0373 - Das Schiff der Bestien
hervorzukriechen.
Suko mußte beide suchen.
»Was soll ich machen?« fragte der Botschafter.
»Laufen Sie an Land, bringen Sie sich in Sicherheit! Es ist noch eine Bestie da – und Ihr Kollege. Haben Sie ihn gesehen?«
»Nein, Inspektor, nein…«
»Aber er ist auf dem Schiff?«
»Schon…«
»Gut, ich muß ihn holen.« Wieder einmal machte sich der Chinese auf die Suche. Allmählich nervte auch ihn der Fall. Auch deshalb, weil er nichts von seinem Freund John Sinclair gesehen hatte. Der Geisterjäger hielt sich zurück oder wurde zurückgehalten.
An der Reling sah Suko nichts. Der Raum zwischen ihr und den Aufbauten war leer. Auch an der Backbordseite nicht, wie Suko feststellte. Befand sich die zweite Bestie nicht auf dem Schiff?
Dann hörte Suko die Geräusche. Er hatte schon abgedreht, um eines der Restaurants zu betreten, als er das wütende Schimpfen und das Schreien in russischer Sprache vernahm.
Sofort sprang der Inspektor wieder zurück. Er lief ein paar Schritte vor, wobei seine Hände über den Handlauf der Reling streiften, konnte jetzt auf den Steg schauen und sah, was geschehen war.
Für einen Moment blieb Suko stehen und lächelte. Es war wie eine Erlösung nach dem Streß, und er mußte dem russischen Botschafter ein Kompliment machen.
Der Mann hatte sich allein helfen können. Er hockte auf dem Steg, hielt eine der herausgebrochenen Planken fest und schlug sie auf den Schädel des im Steg festgeklemmten Werwolfs. Der hatte auf dem gleichen Weg hervorkriechen wollen, es aber nicht geschafft, weil sein Körper einfach zu breit war.
Lange würde der Russe das nicht durchhalten. Letztendlich war der Werwolf stärker als er. Irgendwann würde es ihm gelingen, die Planken zu durchbrechen.
So rasch es ging, lief Suko zu ihm. Zwar mußte der Russe seine Schritte vernommen haben, er drehte sich dennoch nicht um und schlug weiter, wobei er jeden Hieb mit einem wütenden Schrei begleitete.
Erst als Suko dessen rechte Hand festhielt, hörte er auf. »Lassen Sie mich!« rief der Inspektor.
»Nein, ich…«
Suko drückte den Russen zur Seite. Er besaß eine bessere Waffe, um den Werwolf zu vernichten.
Die Peitsche!
Ausgefahren war sie noch. Als Suko ausholte, hob der Werwolf den Schädel. Der Inspektor starrte in die gelben Augen und glaubte, darin so etwas wie ein Wissen zu lesen.
Vielleicht hatte die Bestie noch wegtauchen wollen, es gelang ihr nicht mehr.
Suko schlug zu.
Und die drei Riemen klatschten voll auf die häßliche Schädelfläche des Werwolfs. Der wurde durchgeschüttelt, begann gräßlich zu jaulen, und dort, wo die Riemen getroffen hatten, zeichneten sich bereits nach wenigen Sekunden lange Streifen auf der Haut ab.
Das Heulen verstummte. Suko trat einen Schritt zurück, da die Planken nahe der vergehenden dämonischen Kreatur doch ziemlich brüchig waren, und er kümmerte sich um den Russen.
Mit weichen Knien stand der Mann neben ihm, schüttelte den Kopf, wischte über sein Gesicht und holte ein paarmal tief Luft.
»Das ist verdammt hart, Gospodin, verdammt hart…«
»So ist das Leben«, meinte Suko. Er drehte sich um, weil er Schritte gehört hatte.
Der Engländer kam. Er lachte sogar. »Ich glaube, wir beide sind Glückskinder, was man ja von Politikern nicht immer behaupten kann«, meinte er und fiel seinem Kollegen in die Arme.
Suko trieb die beiden auseinander und drängte darauf, daß sie den Steg verließen.
»Und Sie? Was machen Sie?« fragte der Engländer.
»Ich muß mich um meinen Kollegen kümmern.«
»Hoffentlich lebt er noch.«
Suko grinste schief. »Der ist zäh!«
***
In der Tat lebte ich noch. Zwar ging es mir nicht besonders, aber ich wollte mich auch nicht beklagen, denn es hätte verdammt schlimmer kommen können.
Die Treppe hatte ich hinter mir gelassen und befand mich nun auf dem Deck des Ausflugsschiffs. Ich spürte den Wind, hörte die Geräusche, wenn er um die Ecken wehte, aber ich vernahm weder menschliche Stimmen noch das Jaulen der Wölfe.
Dafür sah ich eine Gestalt auf dem Boden liegen. Noch trennten mich einige Schritte. Ich lief hin, kniete mich neben sie und schaute in das starre Gesicht eines Mannes.
Wenn ich die beiden Gesichter verglich, so war eine gewisse Ähnlichkeit mit dem des von mir erledigten Gerald Ascot nicht zu verhehlen. Dieser Tote mußte einer der Brüder sein.
Ich untersuchte ihn genauer, da ich unbedingt die Todesursache herausfinden wollte.
Sehr schnell entdeckte ich das Einschußloch. Die Kugel steckte
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