0363 - Nacht zwischen den Sonnen
noch sehr durch die Ideologie vom Großen Galaktischen Imperium geprägt. Über die Grenzen der Heimatgalaxis hinaus reichte unser Vorstellungsvermögen einfach nicht."
Professor Tschu räusperte sich.
„Sie würden also auch sagen, daß die Bezeichnung ,Galaktopsychologie’ antiquiert ist?"
„Ja, selbstverständlich !"
„Aha! Könnten Sie mir dann vielleicht erklären, warum in manchen Nomenklaturen noch heute der Begriff ,Galaktopsychologie' gebraucht wird?" Atlan lachte unterdrückt.
„Sie wissen sicher selbst, wie gedankenlos manche Menschen überkommene Begriffe verwenden."
Er warf einen mißtrauischen Blick auf den Kosmopsychologen.
„Weshalb fragen Sie mich eigentlich danach?"
„Ich werde es Ihnen gleich erklären. Definieren Sie bitte zuerst noch den Unterschied zwischen beiden Begriffen, Lordadmiral."
Atlan zuckte die Schultern.
„Das liegt doch klar auf der Hand. ,Galaktopsychologie' ist rein auf die Heimatgalaxis bezogen."
„Aber nur ihrer Entstehungsgeschichte nach, Sir!"
„Selbstverständlich. Man kann auch behaupten, sie bezöge sich zugleich auf extragalaktische Sternsysteme, also auf andere Galaxien. Aber dann würden von ihr nicht die zahllosen Erscheinungen zwischen den Sterneninseln erfaßt - und die sind doch beachtlich, wie wir inzwischen wissen. Meiner Ansicht nach umfaßt der Begriff „Kosmopsychologie' dagegen alles, denn er ist auf den Kosmos, auf das gesamte Weltall bezogen. Darum halte ich ihn für die einzige treffende Bezeichnung. Das gleiche trifft übrigens auch auf die Begriffe wie ,Kosmobiologie', ,Kosmomedizin', ,Kosmonautik' und andere Wissenschaften zu, die sich mit den Erscheinungen über die beschränkten Grenzen eines einzigen Planeten hinaus befassen."
Er schüttelte den Kopf.
„Mein lieber Tschu, ich kenne Sie viel zu gut, um nicht zu wissen, daß Sie diese Diskussion nur als Aufhänger für etwas anderes benutzt haben. Also ... ?"
„Sie haben mich durchschaut Lordadmiral." Tschu Piao-Teh lächelte maskenhaft. „Ich wollte Ihnen nur besonders bewußt machen, wie sehr der Mensch an alten, längst überholten Denkschemata klebt und wie oft sich sein Geist weigert, aus den alten, anerzogenen und angeübten Bahnen auszubrechen.
In dieser Hinsicht ist er vergleichbar einem Körper, der durch einen kinetischen Impuls in eine bestimmte Richtung gestoßen wird und wegen seiner Massenträgheit die einmal eingeschlagene Bahn nicht aus eigener Kraft verlassen kann. Nur ein neuer Impuls von außen könnte ihn dazu veranlassen."
„Jetzt verstehe ich, worauf Sie hinauswollen, Tschu", sagte der Arkonide. Er seufzte. „Es ist offenbar Ihr Lieblingsthema."
„Durchaus nicht!" widersprach Tschu energisch. „Ich sehe nur ständig das gleiche Problem - und Probleme sind dazu da, um gelöst zu werden. Eigentlich hätte dieses Problem längst gelöst werden müssen denn die Impulse von außen waren zahlreich und stark genug. Ich war auf Pigell nicht dabei, als der Großadministrator von der Intelligenz der sogenannten ,Geisterwolken’ auf die geistige Fehlentwicklung der Menschheit hingewiesen wurde aber ich habe darüber genug gelesen um sagen zu können, daß diese Intelligenzen durchaus recht hatten."
„Nur weil die Menschheit in ihrer ersten Entwicklungsphase nicht genügend geistigen Überblick besaß, um ohne physische Gewalt überleben zu können, wendet sie auch heute noch primär die physische Gewalt zur Lösung von Problemen an."
„Ich gebe zu, wir haben nicht viel gelernt", sagte Atlan. „Doch nur der wahrhaft Übermächtige kommt ohne psychische Gewalt aus."
Professor Tschu lächelte ironisch.
„Und nur der ist wahrhaft übermächtig, der bewußt auf die Anwendung psychischer Gewalt verzichtet.
Wir müssen endlich dazu kommen, Auseinandersetzungen auf geistiger Ebene zu führen. Das ist natürlich bedeutend anstrengender, als seine Widersacher umzubringen, aber nur so könnten wir eines Tages mit Recht behaupten, wir wären vernünftig denkende und handelnde Wesen."
Sie waren inzwischen vor der Tür zu Olukhs Gefängniszelle angekommen.
Der Lordadmiral strich sich nachdenklich übers Kinn.
„Wenn ich Sie so reden höre, könnte ich Sie für einen Abgesandten der Hüter des Lichts halten."
„In geistiger Hinsicht, jawohl."
Atlan stöhnte unterdrückt.
„Schon wieder dieses Wort ,geistig'! Allmählich komme ich mir Ihnen gegenüber klein und häßlich vor „ Tschu Piao-Teh lachte und öffnete das Panzerschott.
„Der da ist klein und
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