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0381 - Die schwebenden Leichen von Prag

0381 - Die schwebenden Leichen von Prag

Titel: 0381 - Die schwebenden Leichen von Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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daß der andere keine Unterhaltung wollte.
    Niemand störte die beiden. Es war eine ruhige, verlassene, beinahe unheimliche Gegend. Am Tage hielten sich hier Spaziergänger auf. Die Wälder um Prag waren ein Paradies für Erholungssuchende. In der Nacht aber schlief alles.
    Hin und wieder fuhr ein Windstoß von den Hügeln herab, fanden seinen Weg durch den Wald und ließ die Blätter der zahlreichen Zweige und Äste gegeneinander rascheln.
    Es kam dem Studenten so vor, als würden ihm geheimnisvolle Stimmen etwas zuraunen. Eine Warnung vielleicht. Die Geister der Natur standen auf seiner Seite und nicht auf der des düsteren Mannes neben dem Karren, der gerade die Plane von dem Wagen entfernte.
    Das Knattern des harten Stoffs durchbrach die Stille, als der Mann die Plane fortzurrte, um sie anschließend zusammenzufalten.
    Dann erst schaute er nach.
    Der Student stand mit zu Fäusten geballten Händen da und schaute dem anderen zu. Dessen zeitlupenhafte Bewegungen reizten ihn, zudem sagte dieser Petar nichts, er schaute nur und nickte zufrieden, bis er damit begann, die erste Leiche abzuladen.
    Er reagierte wie ein Prüfer, der sich genau über die Beschaffenheit eines Gegenstandes erkundigen will.
    Es war der Tote mit der Glatze, unter dessen Achselhöhlen Kopanek seine Hände gelegt hatte. Der Tote hing wie eine Puppe in seinem Griff. Die Arme schaukelten, der Kopf fiel zur Seite. Der Wind spielte mit dem weiten Stoff des Totenhemdes wie mit einer Fahne.
    Thomas ging einen Schritt näher. »Sind Sie zufrieden mit meiner Arbeit?«
    »Bis jetzt ja.«
    »Und sonst?«
    »Warte es ab.«
    Dieser Kopanek hat eine unangenehme Stimme, dachte Thomas.
    Schon beim ersten Kontakt war ihm dies aufgefallen, doch bisher hatte es ihn nicht gestört. Die Stimme klang so unehrlich rauh.
    Der Student suchte nach seinen Zigaretten. Es war eine ausländische Marke. Zwei Stäbchen befanden sich noch in der Packung.
    Die Finger zitterten, als er das erste hervorholte und es sich zwischen die Lippen steckte. Er wollte zum Feuerzeug greifen, als Kopanek, ohne sich umzudrehen, durch die Zähne einen Befehl zischte.
    »Laß es sein!«
    Thomas erschrak. Damit hatte er nicht gerechnet. Dieser Kerl schien am Rücken Augen zu haben. Widerstand keimte in ihm hoch.
    »Weshalb willst du mir das Rauchen verbieten?«
    »Man raucht nicht im Wald!«
    Der Student wollte lachen, das allerdings gefror ihm auf den Lippen. Es gab auch keinen Grund zur Heiterkeit. Dieser Wald war ihm durch das Herankarren der Leichen unheimlich geworden. Jeden Baum empfand er als eine Bedrohung gegen sich selbst. Zwischen den Stämmen lagen die Schatten dicht wie eine dicke Wand, aus der jeden Augenblick das Unheil hervorstoßen und zuschlagen konnte.
    Petar Kopanek legte den Toten wieder zurück, um sich der nächsten Leiche zuzuwenden. Auch sie wurde von ihm genau geprüft, und er nickte wiederum zufrieden, weil alles nach seinen Vorstellungen gelaufen war.
    Auch mit der dritten Leiche gab es keine Schwierigkeiten. Thomas wäre längst davongelaufen, hätte er nicht noch die zweite Hälfte des Salärs zu bekommen. So saß er da und wartete ab, wie sich die Dinge weiter entwickeln würden.
    »Es ist in Ordnung«, sagte der Mann im langen Mantel.
    »Kann ich jetzt mein Geld haben?«
    Kopanek lachte leise, was dem ewigen Studenten überhaupt nicht gefiel. Thomas hatte plötzlich das Gefühl, genarrt zu werden. Das Blut schoß ihm in den Kopf, als er einen Schritt auf seinen Jobgeber zuging und diesen hart anfuhr. »Hören Sie zu! Ich habe meinen Auftrag erfüllt. Und nicht nur das, Meister. Ich bin volles Risiko eingegangen, ich will deshalb mein Geld haben.«
    »Du sollst deine Belohnung bekommen!«
    »Das will ich auch meinen.« Thomas streckte die Rechte aus. Er traute sich durchaus zu, den anderen niederzuschlagen und zu verschwinden. Dann sollte der doch sehen…
    Noch immer hatte er kaum etwas von Kopaneks Gesicht gesehen.
    Es blieb weiterhin im Schatten der Hutkrempe, und als er sich bückte, sah es so aus, als wollte er vor dem Studenten knien.
    Dabei griff er nur in die Tasche seines langen Umhangs, in dem auch das Geld steckte.
    »Hier ist es!«
    Kopanek kam hoch. Er hielt etwas in der Hand. Thomas hatte sich darauf konzentriert, den Geldschein zu sehen, er sah auch etwas blitzen, aber das war kein Papier, sondern Stahl.
    Eine Messerklinge!
    Ihm wurde es klar. Die Zeitspanne dauerte vielleicht zwei, drei Sekunden, und das war einfach zu lange. Kopanek nutzte sie

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