0367 - Schreckenstag
schwerer haben. Für mich gab es einen triftigen, wenn auch noch unbekannten Grund, weshalb der Spuk sich bisher so zurückgehalten hatte.
Das gleiche galt für Asmodis. Was hatte er nicht alles versucht, um den Würfel in seinen Besitz zu bringen! Erreicht hatte er nichts, da ihm der Spuk in die Quere gekommen war und sie sich gegenseitig aufrieben. Nur konnte ich mir gut vorstellen, daß beide den Würfel nicht aus den Augen verloren hatten und genau wußten, wo er sich befand.
Wie ich es auch drehte und wendete, zu einem Resultat gelangte ich nicht. Ich mußte mich einfach mit den Tatsachen abfinden und auch abwarten, was die nahe Zukunft bringen würde.
Bisher hatten wir nur einstecken und die andere Seite agieren lassen müssen. Das würde sich hoffentlich ändern. Irgendwann mußten unsere Gegner aus der Reserve kommen.
Vielleicht wurden meine Freunde von ähnlichen Gedanken geplagt. Sie sprachen nicht darüber.
Um den Eingang der Schlucht zu erreichen, mußten wir einen Bogen gehen. Suko und ich schauten hin und wieder hoch zum Himmel. Abgesprochen hatten wir uns nicht, jedoch blieben unsere Gedanken gleich.
Wir suchten den Eisernen Engel!
Es war sein Land, er mußte hier leben, aber ich dachte auch daran, daß er seine starke Waffe, das magische Pendel verloren hatte, als er Alis und mein Leben rettete.
Der Eiserne war sehr traurig gewesen, und ich wußte bis heute nicht, wie er diese Tatsache überhaupt überwunden hatte. Gemeldet hatte er sich bei uns jedenfalls nicht.
Alles blieb gleich. Die Schatten, der Boden, der Himmel. Nur die Ansicht der Berge änderte sich.
Da wir einen Bogen geschlagen hatten, näherten wir uns direkt dem Eingang der Schlucht.
Das heißt, wir konnten bereits hineinschauen.
Obwohl keiner darüber redete, mußte es für meine Freunde ein besonderes Gefühl sein, dies erleben zu können. Mir war es bei meiner ersten Begegnung auch nicht anders ergangen, als mich das Gefühl einer Ehrfurcht durchflutete.
Hatte uns bisher das Schweigen umgeben, so änderte sich dies, als wir den breiten Schluchteingang hinter uns ließen. Das Schweigen war nach wie vor vorhanden, nur empfanden wir es zwischen den hohen Felsen wesentlich intensiver als zuvor.
Greifen oder fühlen kann man das Schweigen nicht. Doch ein anderer Begriff fiel mir dafür nicht ein. Es lastete glockenartig über unseren Köpfen, und meine Freunde setzten ihre Schritte längst nicht mehr so forsch wie noch zuvor.
Sie gingen vorsichtiger, irgendwie verhalten, wobei ihre Blicke sowohl nach rechts als auch nach links glitten.
Dort sahen sie nicht allein die zerklüfteten Felsen mit den Spalten, Vorsprüngen, Rissen und Einkerbungen, nein, wenn sie genauer hinschauten, erkannten sie Gesichter im Gestein.
Weise, alte, gütige Gesichter. Sogar mit angedeuteten Augen versehen, die vieles zu wissen schienen, sich aber nicht mehr in der Lage befanden, das Wissen weiterzugeben.
Hinter mir vernahm ich eine flüsternde Stimme. Wer von den beiden Frauen gesprochen hatte, wußte ich nicht. Wahrscheinlich war es Sheila gewesen. »Das ist die Schlucht, da sind die Götter…«
Sie beobachteten uns. Sie mußten uns einfach sehen, aber sie taten nichts und ließen uns tiefer in die Schlucht hineinkommen, die normalerweise für Menschen nicht begehbar war.
Ein Beweis, daß uns die Götter nicht zürnten.
Und so gingen wir weiter, bis ich plötzlich meinen Schritt verhielt und auch die anderen stehenblieben. Wir hatten ungefähr die Mitte der Schlucht erreicht.
Hier war sie sehr eng. Wenn ich den Weg weiter vorschaute, kam er mir wie ein Tunnel vor. Aber dieser Punkt, an dem ich gestoppt hatte, war mir kein unbekannter mehr. Hier hatten schon der Eiserne Engel und auch die stummen Götter mit mir geredet, so daß ich davon ausgehen konnte, an einer neuralgischen Stelle zu stehen.
Weder der Würfel noch das Kreuz waren uns bisher unter die Augen gekommen. Allmählich schwand meine Hoffnung, es hier zu finden. Auf jeden Fall aber wollte ich einige Worte mit dem Eisernen Engel wechseln, vorausgesetzt er hielt sich in der Nähe auf.
Ich schaute nach links.
Ein weises Gesicht sah ich innerhalb der Felswand abgebildet.
Alle Götter waren die Väter des Eisernen Engels, der auch einen Zwillingsbruder gehabt hatte, wobei der andere genau den entgegengesetzten Weg als der Eiserne eingeschlagen hatte.
Der Zweite hatte dem Bösen gedient und dafür mit seiner Existenz bezahlen müssen. Von seinem eigenen Bruder war er vernichtet
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