0368 - Der Henker kam nach 20 Jahren
gerissen wird.
Ich sah im Spiegel, daß sich in Freds Gesicht so etwas wie Interesse abzeichnete. Er beugte sich vor und beobachtete fasziniert das Armaturenbrett des Jaguar.
Auch Lil mochte spüren, daß in ihrem Boyfriend eine Veränderung vorging.
»Ein toller Wagen, Fred, nicht wahr?« sagte sie, immer noch ein wenig schüchtern.
Er schluckte. Dann fragte er:
»Wieviel Meilen schafft er in der Stunde, G.-man?«
»Um hundertundsiebzig herum«, antwortete ich.
Mir fiel etwas ein. Ich lachte.
»Hör zu, Fred!« sagte ich. »Wenn wir Erfolg haben, werde ich dir für ein Wochenende meinen Schlitten leihen, fklls du einen Führerschein hast.«
***
Die Südseite von Mary’s Park verläuft entlang der Mary Street. Ich ließ den Wagen langsamer rollen.
Plötzlich faßte Lil aufgeregt meinen Arm.
»Dort steht Gigi! Sehen Sie, G.-man! Und der Boy steht bei ihr. Wahrhaftig, seine Haare sind so rot wie ’ne Feuersbrunst.«
Ich stoppte unmittelbar am Straßenrand neben dem Girl und dem Jungen.
Das Mädchen war blond und vom gleichen Schlag wie Lil Harvest.
Der Junge, der bei ihr stand, überragte das Girl um mehr als eine Kopflänge. Er hatte ein mageres, stupsnäsiges Gesicht, das' übersät war mit Sommersprossen. Sein brandrotes Haar hatte er mit Brillantine bearbeitet. Er trug einen blauen Anzug und schwarze, auf Hochglanz gewienerte Schuhe, aber das alles machte ihn nicht besonders attraktiv. Obwohl er wenig älter als zwanzig Jahre sein konnte, hielt er sich schlecht, zog die Schultern hoch und krümmte den Rücken.
Er fuhr herum, als ich aus dem Wagen sprang.
»FBI«, sagte ich. »Ich muß dir ein paar Fragen stellen. Dein Name?«
Er setzte zwei-, dreimal zum Sprechen an, bevor er stotterte:
»Ted Ward.«
»Hör zu, Ward! Du bist in der Hot-Water-Inn von einem alten Mann angesprochen worden, und du bist mit ihm fortgegangen. Ist das richtig?«
Ich wollte ihm keine Zeit lassen, sich von seiner Überraschung zu erholen. »Ja!« sagte er.
Neben mir klatschte Lil Harvest in die Hände und rief: »Fein!« Fred faßte ihren Arm und zischte: »Ruhig!«
»Der Mann bot dir einen Job an?« Der Junge tat mir leid. Er war hergekommen, um ein Girl zu treffen, das er leiden mochte, und jetzt fand er sich einem Polizisten gegenüber, der Fragen stellte. Kleine Schweißtropfen erschienen auf der Stirn des Jungen.
»Ich… ich sollte ihm helfen, etwas auszugraben. Er sagte, er wäre zu alt, es selbst zu machen. Er versprach mir zweihundert Dollar. Ich… ich ahnte nicht, daß es etwas Schlimmes wäre, bis ich…«
»Bis was geschah?«
»Sie schossen auf mich!«
»Wer?«
»Die Leute, denen der Garten gehörte.«
»Wo war das?«
»Ich weiß es nicht genau. Wir fuhren in der Dunkelheit hin, und ich kannte die Gegend nicht, aber ich glaube, daß es in New Rochelle war.«
»Warum nimmst du das an?«
»Der Alte hatte einen Wagen, einen Lieferwagen. Damit fuhren wir hin, und kurz bevor wir die richtige Stelle erreicht hatten, sah ich im Scheinwerferlicht ein Ortsschild, auf dem ›New Rochelle‹ stand.«
»Weißt du, wie der Alte heißt?«
»Nein. Er hat nie seinen Namen genannt.«
»Weißt du, wo ich ihn finden kann?« Sein Adamsapfel hüpfte.
»Er wohnt in einem kleinen Haus im Gartengelände in Westchester. Er nahm mich mit dorthin, bevor wir losfuhren.«
»Findest du das Haus wieder?«
»Ja.«
Ich zeigte auf den Jaguar.
»Steig ein!«
Ihm schlotterten die Knie, und er brauchte lange, bis er endlich auf den Beifahrersitz gekrochen war.
Ich winkte Lil, ihrer Freundin und Fred zu.
»Danke euch! Wir sehen uns noch!« Dann gab ich Gas. Der Jaguar rollte davon.
Um nach Westchester zu kommen, mußte ich quer durch Brooklyn fahren. Ich sah Ted Ward an.
»Wenn du rauchen willst — im Handschuhfach liegen Zigaretten.«
Er schüttelte den Kopf. Er zitterte noch immer an allen Gliedern.
»Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Ich glaube dir, daß du keine Ahnung hattest, um was es sich handelt. Erzähle mir die Einzelheiten. War es Nacht, als ihr nach New Rochelle gefahren seid?«
»Ja, wir fuhren um neun Uhr abends los. Es dunkelte schon.«
»Der Alte kannte die Gegend genau?«
»Es schien so, Mister, denn er fuhr irgendwelche Nebenwege und stoppte den Wagen schließlich auf einem Feldweg im Schutz einer hohen Hecke.«
»Wie ging’s weiter?«
»Er befahl mir, im Wagen sitzen zu bleiben, stieg aus und kam erst nach einer Stunde zurück. Er sagte, wir könten jetzt anfangen.«
»Was solltest
Weitere Kostenlose Bücher