0384 - Im Land des Satans
abzuwarten«, erwiderte sie. »In solchen Fällen weiß ich mich zu wehren.«
»Was du bewiesen hast, als sie dich gefangennahmen und einsperrten, wie?«
Teri starrte ihn wütend an. Das Mondlicht reichte aus, zumindest sein Äußeres zu erkennen. Er war jung; sie schätzte ihn auf höchstens neunzehn oder zwanzig Jahre. Er war ziemlich elegant und kostbar gekleidet; ein krasser Gegensatz zu den Dorfbewohnern in der Schänke und zu Olson und seinen Männern. Die teure Kleidung diAstardos hatte dem Anschein nach bei der wilden Flucht keinen Schaden gelitten. Er trug kniehohe Stulpenstiefel, ein ledernes Beinkleid und ein besticktes Samtwams. Seine Hände wurden von ledernen Handschuhen, ebenfalls mit Stulpen, geschützt. In einer Scheide steckte ein Gladius, ein römisches Kurzschwert, und in einer anderen der Mörderdolch. DiAstardo war schlank, hochgewachsen und trug einen schmalen Oberlippenbart; das schwarze Haar fiel ihm bis auf die Schultern. Teri hätte den Mann durchaus attraktiv finden können, wenn er nicht so bedenkenlos mit seinem Dolch umgegangen wäre.
Noch weniger gefiel ihr, daß sie den Sklaven hatte zurücklassen müssen. Wahrscheinlich würden sie ihn finden und bestrafen, dafür, daß er Teri hatte entkommen lassen. Aber sie war allein nicht in der Lage gewesen, den schweren Mann mitzuschleppen, und sie hatte auch den Anschluß an diAstardo nicht verlieren wollen. Sie war nun zwar frei, mit ihrer Lage aber unzufrieden.
»Und was willst du nun wirklich von mir?« fragte sie. »Aus reiner Menschenfreundlichkeit hast du mir bestimmt nicht geholfen. Was ist an mir so interessant für dich?«
Ihre Blicke trafen sich. Sie glaubte in seinen Augen zu versinken, in einem schwarzen Feuer, dessen Flammen sie einhüllten und beschirmten. Sicherheit, Ruhe… sie wurde müde. »Willst du das wirklich heute abend noch wissen?« hörte sie diAstardos Stimme wie aus weiter Ferne.
Nein, sie wollte es nicht…
Vorsicht! Er hypnotisiert dich! Er besitzt magische Kräfte! schrie warnend etwas in der Tiefe ihres Unterbewußtseins. Aber diese warnende Stimme kam nicht mehr durch.
»Nein…«, murmelte sie müde.
Und schlief ein.
***
Der Zauberer hatte mitgehört, daß die Gefangene entflohen war. Als es ihm geraten erschien, verließ er ebenfalls die Schänke. Die Suchtrupps schwärmten durch das ganze Dorf und die Umgebung. Der Zauberer selbst suchte den Ort der Auseinandersetzung auf. Die beiden Toten waren fortgebracht worden. Der Zauberer blieb ruhig an diesem Ort des Todes stehen und überlegte. Er ließ die Szenerie auf sich wirken. Er versuchte, sich in die Gedanken des Mädchens und seines Helfers zu versetzen. Er war sicher, daß eine dritte Person ihre Hände im Spiel hatte. Der Sklave wäre nie von sich aus auf die Idee gekommen, sich gegen seine Herren zu stellen. Er hatte nur eine günstige Gelegenheit zur Flucht genutzt. Eine Flucht, die aber nicht lange währen würde. Der Zauberer war sicher, daß sie den Neger bald wieder einfangen würden. Die Sklavenjäger konnten es sich überhaupt nicht leisten, ihn entkommen zu lassen.
Und falls er es wirklich schaffte, würden sie alle Zeugen ihres Versagens niedermachen. Sie hatten einen Ruf zu verlieren, -und das ließen sie nicht zu. Sie würden das Dorf niederbrennen. In diesem Fall ging es auch ihm an den Kragen. Auch er war Zeuge dieses Vorfalles.
Auch ihm mußte also daran gelegen sein, daß sie den Sklaven wieder fingen.
Der Zauberer dachte nach. Er versuchte sich vorzustellen, wie die Flucht der Gefangenen sich abgespielt hatte, wohin sie sich gewandt haben konnte.
Es gab zwei Möglichkeiten. Ein Versteck im Dorf schied aus. Sie mußte wissen, daß die Häscher keinen Winkel, keinen Keller, kein Dach auslassen würden. Es blieb nur die andere Möglichkeit: hinaus, zum Fluß, der die Spuren verwischte. Sie würde versuchen auf die andere Seite zu kommen.
Niemand sieht mich, niemand erkennt mich. Der Zauberer verschwamm mit seiner Umgebung. Die Nacht begüngstigte seine schwache Magie, die auf Illusion beruhte. Mit relativ wenig Aufwand bewegte er sich ungesehen davon, dem Fluß entgegen.
Aber er fand die Spur des Mädchens in dieser Nacht nicht mehr.
***
In Rom war es im Ristorante »Gladiator« nicht bei einem Schoppen Wein geblieben; es wurden deren mehrere. Ein Taxi brachte Zamorra und Ted Ewigk ins Hotel; ein zweiter Taxi-Fahrer lieferte wenig später den Mercedes ab, dessen Parkplatz-Standort Ted dem Mann vorher noch beschrieben
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