037 - Quellen der Lust + Die Mätresse des Prinzen
nicht so, als hätten Sie keinen. Jeder Gentleman hat irgendwo einen kleinen Vorrat.“
Angesichts der Unverfrorenheit der Magd blieb ihm der Mund offen stehen, doch er griff in ein Fach unter dem Sitz und zog das Gewünschte heraus. Er schraubte den Deckel ab und nahm zuerst selbst einen tiefen Schluck, bevor er die Flasche an Mercy weiterreichte. Die alte Frau verblüffte ihn ein weiteres Mal, als sie selbst einen Schluck trank und die Flasche erst dann Mariah gab.
„Das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein“, protestierte Jack, während sein Blick hinunter auf Mariahs schlanke Knöchel und die Stiefeletten auf dem Sitz fiel. Er musste schlucken.
„Ach, finden Sie es unschicklich, kalte, nasse Schuhe auszuziehen, um einer Lungenentzündung vorzubeugen?“ Auch Mariah nahm nun einen Schluck aus der Flasche. Sie schloss die Augen und genoss das wärmende Getränk sichtlich. „Ich nehme an, wenn es nach Ihnen ginge, dann sollte eine Dame lieber ehrenhaft dahinsiechen als ihre Knöchel zeigen?“
In der Tat, hätte Jack am liebsten geantwortet. Doch er schaffte es, sich zurückzuhalten.
„Dann ist es ja von Glück, dass ich keine Dame bin, sondern nur eine einfache Gastwirtin.“ Sie lehnte sich zurück und presste die Flasche fest an ihre Brust. „Ist es nicht absurd, dass die Gesellschaft solchen Unsinn verlangt? In einem Ballkleid kann jede Frau ungestraft ihren halben Busen offenbaren, aber wehe, ein Mann erhascht einen Blick auf einen ganz gewöhnlichen, normalen Knöchel ...“
„Ich glaube, Sie hatten jetzt genug Brandy.“ Jack streckte die Hand nach der Flasche aus. Sie ignorierte ihn vollkommen.
„Und diese Regel ist umso unsinniger, als ein Knöchel nun wahrlich nicht sonderlich aufregend ist, Brüste jedoch schon“, fuhr sie fort. „Wie kam es bloß dazu?“ Mercy sah sie missbilligend an. Mariah zwinkerte ihr zu und nahm einen weiteren Schluck.
„Was meinen Sie, Jack?“
„Beachten Sie sie einfach nicht, Sir – sie macht schon mal gerne die Männer verrückt“, sagte Mercy naserümpfend. „Hat auch den alten Gutsherrn immer wahnsinnig gemacht.“
„Das war doch nur Spaß“, korrigierte Mariah. „Und es gefiel ihm.“
Mercy wandte sich nun direkt an Jack. „Er hat ihr eine Menge durchgehen lassen, Sir.“
Mariah kommentierte diese Bemerkung mit einem verschmitzten Lächeln.
„Weil auch ich ihm eine Menge durchgehen ließ.“
Jack konnte der Unterhaltung kaum folgen: ihn hatte Mariahs verruchtes Lächeln zu sehr aus der Fassung gebracht. Sie war offensichtlich entschlossen, ihn zu provozieren, und er war genauso entschlossen, sich nicht provozieren zu lassen.
Nicht auf diese Art und Weise.
Und nicht schon wieder. Viel zu viel stand auf dem Spiel.
Wenn er daran dachte, dass er sie vor wenigen Momenten noch lediglich als eine selbstlose und grundanständige Frau angesehen und sich gesagt hatte, dass sie etwas Besseres verdiene, als Berties kurzzeitiges Spielzeug zu werden!
Mercy besah sich Mariahs Stiefel und stellte ihn auf den Boden, um ihn trocknen zu lassen. „Ihr Strumpf ist ja auch völlig durchnässt.“ Sie schüttelte den Kopf. „Den ziehen Sie am besten auch aus, Miss.“
Mariah hob das Bein und griff unter ihren Rock, um das Strumpfband zu lösen und den Strumpf auszuziehen. Jack wurde einer weiteren Tortur unterzogen, als Mercy den Strumpf neben ihn auf den Sitz legte. Die fein gesponnene Seide behielt die aufregende Form ihres Beins bei.
„Was für ein erlösendes Gefühl.“ Mariah schloss die Augen, als Mercy ihren Fuß rasch mit einer Decke massierte und dann begann, ihr den anderen Stiefel ebenfalls auszuziehen. Sie wackelte mit den Zehen. „Schon viel besser.“
Für einen langen, quälenden Moment konnte er seinen Blick nicht von dem aufreizenden kleinen Hügel, den ihre Zehen unter der Decke bildeten, losreißen.
Dann nahm er all seine Willenskraft zusammen, zog sich den Hut über die Augen und lehnte sich so weit es ging zurück in seinen Sitz.
Etwas später erwachte Mariah. Sie fühlte sich ein wenig verkrampft, doch ihr war angenehm warm. Als sie sich streckte, stieg ihr der Geruch von Sandelholz, Seife und „Eau de Jack“ in die Nase. Sie sah an sich hinunter und entdeckte, dass sie mit einem ihr nur allzu vertrauten, dunkelgrauen Jackett zugedeckt war, dessen Ärmel man ihr in den Rücken gesteckt hatte. Ein wohliges Gefühl durchströmte sie. Sie fühlte sich, als umschlinge sie das Jackett stellvertretend für seinen Besitzer, der ihr
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