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0368 - Der Henker kam nach 20 Jahren

0368 - Der Henker kam nach 20 Jahren

Titel: 0368 - Der Henker kam nach 20 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Henker kam nach 20 Jahren
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nicht unbedingt zu sehen.«
    Sie lief weg, blieb stehen und drehte sich noch einmal um.
    »Wenn mich die Kolleginnen wegen Ihnen aufziehen, werde ich sagen, Sie wären mein Onkel, Mr. G.-man!« rief sie. »Haben Sie etwas dagegen?«
    »Natürlich nicht!« rief ich. Lil winkte noch einmal und lief ihren Kolleginnen nach.
    Es wurde ein langer Nachmittag, und es kam so weit, daß ich den Jaguar schon um vier Uhr hundert Yard vor dem Tor der Fabrik stoppte.
    Als die Sirene eine halbe Stunde vor fünf Uhr heulte, hatte ich vier Zigaretten geraucht.
    Lil Harvest war eine der ersten, die die Fabrik verließen. Sie sah mich vor dem Wagen stehen und kam sofort auf mich zu. Sie trug jetzt wieder die lange Fransenmähne, mit der ich sie in der Hot-Water-Inn gesehen hatte.
    »Fein, daß sie pünktlich sind!« rief sie. »Gigi rief wieder an und fragte, ob Sie auch bestimmt kämen. Sie wüßte sonst wahrhaftig nicht, was sie mit dem Rothaarigen anfangen sollte. Er wäre nicht eine Spur hübscher oder interessanter geworden, seit sie ihn zum letzten Male gesehen hätte.«
    Sie zeigte auf den Jaguar.
    »Ist das Ihr Schlitten? Heaven, ’ne Traumkarre.«
    Ihre Augen leuchteten. »Darf ich darin mitfahren?«
    »Selbstverständlich! Steigen Sie ein! Wo ist der Treffpunkt?«
    »Südausgang von Mary’s Park. Kennen Sie ihn?«
    Ich nickte. Mary’s Park war eine kleine Grünanlage ' im Bezirk Mott Haven.
    Ich schwang mich hinter das Steuer, ließ den Motor anspringen und war im Begriff, den ersten Gang einzuschalten, als Lil plötzlich mit tonloser Stimme sagte:
    »Um alles in der Welt! Dort drüben steht Fred!«
    Ich hob den Kopf. Der vierschrötige Boy aus der Hot-Water-Inn, Lils Freund, stand in der Nähe des Fabriktores. Er hatte uns schon gesehen.
    Sein Gesicht verfinsterte sich. Er gab sich einen Ruck und marschierte auf uns zu. Er trug die übliche Lederjacke, aber darunter einen Overall, der voller Ölflecke war. Offenbar kam er von der Arbeit.
    Er baute sich /leben dem Jaguar auf, aber er sah mich nicht an, sondern hielt den Blick auf das Mädchen gerichtet. Lil schien immer kleiner zu werden und in den Polstern zu versinken.
    »Okay«, knurrte er. »Jetzt weiß ich, warum ich dich heute nicht abholen sollte. Die Miß mußte mit ihren Eltern liebe Verwandte besuchen. Oh, ich sehe, um welche Verwandte es sich handelt. Klar, Verwandte mit solch einem Schlitten und ’ner gefüllten Brieftasche kann man nicht vor den Kopf stoßen, auch wenn der liebe Verwandte nichts anderes als ein Polizeischnüffler ist. Pfui Teufel! Laß dich nie mehr bei uns blicken!«
    Er drehte sich um und rannte im Sturmschritt weg.
    Ich sprang aus dem Wagen, rannte ihm nach und erwischte ihn an der Lederjacke. Er wirbelte herum. Sein Gesicht, war verzerrt, und er schien blind vor Wut zu sein. Er schlug zu. Ich nahm den Kopf weg, aber der Schlag streifte mein Ohr. Ich schlug nicht zurück, aber als er den zweiten Hieb abfeuerte, fing ich seinen Arm ab.
    »So nicht, mein Junge«, sagte ich ruhig'und preßte sein Handgelenk, daß sich seine geballte Faust gegen seinen Willen öffnete.
    »Lassen Sie mich in Ruhe, Bulle!« schrie er. »Gehen Sie zu Ihrer Süßen zurück und fahren Sie mit ihr ins Grüne. Ich hindere sie ja nicht daran.«
    »Du Idiot! Glaubst du den Unsinn wirklich? Du solltest eine bessere Meinung von deinem Mädchen haben.«
    »Sie sitzt doch nicht zum Spaß in Ihrem Wagen!« schrie er.
    »Nein, sie sitzt darin, weil sie vernünftiger ist als ihr alle. Sie hat begriffen, daß ich mich nicht an euch gewandt habe, weil es mir so einfiel, sondern daß es wirklich um Tod und Leben geht. Sie allein hat sich bemüht, den rothaarigen Jungen zu finden, und in einer Viertelstunde wird sich heraussteilen, ob sie ihn gefunden hat. Sie hat mehr Mut und Verantwortungsgefühl bewiesen als du Und jeder andere von euch.«
    »Sie können mir viel erzählen«, fauchte er, »aber der Henker mag wissen, ob es wahr ist.«
    »Dann überzeuge dich selbst!«
    Ich zog ihn zum Jaguar.
    »Auf den Notsitz!« befahl ich. Er stieg nach kurzem Zögern ein.
    Schnell enterte ich dann meinen Sitz. Der Motor lief noch. Ich gab Gas. Der Jaguar schoß davon.
    Lil drehte sich nach dem Jungen um. »Du mußt mir glauben, Fred!« sagte sie besorgt.
    Wir hatten noch eine Viertelstunde Zeit. Ich nahm nicht den direkten Weg zum Mary’s Park, sondern fuhr einen Umweg, und ich fuhr leidlich schnell. Der Jaguar wischte um die Ecken wie ein gut trainierter Hengst, der um ein Hindernis

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