0376 - Der Turm des Ungeheuers
kurzgeschnittenen Haar, der eine blütenweiße Uniform mit goldenen Verzierungen trug. »Ich hoffe, Sie hatten eineç angenehmen Flug. Sind Sie mit der Unterbringung zufrieden?«
»Oh, schon«, sagte Zamorra. Sie hatten sich gerade in der Luxussuite umgesehen, die sich im obersten Deck befand. Der Parapsychologe lächelte den Captain an. Der war garantiert nur persönlich hergekommen, um seine Neugierde zu befriedigen. So seltene Tiere sah man nicht alle Tage, die mit dem Hubschrauber aufs Schiff gebracht wurden, zwei Tage bevor das den Zielhafen erreichte.
»Einen Schiffsplan, mit dem Sie alle Einrichtungen der MONCA REGINA spielend leicht finden können, liegt im obersten Fach des Schreibtisches«, sagte der Captain. »Aber das hat Ihnen der Steward sicher schon mitgeteilt. Sehen Sie, Monsieur Zamorra… ich bin sicher etwas unverschämt, wenn ich meine Neugierde so unverhohlen zeige, aber ich bitte Sie, es mir zu verzeihen und meine Entschuldigung in Form einer Einladung zum Abendessen anzunehmen, sobald Sie sich erfrischt haben. Denn ich bin sicher, daß Sie noch hungrig sind nach dem langen Flug. Sie kommen direkt aus Deutschland, nicht wahr? Ich hatte nicht gedacht, daß das so schnell ginge. Aber ich freue mich für Sie…«
Zamorra nickte. »Die Einladung nehmen wir gern an, Captain. Sie möchten jetzt wissen, wer wir wirklich sind und was wir konkret hier wollen, nicht wahr?«
»So könnte man den Grund meiner Neugierde umschreiben«, sagte Captain Yerl. »Sehen Sie, es ist meine Pflicht, über jeden einzelnen meiner Passagiere eingehend informiert zu sein. Normalerweise bekommen wir von der Reederei eine Passagierliste mit den notwendigen persönlichen Daten, die wir brauchen. Von Ihnen haben wir zwangsläufig keine Informationen, da Sie ja bis jetzt nicht auf der Passagierliste standen. Mister Möbius, der am Telefon mit mir sprach, bat mich nur, Ihnen und Ihrer Begleiterin jegliche Unterstützung zu gewähren, worum auch immer es sich handeln möge.«
Zamorra hob die Brauen. »Möbius hat mit Ihnen direkt telefoniert, nicht mit Ihrer Reederei?«
»Die Reederei teilte mir mit, er wolle mich über Funktelefon sprechen. Alles andere hat er wohl intern abgeklärt. Mir teilte er dann nur mit, daß Sie per Hubschrauber an Bord gebracht werden würden…«
»Interessant. Noch interessanter, daß er das alles so schnell regeln konnte«, sagte Nicole, die aus dem Hintergrund auftauchte. Sie hatte sich ein einfaches Kleid übergeworfen. »Die Sache wurde nämlich erst gestern abend spruchreif. Ich war überrascht, daß er unsere Kabine so schnell reservieren konnte…«
»Es ist immer mindestens eine Luxuskabine zur Verfügung der Reederei frei«, erklärte Yerl. »Der Möbius-Konzern hat eine starke Beteiligung an unserer Reederei.«
Zamorra hob die Brauen. »Steckt zufällig auch Tendyke Enterprises, Inc. mit im Geschäft?«
Knapp nickte Yerl. »Beide mit 25 Prozent.«
»Die Welt ist doch klein«, sagte Nicole. »Zamorra, wie sieht’s mit deinem Hunger aus? Wir sollten nachforschen, ob das Bordrestaurant noch geöffnet und die Küche unter Dampf hat. Ich fürchte, wir werden nicht mehr lange warten dürfen.«
»Der Captain war so freundlich, uns zum Essen einzuladen«, sagte Zamorra. »Ein Viertel unseres heutigen Essens zahlt also Carsten Möbius, das andere Viertel Robert Tendyke. Über die verbleibende Hälfte werde ich mir vorerst keine Gedanken machen.«
»Wir haben nicht nur ein Restaurant, Mademoiselle, sondern mehrere Speisesalons, zwischen denen Sie wählen dürfen…« sagte Yerl schmunzelnd.
»Salons… o weh«, seufzte Nicole. »Wir hätten doch einen Einkaufsbummel einschieben sollen, Chérie. Mit diesem billigen Kleid kann ich mich doch in keinem Salon sehen lassen, wo jeder mit Smoking und Abendkleid aufkreuzt…«
»Da machen Sie sich mal keine Sorgen, Mademoiselle Duval«, sagte Yerl. »Ganz so streng sind die Sitten bei uns nicht, außerdem ist die eigentliche Dinner-Zeit schon vorbei. Die meisten Passagiere sind längst wieder irgendwo auf dem Schiff unterwegs. Wenn Sie mir bitte folgen möchten… Denn in dem Punkt stimmt es: es wird Zeit. Auch meine Autorität als Kapitän reicht nicht, die Küche über Gebühr lange geöffnet zu halten.«
Nicole hakte sich bei Zamorra unter.
»Vielleicht treffen wir ja auch unterwegs auf Stephan Möbius«, sagte sie. »Wo ist der überhaupt untergebracht, Captain?«
Yerl lächelt wieder.
»In der Suite genau neben Ihrer,
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