037 - Quellen der Lust + Die Mätresse des Prinzen
erlangen.
„Essen ist Nahrungsaufnahme“, erklärte er, während er in seinem tiefsten Innern spürte, dass er Erdbeeren von nun an mit völlig anderen Augen ansehen würde.
„Nichts weiter.“
„Nun, ich denke, einige sehr weise Männer würden dieser Aussage widersprechen.“
Er verzog das Gesicht. „Die haben noch nicht das Kutteln- und Steckrübensandwich Ihrer Köchin probiert.“
Sie brach in ein so klares und ungekünsteltes Lachen aus, dass es in seinen Ohren fast wie Musik klang. Mercy schreckte auf und blinzelte in die Runde. Sie wirkte so verdutzt, dass auch Jack in Gelächter ausbrechen musste.
„Ich gebe zu, dass Sie in Bezug auf Aggies Sandwich recht haben, aber im Großen und Ganzen bleibe ich bei meiner Meinung“, sagte sie lächelnd. „Es trägt bedeutend zum persönlichen Gleichgewicht bei, wenn man sich die Zeit nimmt, die kleinen Freuden des Lebens zu genießen: Essen und Trinken, Musik, Farben und Formen.“
Ihre Heiterkeit wandelte sich nun in eine Warmherzigkeit, die ihn irgendwo tief in seinem Inneren berührte. „Was mögen Sie denn eigentlich, Jack St. Lawrence? Vom Küssen einmal abgesehen?“
„A-aber, Mrs. Eller ...“ Er sah von ihr zu Mercy, und ihm graute, als er das Interesse auf dem Gesicht der alten Magd sah. Verlegen öffnete er den obersten Knopf seiner Weste und rutschte unbehaglich auf seinem Sitz hin und her.
„Pferde. Ich interessiere mich für Pferde und für die neuen mechanischen Erfindungen, die sie ersetzen werden. Lokomotiven und Dampfzüge.“ Er sah sie vorsichtig an, als erwarte er, dass sie ihn auslache. Als dies ausblieb, verspürte er das Bedürfnis, fortzufahren. „Außerdem bin ich sehr am Aufbau und der Technik elektrischer Erfindungen interessiert, zum Beispiel am Telefon, am Telegraphen und an Straßenlampen.“
„Dann sind Sie also ein Mann, der gerne versteht, wie etwas im Einzelnen funktioniert.“
„Das könnte man wohl so sagen.“
„Wir haben mehr gemeinsam, als Sie denken. Was mögen Sie noch? Sie scheinen auch ein Liebhaber der Jagd und aller ‚männlichen‘ Sportarten zu sein.“
Er sah sie einen Augenblick prüfend an, und als er aufrichtiges Interesse in ihrem Gesicht las, konnte er nicht umhin, ihr die Wahrheit zu sagen.
„Eigentlich nicht. Ich gebe zu, dass ich von der ausgeklügelten Technik einer gut gebauten Waffe fasziniert bin, aber ich mag es nicht, was man damit anrichten kann.
Bin auch nicht sonderlich davon angetan, was die Spürhunde mit den Füchsen anstellen.“
„Und doch reiten und jagen Sie mit dem Prinzen.“
„Eine alte Familientradition.“ Er sah aus dem Fenster, um ihrem Blick auszuweichen.
„Auch meine älteren Brüder waren schon die Jagdgefährten des Prinzen.
Nacheinander war jedem der beiden die Rolle zugefallen, für das Wohlergehen des Prinzen zu sorgen und ihm zu dienen. Jetzt bin ich dran.“
„Und wo sind Ihre älteren Brüder jetzt?“, fragte sie.
„Haben reiche Erbinnen geheiratet und leben auf stattlichen Landgütern.“ Von einem merkwürdigen Impuls getrieben, fügte er hinzu: „Wie wohl auch ich bald, vorausgesetzt ...“
Erschrocken brach er ab. Er war wohl verrückt, ihr so viel anzuvertrauen. Und noch verrückter, zu offenbaren, dass er in der Gesellschaft des Prinzen eigentlich nur nach sozialem Aufstieg dank einer vorteilhaften Heirat jagte.
„Vorausgesetzt, dass Sie eine ‚gute Partie‘ ergattern können?“, brachte sie seinen Satz zu Ende.
„Eine standesgemäße Braut“, berichtigte er. Wobei standesgemäß selbstverständlich bedeutete, dass sie aristokratisch oder vermögend genug sein musste, um das Prestige seiner Familie zu vergrößern. Das war seine Pflicht.
Schweigend sah sie ihn an, und es kam ihm wie eine Ewigkeit vor.
„Nun, dann sind wir also beide auf dem Heiratsmarkt“, sagte sie dann.
„Ach ja? Sind wir das?“ Mercy sah von einem zum anderen und starrte dann mit offenem Mund Mariah an. „Sie wollen heiraten, Miss? Wozu denn das?“
Mercys direkte Frage und ihr erwartungsvoller Blick brachten Mariah leicht aus der Fassung, und sie strengte sich sichtlich an, um ihrer Dienerin mit der gehörigen Autorität zu antworten.
„Es gibt da gewisse ... praktische Überlegungen, ... die bedeuten, dass es am besten ist, eine neue ... Partnerschaft einzugehen.“ Sie hob ihr Kinn und sah Mercy streng an, doch es hätte schon einer geladenen Flinte bedurft, um der alten Magd den Mund zu verbieten.
„Aber wieso reden Sie nicht einfach
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