0367 - Schreckenstag
war. Wie immer war der Quader handwarm. Er nahm keine Kälte auf, auch wenn die äußere Temperatur einen winterlichen Anstrich besaß. Dieser Würfel war schlichtweg ein Phänomen.
Er stammte aus uralter Zeit. Von dem Eisernen Engel wußte ich, daß die stummen Götter dem Würfel ihren Stempel aufgedrückt hatten. Durch sie war praktisch das Gute in ihn hineingeströmt, während die Großen Alten und der Schwarze Tod, als er damals noch zu den Dienern zählte, sich für das Böse verantwortlich zeigten. So konnte man den Würfel als ein geometrisches magisches Zwitterwesen bezeichnen.
Eine bessere Erklärung wußte ich auch nicht und dachte daran, daß er mich nicht im Stich lassen sollte, als ich auf seine obere Fläche schaute und auch hindurchblickte, hinein in die violette Farbe, in der sich die Schlieren nicht bewegten.
Und doch hatten sie etwas mit dem Geheimnis des Würfels zu tun. Auch darüber hatte ich nachgedacht und ging davon aus, daß es sich bei diesen Schlieren um Informationsträger handelte, die das Wissen einer alten Zeit beinhalteten.
Zu vergleichen vielleicht mit den Mikrochips der modernen Computer. Das konnte durchaus die Lösung sein, aber hinter das Geheimnis dieser Schlieren zu gelangen, würde viel Zeit kosten.
Vielleicht bekam ich es auch nie heraus.
Ich schaute noch einmal hoch. Suko und Shao standen vor mir.
Ihre Gesichter zeigten einen interessierten, angespannten Ausdruck.
Er bewies mir, daß sie auf mich allein ihre Hoffnungen gelegt hatten. Was hatte ich mich danach gesehnt, den Würfel endlich zu besitzen! Nun war es zwar soweit, aber ich mußte dauernd an die Gefahren denken, die unsichtbar den Würfel umlagerten oder in ihm verborgen waren.
»Traust du dich nicht, John?«
»Doch, Shao.«
»Dann bitte! Ich möchte endlich sehen, ob ich allein die Schuld an den Vorgängen hier habe. Oder hast du…?«
»Warten wir es ab«, sagte Suko. Er legte einen Arm um seine Partnerin. Beide hielten ihre Blicke starr auf mich gerichtet.
Einige Male atmete ich tief durch und konzentrierte mich, denn ich wußte nun, was auf mich zukam.
Diesmal sollte der Würfel des Unheils mir gehorchen!
***
Bis zum Mittag hatte der Reporter Bill Conolly im Bett gelegen. Es war ein totenähnlicher Schlaf gewesen, und irgendwann kam Sheila in das gemeinsame Schlafzimmer. Sie trat ziemlich laut auf, ging durch bis zum Fenster, wo sie das Rollo in die Höhe zog.
Eine weiße, strahlende Helligkeit flutete in den Raum. Hervorgerufen durch das Sonnenlicht, das von einem wolkenlosen hellblauen Himmel auf den gefrorenen, verharschten Schnee fiel und dort reflektiert wurde. Dieses Licht leuchtete durch die blanke Scheibe in das Zimmer hinein und weckte Bill aus seinem Schlaf.
Er stöhnte, zog die Bettdecke bis über den Kopf und lag höchstens zwei Sekunden in der Dunkelheit, da hatte Sheila ihm schon die Decke weggezogen.
»Aufstehen, du Faulpelz!«
Bill zog die Beine an. »Ich will aber nicht«, grummelte er und deckte seinen Kopf ab.
Sheila lächelte verschmitzt. Auf Zehenspitzen ging sie zum Fenster und öffnete es spaltbreit. Leise, damit ihr Mann nicht gewarnt wurde. Durch den Spalt angelte sich Sheila einen Eiszapfen von der Fensterbank. Er sah aus wie eine Dolchklinge.
Bill lag im Bett und hatte Sheila den Rücken zugewandt. Das war genau die richtige Position.
Bevor der Reporter irgend etwas merkte, hatte ihm Sheila gedankenschnell den Eiszapfen unter den Kragen und auf den Rücken geschoben.
»Uuuaaahhh!«
Ein Urschrei drang aus Bills Kehle. Im nächsten Augenblick sprang er hoch, wie von der Tarantel gestochen, drehte sich noch in der Luft und stand neben dem Bett.
Sheila mußte laut lachen, denn Bill sah aus, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Eine Gänsehaut schüttelte ihn zusätzlich durch.
»Nein, nein!« schrie er und suchte nach dem Eiszapfen. »Wo ist das Folterinstrument?«
Sheila lachte weiter. Dann mußte sie schnell die Flucht ergreifen, da Bill den Eiszapfen gefunden hatte und ihn Sheila in den Ausschnitt schieben wollte.
Sie war zu schnell. »In fünf bis sieben Minuten gibt es Frühstück. Dann bist du fertig!«
»Du Folterknecht!« schrie Bill. Er nahm den allmählich tauenden Eiszapfen mit in das Bad, wo er ihn ins Duschbecken legte, bevor er die Brause andrehte.
Drei Minuten nahm sich der Reporter Zeit. Dann war er endgültig wach. Er frottierte sich ab, eine kurze Rasur folgte, danach schlüpfte er in die bequeme Hauskleidung.
Cordhose, Hemd und
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