0379 - In der Feuerfalle
Denken. Er wollte versuchen, den Kristall so zu steuern, daß er erstens die Art der Illusionsmagie erkannte und in vergleichender Weise einstufte, und daß er zweitens die Quelle anpeilte. Dorthin mußte Zamorra, wenn er etwas erreichen wollte. Wenn er die Illusion zum Erlöschen bringen und Nicole und Ling befreien wollte.
Aber im nächsten Moment flammte rings um ihn ein Kreis aus Feuer auf. Die Flammen sprangen aus dem Sand empor, loderten rasend schnell himmelhoch empor und schlossen Zamorra zwischen sich ein.
Er war entdeckt worden!
Man reagierte auf ihn und griff ihn auf magischer Ebene an! Denn von allein wäre dieser Feuerkreis bestimmt nicht entstanden. Das konnte kein Zufall mehr sein. Es war ein gezielter Überfall.
Das hieß, daß sein Versuch, mit dem Dhyarra-Kristall seine Umgebung zu durchschauen, vom unbekannten Gegner bemerkt worden war, und der Gegner schlug jetzt zurück.
Die Flammen sind Illusion, dachte Zamorra verbissen, als der Feuerkreis sich immer enger um ihn zusammenzog und die Gluthitze jetzt noch unerträglicher wurde. Die Luft flirrte, schien zum Schneiden dicht zu sein. Erschrocken sah Zamorra, daß sich auf seinem rechten Handrücken eine Brandblase zu bilden begann.
»Es ist Illusion!« schrie er sich selbst zu. »Ein Trugbild, das man mir vorgaukelt! Es ist nicht echt! Ich muß hindurch und es dadurch zum Verlöschen bringen, indem ich es nicht akzeptiere!«
Aber das Feuer wurde immer heißer, und der Kreis immer kleiner.
Und irgendwo tief in Zamorras Unterbewußtsein keimte der böse Verdacht auf, daß dieses Feuer doch echt sein könnte…
***
Er hat mich hereingelegt! durchzuckte es Rob Tendyke im ersten Moment. Ich wußte doch, daß dem Teufel nicht zu trauen ist!
Hat den Transport noch nie erprobt und schickt uns buchstäblich in die Hölle!
Er sah sich nach Zamorra um. Von dem war nichts zu entdecken. Im glühendheißen Wüstensand gab’s hier nicht mal Fußspuren!
Tendyke rückte sich den ledernen Stetson zurecht. Der saß zwar schwer auf dem Kopf, die breite Krempe würde ihn jetzt aber vor einem Sonnenstich schützen. Der Abenteurer sah in die Runde.
Das gab’s doch nicht… eine so langgestreckte, brettflache Wüste… wenigstens ein paar Hügel, Sanddünen oder Senken hätten da sein müssen. Von einer Fata Morgana war auch nichts zu entdecken, obgleich es heiß genug war.
»Das ist nie im Leben eine normale Wüste«, murmelte der Abenteurer. »Hier stimmt was nicht.«
Er bückte sich und begann mit beiden Händen im Sand zu graben. Der Sand fühlte sich merkwürdig an, zu wenig körnig… und plötzlich fühlte Tendyke ein Pflänzchen zwischen seinen Fingern. Er rupfte es aus dem Boden, drehte es zwischen den Fingern hin und her, konnte es aber nicht sehen, obgleich er es fühlte.
»Komische Wüste, in der unter dem Sand unsichtbare Unkräuter wuchern…«
Er starrte konzentriert auf das, was er in seiner Hand hielt. Und er hatte den Eindruck, das Unsichtbare jetzt schattenhaft sehen zu können. Seine Augen - oder etwas anderes in ihm -stellten sich darauf ein.
Er betrachtete wieder den heißen Sand. Er schien jetzt halbwegs gläsern zu wirken. Und darunter war festgetretener oder auch aufgelockerter Boden, hier und da Grasbüschel oder Unkrautwucherungen…
»So ist das also«, murmelte Tendyke. Er ließ seine unsichtare Pflanze fallen und richtete sich auf. Dann drehte er sich einmal im Kreis.
Nicht weit von ihm entfernt war ein dunkler, gestreckter Schatten.
Tendyke ging darauf zu. Er verzichtete darauf, sich die Stelle zu merken, an der er hier in dieser seltsamen Landschaft, die keine war, aufgetaucht war. Er wußte, daß er sie auch so wiederfinden würde. Und möglicherweise gab es sogar einen viel besseren, einfacheren Weg zurück. Er mußte ihn nur finden.
Nach etwa einer Minute erreichte er den langgestreckten Schatten, der auch bei der Annäherung nicht deutlicher geworden war. Das aber störte Tendyke nicht. Was er erkennen konnte, hatte ihm gereicht. Allerdings kam er sich vor wie ein Halbblinder.
Er tastete nach dem Etwas.
Da war Metall. Lackiertes Metall. Eine Zierleiste, Glas…
Tendyke grinste von einem Ohr zum anderen. Er fand den Türgriff, stellte fest, wie er zu bedienen war, und zog ihn auf. Die Wagentür öffnete sich.
Draußen war das Auto nach wie vor nur ein undeutlicher Schatten. Drinnen aber, als habe Tendyke aus einem dunklen Raum heraus eine Tür ins Licht geöffnet, zeichnete sich klar und deutlich und einladend
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