0369 - Das Grauen aus dem Bleisarg
zur Nachbarzelle brach, als bestünde das Hindernis nur mehr aus Pappe und nicht aus festem Stein.
Ein weiteres Geräusch mischte sich in das Kreischen des gefährlichen Skeletts. Es war ein lautes Brüllen, wie es nur ein Mensch ausstoßen konnte, der Angst hatte.
Gleichzeitig vernahm ich einen dumpfen Schlag, dem ein Ächzen folgte, dann war es plötzlich still.
Neben mir kam Suko auf die Beine. Er stand da und schüttelte den Kopf, weil er nicht fassen konnte, was ihm da widerfahren war.
Er betastete sein Gesicht, schaute auf seine Finger und sprach Worte, die ich nicht verstand. Ich schüttelte ihn durch. »Was hast du?«
»John, das war wie ein Hauch aus der Hölle.«
»Und der ist verschwunden.«
»Richtig.«
Nach Sukos Antwort schaute ich in die Zelle. Dort konnte ich es selbst sehen. Nicht nur eine Wand war zerstört, ein zweites Loch schimmerte ebenfalls. Das Skelett war dafür verantwortlich. Oder die Frau.
Und es hatte sich noch etwas getan.
Auf dem Zellenboden lag Hackett. Er war schwer verletzt und sah aus, als hätte ihn jemand mit Feuer überschüttet. Brandwunden bedeckten sein Gesicht, seine Kleidung war verkohlt, nur mehr Reste hingen noch nach unten.
Es war ruhig geworden. Die beiden Polizisten betraten den Gang und sahen das Chaos.
»Was ist denn hier passiert?« fragte Gerald Gunn.
Ich hob die Schultern. »Wir hatten es mit einer magischen Entladung zu tun, möchte ich mal sagen.«
»Und wieso?« Er schaute mich so erstaunt an, als wäre ich der Lehrer und er nur ein kleiner Schüler.
»Das kann ich Ihnen auch nicht sagen. Nehmen wir esbeide als eine Tatsache hin. Und eine weitere Tatsache ist der Verletzte in der Zelle. Er braucht schnell einen Arzt.«
»Ja, natürlich.« Gunn schickte seinen Kollegen los, bevor er sich an uns vorbeidrückte und sich die Beschädigungen ansah, die das Skelett hinterlassen hatte.
»Ich hätte ja jetzt fragen können«, flüsterte er, »aber ich traue mich einfach nicht.«
»Kann ich mir vorstellen. Sie würden auch keine Antwort bekommen, Mr Gunn.«
»Es war die Frau, nicht?«
»Das ja.«
Der Polizist wurde bleich und ging so weit vor, bis er in die andere Zelle schauen konnte, wo der Schwerverletzte lag. Im Gesicht wurde Gerald Gunn käsig. »Hört dieser Schrecken denn nie auf?« fragte er flüsternd.
Da hatte er einen wahren Satz gesprochen. Es war ein Schrecken.
Weder Suko noch ich wussten, ob er mit dem des Akim Samaran etwas zu tun gehabt hatte. Vielleicht waren wir auch über einen neuen Fall gestolpert. Wenn ich genauer darüber nachdachte, wurde mir klar, dass sich unser Besuch möglicherweise noch hinziehen konnte.
Ich hatte gesehen, wie sich die Frau verwandelte. Und da das hier in der Zelle passiert war, konnte es auch überall passieren, deshalb mussten wir sie fangen.
Hackett stöhnte. Ob er je wieder so aussehen würde wie früher, war fraglich. Ich dachte auch nicht weiter darüber nach, sondern wandte mich noch einmal an Gerald Gunn, um ihn zum Nachdenken anzuregen. »Haben Sie diese Frau tatsächlich noch nicht gesehen?«
Er stand direkt unter der Lampe und wurde von dem Licht bestrahlt. »Nein, Sir, wenn ich es Ihnen sage.«
»Gibt es denn hier so etwas wie eine Gruft oder ein Totenhaus?« wollte Suko wissen.
»Wie meinen Sie, Sir?«
»So wie wir gefragt haben. Da wurde von einer Gruft gesprochen. Die Frau selbst sagte es uns auf der Fahrt nach Lauder. Sie muss wohl dort gewesen sein und ist vielleichtauch dort so geworden. Zudem muss die Gruft nicht weit von Lauder entfernt liegen. Wir können uns nicht vorstellen, dass sie stundenlang unterwegs gewesen ist und nur mit den Gebeinen geklappert hat.«
Gerald Gunn dachte nach. Er gab sich große Mühe. Ich wollte wissen, ob er überhaupt aus Lauder stammte.
»Nein, aus Glasgow. Ich bin hierher versetzt worden, weil ich es so wollte. In der Stadt gehe ich unter, hier kenne ich mehr, hier ist alles überschaubarer.«
Das stimmte. Dennoch hatte er von dieser Totengruft noch nichts gehört. Ich beschloss, meinen Vater danach zu fragen. Sollte es so eine Gruft geben, würde mein Vater es wissen.
Die aufklingenden Schritte unterbrachen unser Gespräch. Als die Tür aufgestoßen wurde, kam der Arzt. Vom Ansehen kannten wir uns, und er schaute mich für einen Moment mit gerunzelter Stirn an.
»Sind Sie nicht der Sohn von Horace F. Sinclair.«
»Das bin ich, Doc.«
»Ich grüße Sie.« Er reichte mir die Hand. »Mein Name ist Murray. Wo liegt der Verletzte?«
»Ich
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