0369 - Das Grauen aus dem Bleisarg
sie gehört. Dann können wir weitersehen.«
»Kümmern Sie sich um die Sache, Sir?«
»So lange, wie wir Zeit haben.«
»Das hoffe ich doch. Wenn Sie mich brauchen, Sir, ich bin in der Wachtstube.«
»Okay, danke.«
Die Schritte des Mannes verklangen. Jetzt war nur mehr das Klappern der Knochen zu hören.
Auch Hackett hatte es gehört. Er war sogar aufgestanden und stellte sich dicht an die Wand, die beide Zellen trennte. »Was ist denn da los?« fragte er.
»Sie haben eine Mitgefangene bekommen.«
»Klappert die wirklich mit Knochen?«
»Ja.«
Hackett starrte mich an, als hätte er einen Geisteskranken vor sich. »Das können Sie mir doch nicht erzählen, verdammt!«
»Es ist so.«
Hackett hob die Schultern. »Irgendwann tötet sie mir den Nerv, verdammt!«
»Sie dürfen das nicht so eng sehen«, sagte ich. »Samaran hat Ihnen auch nicht den Nerv getötet.«
»Was soll das denn wieder heißen?« Er war einen Schritt zurückgewichen und stand neben seinem Bett, auf dem einige Magazine lagen, die schon sehr zerlesen aussahen.
»Er ist verschwunden, das wissen Sie, Hackett!«
Der Mann lachte und starrte auf seine verbundene Hand. Dort hatte ihn der Eiserne erwischt. »Ja, das weiß ich, und er hat euch verfluchten Bullen das Nachsehen gegeben.«
»Ihnen aber auch.«
»Ich werde es überleben. Was werfen Sie mir überhaupt vor?«
»Zum Beispiel Kidnapping.«
Er lachte und winkte ab. »Hören Sie doch auf! Dieser kleine Spaziergang war kein Kidnapping. Nein, nein, kommt mir nicht mit diesen Sachen, dann werde ich sauer.«
»Ob Sie schuldig sind oder nicht, das entscheiden die Richter. Und da machen Sie sich auf etwas gefasst.«
Hackett wollte uns eine Erwiderung geben, verschluckte die Worte allerdings, da er den hohl klingenden Geräuschen aus der Nachbarzelle lauschte.
Die hatten an Lautstärke zugenommen. Auch war der Rhythmus schneller geworden. Einzelne Tonfolgen waren kaum zu unterscheiden, sie gingen ineinander über.
»Verdammt, schafft ihr es nicht, dieser Alten da drüben das Maul zu stopfen?«
Suko nickte. »Ich werde ihr die Gebeine wieder abnehmen. Wartet einen Moment.«
Mein Freund verschwand aus unserem Sichtbereich. Plötzlich hörte das Klappern auf. Das geschah mir einfach zu schnell. Suko hatte die Dinger noch gar nicht an sich nehmen können.
Dafür hörte ich ihn schreien.
Sofort fuhr ich herum.
Suko stand auf der Gangwand. Aus der Zelle strahlte eingrelles, giftgrünes Licht, das auch gegen ihn geworfen wurde und aus seinem Körper einen Schattenriss machte.
Ich sprang hinzu und riss ihn zur Seite. So heftig, dass wir beide stolperten und zu Boden fielen.
In den dumpfen Laut hinein klangen die Schreie. Schrille Laute, die ein Tier ausgestoßen haben musste. Wie von einer Riesenfaust gepackt, wurde die Zellentür aus der Verankerung gerissen, krachte gegen die Wand und blieb dort zitternd und in einer schrägen Haltung stehen.
Noch immer lag das Schreien in der Luft. Unsere unbekannte Frau musste es ausgestoßen haben, und ich wollte es genau wissen.
Bei dem Fall war ich praktisch gelandet, stemmte mich jetzt ab, kam in die Höhe und lief auf die Zellentür zu.
Sie wurde von dem grünen Licht umstrahlt, das sein Zentrum in der Zelle hatte.
Ich schaute hinein. Als Sicherheit hatte ich mein Kreuz hervorgerissen und hielt es vor mein Gesicht, sodass ich über die waagerechten Balken hinwegblicken konnte.
In die von grünem Licht erfüllte Zelle starrte ich, gleichzeitig auch auf die Frau, die den Mittelpunkt bildete.
Aber sie sah nicht mehr so aus, wie wir sie gekannt hatten. Radikal hatte sie sich verändert.
Die Unbekannte war zu einem Skelett geworden!
***
Ich war so überrascht, dass ich überhaupt nichts tat und einfach nur zuschaute. Dieses Skelett schien den Mittelpunkt eines Brennofens zu bilden, so sehr strahlte und leuchtete es.
Auch die Polizisten hatten die Geräusche gehört. Die Tür zum Trakt wurde aufgestoßen, Gerald Gunn erschien schreckensbleich und schaute sich um.
»Weg mit dir!« brüllte ich so laut, dass er heftig erschrak und sich hastig wieder zurückzog.
Jetzt hatte ich freie Bahn.
Aber das Skelett wollte nicht. Und es bewies mir, wie gefährlich und mächtig es war.
Auf der Stelle drehte es sich wie ein Kreisel. Ich starrte auf einen furiosen Wirbel aus Licht, Knochen und gleißender Helligkeit. Ich hörte die fauchenden Laute, die voller Wut ausgestoßen wurden und mir entgegenklangen, und ich sah, wie das Skelett durch die Mauer
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