0372 - Werwolf-Omen
Uhr.
Alexis Ascot erhob sich. Die Fernbedienung lag auf der Fensterbank zwischen den alten Blumentöpfen, aus dem traurig gebogen einige Blütenstengel schauten.
Als sie stand, stockte ihr Schritt. Nicht einen Fuß setzte sie mehr vor, denn sie hatte etwas gesehen.
Eine Bewegung hinter dem Fenster.
Da war jemand!
Ob der andere auch ihre Reaktion erkannt hatte, war nicht festzustellen. Jedenfalls verschwand er ebenso schnell wieder, wie er sich auch gezeigt hatte.
Rückwärts ging die Frau zurück zum Tisch. Sie dachte an den Lichtschein und die Bewegung am Waldrand. Jetzt das Gesicht hinter der Scheibe! War das eingetreten, was sie schon immer befürchtet hatte? Es konnte ja nicht gutgehen, irgendwann mußte Laura mal auffallen.
Alexis schaute aus dem Fenster. Es aufzuziehen hatte keinen Sinn.
Sie hätte erst die Blumentöpfe der Bank räumen müssen, und das wollte sie nicht.
Von der Gestalt war nichts zu sehen. Kein blasses Gesicht mehr.
Allmählich kamen ihr Zweifel, ob sie sich die Bewegung nicht doch eingebildet hatte.
Einmal unter Umständen, aber ein zweitesmal? Daran wollte sie nicht glauben.
Alexis Ascot hatte es gelernt, mit ihrem Leben allein fertig zu werden. Sie ertrug sogar die Last ihres schweren Erbes, und die Furcht hatte sie einfach verbannt.
Sie wollte es genau wissen, ob tatsächlich jemand das Haus umschlich, deshalb mußte sie nach draußen.
Entschlossen machte sie sich auf den Weg. Mit sicherem Griff fand sie das Gewehr, wollte auch den Mantel überstreifen, als etwas geschah, das ihre Pläne völlig umwarf. Es schellte!
***
Blitzschnell zog ich den Kopf zurück, huschte einige Schritte zur Seite und preßte mich erst dann gegen die Außenwand des Hauses. Ich wußte nicht genau, ob man mich entdeckt hatte, wollte davon aber ausgehen und war entsprechend vorsichtig.
Scharf stieß ich den Atem aus. Mein rasender Herzschlag beruhigte sich wieder, und ich dachte darüber nach, was ich bisher erreicht hatte.
Nach dem unheimlichen Heulen war ich schneller gelaufen, hatte die Lampe allerdings ausgeschaltet und dennoch die Gestalt des Mädchens erkennen können.
Wie ein sich heftig bewegender Scherenschnitt hatte sie sich einige Male vom dunklen Untergrund abgehoben. Und diese Bewegungen kamen mir bekannt vor, da ich bei so mancher Verwandlung in einen Werwolf Zeuge gewesen war.
Ich konnte den unheimlichen Vorgang korrekt interpretieren und wußte auch, aus welchem Grunde sich das Mädchen so seltsam benommen hatte. Ihm war gar nichts anderes übriggeblieben, als so zu handeln, denn der innere Druck war einfach zu stark gewesen.
Der Drang in mir, schnell weiterzulaufen, ließ sich nur schwer unterdrücken, ich beherrschte mich aber und bekam auch mit, daß sich eine zweite Gestalt näherte, sich der Bestie annahm und mit ihr verschwand.
Natürlich nahm ich die Verfolgung auf. Ging dabei geduckt und schaltete meine Lampe auch nur ab und zu ein.
Die beiden waren schließlich verschwunden, ich schlug noch einen Bogen und erreichte das Haus in relativ günstiger Zeit. Hinter einem neben dem Bau geparkten Opel fand ich zunächst einmal eine Deckung und wartete ab, ob noch etwas geschah.
Das Warten lohnte sich nicht. Zwar vernahm ich ungewöhnliche Geräusche aus dem Haus, sie erinnerten mich auch an das Knurren oder Geifern, sie selbst bekam ich nicht mehr zu Gesicht.
Das Gebäude besaß auch ein Obergeschoß. Überall brannte Licht.
Es schimmerte geheimnisvoll hinter den Scheiben. Sie brachten mich auf eine Idee. Bevor ich irgend etwas anderes tat, wollte ich einen Blick durch die Scheiben werfen.
Ich schlich um den Bau herum und hatte wenig später das Gefühl, entdeckt worden zu sein. Obwohl ich sehr schnell wieder nach unten getaucht war, mußte mich die andere bemerkt haben.
Mist auch.
Jetzt überlegte ich, wie ich weiter vorgehen sollte. Am besten war es, dem Besuch einen ganz offiziellen Anstrich zu geben. Das heißt, ich würde klingeln oder klopfen und mich mit der Person unterhalten, die die Wölfin weggeschleppt hatte.
Meine mit Silberkugeln geladene Beretta trug ich bei mir. Das Kreuz ebenfalls, was konnte noch großartig passieren?
Die Tür war alt, ebenso wie das ganze Haus. Dennoch sah ich eine Klingel. Ein weißer Knopf neben der Tür, fast versteckt zwischen wintergrauen Efeuranken.
Selbst vor der Tür hörte ich das schrille Geräusch der Klingel. Es war jemand da, er mußte auch handeln, und ich trat sicherheitshalber ein kleines Stück zurück.
Die
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