich für Zamorra immer mehr.
Da war nur… die Verfolgung durch das Hecheln und die Wolfsschritte. Angaunok war hier im Saloon gewesen. Er hatte nicht gleichzeitig als unsichtbarer Werwolf Zamorra und Nicole verfolgen können…
»Laß ihn«, bat er und hielt Nicole in der Tür fest. »Ich glaube, er ist es tatsächlich nicht.«
Und Taurak? fragte er sich dabei. Mußte Taurak nicht auch als Verdächtiger ausscheiden? Andererseits mußte Taurak übersinnliche Fähigkeiten besitzen. Vielleicht hatte er sie aus der Ferne eingesetzt, um Zamorra zu irritieren…
Sie ließen sich an einem der freien Tische nieder, nahe der Bühne und nahe der Theke, und ließen sich Kaffee bringen. Taurak löste sich von der Theke und nahm unaufgefordert an ihrem Tisch Platz. Auch jetzt feilte und schabte er wieder an einem Speckstein herum, der einen Huskie-Kopf darstellte.
Nicole trug den anderen Steinkopf immer noch bei sich. Jetzt holte sie ihn aus der Tasche und stellte ihn vor Taurak auf die Tischplatte. »Du hast heute morgen in unserem Bungalow deinen Wer-Huskie vergessen«, sagte sie.
»Und ihr wolltet ihn vorhin wieder in mein Zimmer zurückbringen, wie?« Er grinste von einem Ohr zum anderen. Nicole sog scharf die Luft ein. Zamorra reagierte nicht. Er fand es bereits nicht mehr ungewöhnlich, daß Taurak von ihrem Versuch wußte, sein abgeschlossenes Zimmer zu betreten.
»Du hast den Inhalt unseres Koffers neutralisiert«, warf Nicole ihm vor.
Taurak hob verwundert die Brauen. »Wie kommst du darauf, Nicole Duval?«
»Wer sonst sollte es getan haben?« fragte sie scharf zurück. »Du bist ein Schamane. Du bist in der Lage, Magie zu erkennen und auch anzuwenden. Du hast unsere Utensilien unbrauchbar gemacht.«
»Nein«, sagte Taurak. »Nicht ich.
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