Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0374 - Ein Mörder rechnet zweimal ab

0374 - Ein Mörder rechnet zweimal ab

Titel: 0374 - Ein Mörder rechnet zweimal ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Mörder rechnet zweimal ab
Vom Netzwerk:
stand ich wie erstarrt. Dann wandte ich mich langsam und mit völlig gleichgültigem Gesicht um.
    Vor mir stand der große, dunkle Bursche mit dem Raubvogelgesicht. Der Kerl, der sich bei Schilsky nach irgend jemandem erkundigt hatte.
    Zwischen zwei nervigen braunen Fingern hielt der Mann eine Zigarette. Die eisblauen Augen verrieten nichts. Das Gesicht war so unbewegt, als wäre es aus Stein.
    Ich ließ mein Feuerzeug aufflammen.
    Das »Raubvogelgesicht« schob sich mir entgegen. Er nahm die Zigarette zwischen die Lippen, hielt das freie Ende an die Flamme, sog zweimal und richtete sich dann auf.
    »Danke, Mister.« Er nickte kaum merklich, trat an mir vorbei und verschwand in Billys Bar. Ich folgte ihm.
    ***
    Ich sah den Weißhaarigen sofort. Er saß am linken Ende der hufeisenförmigen Theke, mit der linken Schulter an die Wand gelehnt. Er sah genauso aus, wie ihn Aguda beschrieben hatte. Die Beine hatte er auf eine sonderbare, irgendwie verkrampft wirkende Weise in das Gestell des Barhockers verknotet. Die Ellbogen ruhten auf der matt glänzenden Messingstange, die rings um die Bar lief. Das Gesicht, das die Farbe von heller frischer Asche hatte, war in die gepflegten Hände gestützt.
    Ich bewegte mich langsam in Richtung Theke und beobachtete das »Raubvogelgesicht«. Der Mann erreichte jetzt das rechte Ende der Bar und stieg mit einer lässigen Bewegung auf einen Hocker. »Raubvogelgesicht« sagte etwas zu Billy, der geschäftig hinter der Theke herumschwirrte.
    Die Bar — ein verhältnismäßig kleiner, mit zerschlissener blauer Tapete ausgeschlagener Raum — war knapp halb voll. Die Gäste sahen nicht besser aus als die Penner und Trinker in Schilskys Laden.
    Ich ging zur Theke und holte mir ein Glas Bier. Billy — ein kleiner, sommersprossiger ehemaliger Leichtgewichtsboxer — nahm mir dafür dreißig Cent ab. Billy kannte mich. Aber er zeigte es nicht. Er wußte, daß ich dienstlich unterwegs war, wenn ich in seinem Lokal auftauchte. Er hütete sich, irgend jemanden vor uns in Schutz zu nehmen, zu verstecken oder zu warnen. Billy legte Wert darauf, daß er sich mit der Polizei gut stand.
    Mit dem Glas in der Faust setzte ich mich an einen Tisch an der Wand. Von hier aus konnte ich den Weißhaarigen und das »Raubvogelgesicht« beobachten.
    Ich war jetzt davon überzeugt, daß der Raubvogelgesichtige vorhin in Schilskys Kneipe den Weißhaarigen gemeint hatte. Gewiß, es konnte Zufall sein, daß beide hier auftauchten. Aber nachdem ich das »Raubvogelgesicht« zwei Minuten beobachtet hatte, glaubte ich nicht mehr an einen Zufall.
    Der Mann nippte an seinem Bierglas, starrte scheinbar teilnahmslos vor sich hin und rauchte langsam. Aber immer, wenn er den Blick hob, waren seine kalten Augen auf den Weißhaarigen gerichtet — oder auf mich. Aber mir schenkte er bei weitem nicht soviel Aufmerksamkeit wie dem Weißhaarigen.
    Ich nahm einen Schluck aus meinem Glas.
    Als ich wieder unauffällig zu dem Raubvogelgesichtigen hinüberblickte, sah ich, daß er telefonierte. Er hatte sich von Billy das Telefon geben lassen, sprach leise hinein, wie ich an seinen sparsamen Lippenbewegungen erkennen konnte, und deckte die Muschel mit der Hand ab. Er sagte nur wenige Worte, legte dann auf, gab das Telefon zurück und erhielt ein neues Bier.
    Der Weißhaarige trank unmäßig. Seit ich die Kneipe, betreten hatte, war höchstens eine Viertelstunde vergangen. Aber in dieser Zeit kippte der Mann acht Whisky hinunter. Sicherlich hatte er auch vorher schon eine gehörige Menge Alkohol verkonsumiert.
    Während der nächsten halben Stunde passierte nichts. »Raubvogelgesicht« hockte wie ein Denkmal an der Theke. Der Weißhaarige hatte es auf 14 Drinks gebracht.
    Dann plötzlich — ohne Übergang — brach der Weißhaarige zusammen. Wie ein ungefüger Sack Kohlen fiel er vom Hocker, schlug mit dem Schädel auf den Boden und blieb reglos liegen, die Beine immer noch in das Hockergestell verknotet.
    Ich wollte aufspringen und mich um den Mann bemühen. Aber ich war nicht schnell genug.
    Wie ein geölter Blitz war das »Raubvogelgesicht« von seinem Platz gefahren und um die Theke geschossen. Bevor die übrigen Gäste überhaupt bemerkt hatten, daß einer aus ihrer Mitte umgekippt war, hatte sich der Raubvogelgesichtige des Weißhaarigen angenommen, ihn emporgehoben, zu einem Stuhl getragen und dort abgesetzt.
    Billy beugte sich über die Theke. »Soll ich ein Taxi rufen?«
    »Nicht nötig.«
    »Er hat achtzehn Whisky gehabt.

Weitere Kostenlose Bücher