0376 - Der Turm des Ungeheuers
gegeben…
»Im Untertreiben ist der Mann Spitzenklasse«, brummte Zamorra. »Die Leute haben doch diese Flugbestien gesehen und sind von ihnen angegriffen worden… Wetten, daß wir in spätestens zwanzig Minuten die größte Panik im Schiff haben?«
Nicole nickte mit zusammengepreßten Lippen. Die Passagiere sahen doch, daß etwas nicht stimmte. Die Felsenküste, der violette Himmel mit diesem unverschämt riesigen gelben Mond, die Zitadelle… dann der Angriff aus der Luft…
»Lieber Himmel, hoffentlich zieht das nicht die Katastrophe mit sich. Wenn Yerl nichts Besseres einfällt, als Phrasen von sich zu geben…«
Und die Schiffsmaschinen schwiegen!
Scheinbar manövrierunfähig lag die REGINA vor dieser riesigen Felswand!
Mußte da nicht jeder an das Ende der Reise und den Untergang des Schiffes glauben, der bestimmt nur noch eine Frage der Zeit war?
Und das alles im Bewußtsein, das Bermuda-Dreieck durchkreuzt zu haben, diese berüchtigte Todeszone!
Nicole sprach aus, was möglicherweise viele andere an Bord dachten:
»Wir sind doch schon alle tot, Zamorra… Für die da draußen sind wir verschwunden und tot! Daß jemand von hier zurückgekommen ist, davon habe ich noch nie etwas gehört…«
»Wir müssen zur Kommandobrücke«, sagte Zamorra, »und anschließend müssen wir mit Stephan reden. Was sagt die Batterie deines Schockers?«
»Fast leer!«
»Zum Teufel…« Zamorra hob eines der vom Elektroblitz gelähmten Flugungeheuer auf. Es war etwa so groß wie ein Schwan, aber im Gegensatz zu einem Vogel besaß es keine Federn, sondern einen dichten, tiefschwarzen Pelz. Und der stank!
Die Muskeln unter dem Pelz fühlten sich steinhart an. Das Biest mußte über ungeheure Kräfte verfügen.
»Mal sehen, ob Yerl schon mal sowas gesehen hat«, sagte Zamorra, lud sich das stinkende Ungeheuer, am langen Hals gepackt, wie einen Sack über die Schulter und stapfte los.
»He, was ist, wenn das Vieh aus der Starre wieder erwacht?« rief Nicole verblüfft.
»Dann kriegt es eine geschmiert, daß es wieder einschläft«, gab Zamorra burschikos zurück. Er setzte sich in Richtung Kommandobrücke in Bewegung.
Dort wimmelte es inzwischen von Schiffsoffizieren. Sie versuchten, Zamorra und Nicole abzuwimmeln. Zamorra hielt das schwarze Flugbiest mit beiden Händen wie einen Rammschutz vor sich und verschaffte sich Platz, bis er Captain Yerl erreichte.
Vor ihm ließ er das Ungeheuer fallen.
»Captain, glauben Sie im Ernst, mit lockeren Sprüchen die Passagiere beruhigen zu können? Nachdem diese Monstren das Schiff überfallen haben? Warum sie plötzlich wieder verschwunden sind, weiß keiner von uns. Wir müssen damit rechnen, daß sie jederzeit wieder auftauchen - oder noch schlimmere Bestien!«
Die Männer bildeten einen Kreis um das stinkende Biest. Zamorra kniete nieder und griff nach den Schwingenspitzen, um sie auszubreiten. Die Spannweite der Flügel betrug fast drei Meter. Noch beeindruckender waren aber die scharfen Krallen und die nadelspitzen Zähne im halb aufgerissenen Schnabel.
»Inzwischen dürfte Ihre Krankenstation übervölkert sein. Zu viele Leute waren noch draußen oder sind nach draußen gekommen, nachdem das Schiff auf Grund gelaufen ist! Hoffentlich sind es überall nur Fleischwunden, und hoffentlich sondern Klauen und Zähne kein Gift ab, das die Opfer bringt! Captain, schenken Sie den Leuten reinen Wein ein. Das ist besser als irgend welche unglaubwürdigen Beruhigungsversuche!«
»Sie sind ja verrückt!« hielt Yerl ihm vor. »Damit wird die Panik doch nur noch viel größer, Professor!«
Zamorra schüttelte den Kopf.
»Panik, Captain, entsteht durch Gerüchte! Und Gerüchte entstehen, wenn Menschen nicht wissen, woran sie in Wirklichkeit sind! Es brodelt im Schiff. Noch können Sie das Brodeln stoppen. Klären Sie die Passagiere über den Ernst der Lage auf. Beschreiben Sie dieses Ungeheuer! Geben Sie zu, daß die MONICA REGINA vorübergehend festliegt - vorübergehend! Und daß wir daran arbeiten, das Schiff wieder flottzumachen und aus diesem Alptraum wieder zu verschwinden!«
»Daran glauben Sie?« stieß Yerl hervor. »Daß wir hier noch einmal wieder wegkommen? Weiß der Teufel, wo wir sind, aber inzwischen habe ich akzeptieren müssen, daß wir im Dreieck verschwunden sind! Und von allen, die verschwanden, ist noch nie einer zurückgekommen!«
»So wird’s behauptet, und so steht es geschrieben«, warf Nicole ein. »Aber warum sollen wir nicht die ersten sein, die es
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