037 - Quellen der Lust + Die Mätresse des Prinzen
seinen Charakter lernen“, erwiderte sie und ging mit erhobenem Kinn näher auf ihn zu, sodass ihm nichts anderes übrig blieb, als wieder einen Schritt zurück ins Wasser zu machen. „Und was ich dabei über den Ihren lerne, Sir, gefällt mir ganz und gar nicht.“
Im Bruchteil einer Sekunde hatte Clapford eine Faust geballt, um damit seiner Antwort mehr Kraft zu verleihen, und Mariah, die dachte, dass er die Hand gegen sie erhob, wehrte sich instinktiv mit einer abwehrenden Handbewegung. Damit hatte der Fischzüchter nicht gerechnet: Er verlor das Gleichgewicht und fiel mit einem lauten Platschen zurück ins kalte Wasser.
Als Jack den Teich erreichte, blieb ihm nur noch, Mariah weg vom Wasser zu ziehen und zuzusehen, wie Clapford mit den Armen ruderte und sich bemühte, wieder aufzustehen. Hinter ihm bogen sich die Jungen vor Lachen. Wasser lief ihrem Dienstherrn übers Gesicht, und er war von oben bis unten völlig durchnässt, als er fluchend zurück ans Ufer kletterte.
Jack versuchte, eine plausible Entschuldigung zu formulieren, bot ihm ein Taschentuch an und sprach von einem unglücklichen Unfall, doch Clapford war durch nichts zu beruhigen. Er starrte Mariah voller Zorn an und erklärte, dass er sich eine solche Unverschämtheit nicht von einem Weibsbild gefallen lassen würde, egal, wie viele wichtige Leute sie kannte.
Mit geballten Fäusten stürzte er auf sie zu, doch Jack stellte sich ihm in den Weg, sodass Clapford statt Mariah ihrem breitschultrigen Begleiter gegenüberstand.
Fluchend versuchte er, an ihm vorbeizukommen, doch Jack griff nach seinem tropfenden Mantel und hielt ihn fest.
„Kommen Sie doch zur Vernunft, Clapford!“, herrschte Jack ihn an.
Doch der künftige Lord hatte schon ausgeholt. Ohne nachzudenken, hob Jack seinen linken Arm, um den Hieb abzuwehren, während seine kraftvolle Rechte mitten in Clapfords Gesicht landete – woraufhin dieser zum zweiten Mal hinterrücks in den Teich fiel.
In der ersten Schrecksekunde war nur das Plätschern des Wassers zu hören. Dann kam Clapford wieder an die Oberfläche geschossen, schnappte nach Luft und hielt sich keuchend die schmerzende Nase. Jack sah vom Ufer auf ihn hinunter. Sein Atem ging schnell, und im Vergleich zu seinem eisigen Tonfall schien Clapford das Wasser des Teichs angenehm warm.
„Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, Clapford: Erheben Sie niemals Ihre Hand gegen eine Dame – besonders, wenn es sich um eine Frau mit guten Verbindungen handelt. Es ist ungleich schwieriger, eine angeschlagene Karriere als eine gebrochene Nase zu kitten.“
Er ging hinüber zu Mariah und geleitete sie und Mercy schnell hinüber zur Kutsche, wobei er dem Fahrer schon von Weitem die Anweisung zurief, sich in Bewegung zu setzen.
Niemand sprach ein Wort, während die Kutsche die holprige Einfahrt hinunterrollte.
Als sie von Clapfords Anwesen in die Cambridge Road einbogen, warf Mariah einen Blick aus dem Fenster. Clapford stand in der Einfahrt und schüttelte drohend eine Faust. Mariah drehte sich zu Jack.
„Sie haben ihn geschlagen “, flüsterte sie unsicher.
„Habe ich. Jawohl.“ Er holte tief Luft, setzte seinen Hut ab und begann, seine feuchten Handschuhe auszuziehen.
„Und was für ein Schlag, Sir. Mitten ins Gesicht.“ Mercy strahlte ihn bewundernd an.
„Er hat seine Faust zuerst gehoben – ich ... ich dachte, er wollte mir etwas antun“, stieß Mariah hervor. „Und das hätte er auch fast. Wenn Sie nicht ...“ Sie hielt inne, um wieder zu Atem zu kommen und sich zu fassen. „Ich habe lediglich versucht, ihm klarzumachen, dass er sich um die Gesundheit seiner Bediensteten genauso sorgen solle wie um die seiner geliebten Fische. Ich wollte einfach, dass er sie anständig behandelt.“
„Ach, Sie haben anständiges Verhalten von einem Aristokraten erwartet?“ Jack hob die Augenbrauen. „Wie exzentrisch von Ihnen!“
„Ist es so lächerlich, von Menschen mit hohem Rang und verantwortungsvollen Posten Vernunft und Beherrschung zu erwarten?“, fragte Mariah gereizt. „Haben Sie die Jungs gesehen? Nicht nur blau gefroren, sondern auch von blauen Flecken übersät. Sollte ich einfach daneben stehen und zulassen, dass er mich genauso verprügelt wie seine Stalljungen? Irgendjemand muss doch solchen tyrannischen Schnöseln Paroli bieten.“
„Und muss dieser Jemand ausgerechnet Sie sein?“, fragte er verärgert.
Natürlich musste es das.
Denn dies war ein unumstößlicher Teil ihres Charakters, wurde ihm
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