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038 - Der Geistervogel

038 - Der Geistervogel

Titel: 038 - Der Geistervogel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James R. Burcette
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Martens wogte ins Zimmer. sie war eine kleine Frau, doch was ihr in der Länge fehlte, hatte sie in der Breite überreichlich. Um es respektlos zu sagen: sie war fett. Alles an ihr schwabbelte, das Kinn, der Busen und die dicken Schenkel. In der rechten Hand trug sie einen Koffer, in der linken eine Reisetasche. Sie ließ Koffer und Tasche fallen und wandte sich schnaufend an Marlies.
    „Die Rechnung“, sagte sie ungehalten. „Ich fahre. Nicht eine Minute länger bleibe ich hier. Ich fahre nach hause.“
    „Sie wollen auch abreisen?“ fragte Marlies entsetzt.
    „Allerdings, will noch jemand abreisen?“
    „Ja“, sagte Ziegler. „Wir alle. Darf ich Sie fragen, weshalb Sie von der Insel fort wollen?“
    Frau Martens zwängte sich zwischen den Tischreihen hindurch. „Sie dürfen“, sagte sie. „Ich kann nicht schlafen.
    Heute war es besonders arg, ein weißer Vogel verkrallte sich in meinem Haar und hackte mir die Augen aus.“
    „So wie bei mir“, sagte Frau Gervais.
    „Wir haben, so scheint es, alle den gleichen Traum gehabt“, sagte Zimmermann, „mit Ausnahme von meiner Frau, die nichts geträumt hat.“
    „Aber bei mir kam noch etwas dazu“, sagte die dicke Martens lautstark. „Der Riesenvogel sagte mir, daß ich sterben müsse, wenn ich nicht augenblicklich die Insel verlasse!“
    Alle schrien durcheinander, auch einige der anderen hatten diese Warnung erhalten.
    Marlies Petersen versuchte vergeblich die Gäste zum Bleiben zu überreden, nach wenigen Minuten gab sie es auf, es war hoffnungslos. Mißmutig stellte sie die Rechnungen zusammen, kassierte und sah den Gästen nach, als sie gemeinsam das Haus verließen und zum Fährschiff gingen.
    Aber nicht nur Petersens Gäste verließen die Insel. Alle Gäste brachen fluchtartig auf.
     

     

Nach elf Uhr war nicht ein einziger Fremder mehr auf der Insel.
    Kurz vor zwölf Uhr betrat Jan Hansen die Gaststube und wunderte sich, daß sie leer war. Nur Fritjof Petersen stand hinter dem Tresen. Sonst war er immer fröhlich, doch heute blickte er Jan finster entgegen und nickte nur auf seinen freundlichen Gruß.
    „Was ist denn hier los?“ fragte Jan und wies auf die leeren Tische.
    Petersen sagte verbittert: „Alle Gäste sind heute abgefahren. Und das am 11. August. Schön langsam glaube ich auch daran, daß unsere Insel verflucht ist.“ Jan blieb vor der Theke stehen. „Sie meinen diese Träume?“
    Petersen nickte. „Das geht nicht mit rechten Dingen zu.
    Hast du auch die Alpträume?“
    Jan schüttelte den Kopf. „Nein“, sagte er. „Sie?“
    „Ja, ich und Haike. Meine Frau hat sie seltsamerweise nicht.
    Hast du dafür eine Erklärung, Jan?“
    „Nein. Anfangs glaubte ich an eine Massenhysterie, aber das kann man jetzt wohl ausschließen. Ich finde keine Erklärung dafür. Und ich kann mir jetzt gut denken, daß die wildesten Gerüchte entstehen werden.“
    Petersen stieß ein freudloses Lachen aus. „Entstehen werden?“ sagte er grimmig. „Sie sind schon da. Und wer.
    glaubst du, ist der Urheber der Träume?“
    „Ich kann es mir denken“, sagte Jan. „Ich wahrscheinlich.“
    „Genau“, sagte Petersen. „Gestern wurden die ersten Stimmen laut die behaupteten, daß du an allem schuld seiest.“
    „Ich kann mir einfach nicht verstellen, wer so einen Unsinn behaupten kann.“
    „Es wird aber behauptet. Und das Ganze klingt für manche Ohren recht überzeugend. Sie sagen, daß es kurz nach deiner Ankunft zu regnen begonnen hatte, und dann setzten die Alpträume ein. Immer geschieht etwas, wenn du dich auf der Insel aufhältst. Sie wollen dich vertreiben.“
    „Und glauben Sie diesen Blödsinn, Herr Petersen?“ Der Wirt schwieg und polierte seine Gläser weiter. Dann räusperte er sich. „Natürlich glaube ich nicht daran“, sagte er lahm. „Aber es wäre mir lieber, du würdest Haike nicht so oft sehen. Du mußt verstehen, die Leute sehen das nicht gern, die reden darüber und das ist schlecht für …“ Er brach ab und sah verlegen zur Seite.
    Jans Gesicht war angespannt. „Schlecht für’s Geschäft, was?“ fragte er leise. „Das hätte ich nie von Ihnen erwartet, Herr Petersen. Auch Sie lassen sich von dummen Gerüchten anstecken!“
    „Du mußt mich verstehen, Jan“, sagte Peterson unglücklich.
    „Ich glaube ja nicht daran, aber es wird so vieles geredet, zum Beispiel sollst du …“
    „Was soll ich?“
    „Hm, na ja, es ist so, die Leute … ja, sie sagen, du hättest Haike verhext, und deshalb sei sie in

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