0386 - Der Tod des Höllenfürsten
doch so klein, und sie begegnete immer wieder nur denselben Menschen: Wang Lee, den sie liebte, und Sid Amos, der ihr nicht so recht geheuer war. Daheim, in San Franciscos Chinatown, pulsierte das Leben. Dort war zwar Großstadt, aber sie konnte jederzeit an den Strand hinaus oder in die Einsamkeit des Hinterlandes…
Hier gab’s das nicht.
Plötzlich stockte ihr Schritt. Sie hörte Geräusche, die nicht hierher paßten. Sie hörte bloß Füße über den harten Korridorboden tappen…
Da stimmt etwas nicht. Unwillkürlich glitt sie in eine Nische und spähte vorsichtig in die Richtung der Gangkreuzung, von der sie die Schritte hörte.
Im nächsten Moment zuckte sie zurück.
Quer über die Gangkreuzung huschte eine unbekleidete Frauengestalt mit silberblondem Haar.
Sara Moon!
Aber das war doch unmöglich! Die lag doch im Tiefschlaf und war noch dazu hinter magischen Sperrschirmen eingeschlossen. Sie konnte einfach nicht hier über den Quergang laufen.
Aber Su Ling war sicher, daß sie keiner Halluzination erlegen war. Sie hatte Sara Moon eindeutig gesehen, diese Teufelsdruidin, die sie seinerzeit zu einer Art magischen Bombe gemacht hatte, mit der Caermardhin zerstört werden sollte! Für diese teuflische Grausamkeit haßte Su Ling Merlins Tochter.
Die Schritte entfernten sich.
Su Ling glitt aus ihrer Nische hervor. Sie bemühte sich, so wenig Geräusche wie möglich zu machen, als sie auf die Gangkreuzung zueilte. Sie wollte Sara Moon folgen. Sie mußte wissen, was da geschehen war. Und wenn sie es wußte, mußte sie Sid Amos alarmieren.
Sie spürte das Nahen drohenden Unheils…
***
Wer die Wege kennt, die die Gefilde der Schwefelklüfte einem Spinnennetz gleich durchziehen, wer weiß, wie er sich bewegen muß, für den schrumpfen die Entfernungen zu einem Nichts zusammen, während der Unkundige Wochen, Monate unterwegs sein kann, ohne sein Ziel zu erreichen.
Der Irrwisch erschien vor dem Knochenthron des Fürsten der Finsternis. »Was willst du?« fuhr Leonardo de-Montagne ihn ungehalten an. »Wie kannst du es wagen, mich ungebeten zu stören?«
Der Irrwisch verneigte sich tief. »Gert«, winselte er, »die Botschaft, die ich Euch bringe, wird euch sehr interessieren.« Und er berichtete von seiner Beobachtung.
In der Tat - das interessierte Leonardo deMontagne brennend. Zwar waren nur Namen von Drittpersonen genannt worden, aber aus der Beschreibung ging eindeutig hervor, daß einer der beiden Eindringlinge Zamorra war. Lenardos Erzfeind! Der andere schien Ted Ewigk zu sein.
»Sie suchen also zwei Wesen, um sie zu befreien«, sann der Dämon. »Reek Norr und Choash… die Namen sind mir fremd. Ich will wissen, was das für Wesen sind und wie sie hierher kamen. Kümmere dich darum, Irrwisch. Und beschreibe mir noch einmal ganz genau, wo die Ankunftstelle der beiden Menschen ist.«
Der Irrwisch gehorchte.
Leonardo deMontagne grinste. Er befahl einem Dutzend seiner Skelett-Krieger, sich an Ort uns Stelle zu begeben und die Markierung ohne Rücksicht auf Verluste zu bergen. »Schneid notfalls den ganzen Fels heraus. Und leg eine Spur - die hierher führt, in meinen Thronsaal. Hierher soll der Weg Zamorra und seine Begleiter führen, und hier werde ich beide töten, wenn sie glauben, in die Menschenwelt zurück fliehen zu können.«
Die Skelett-Krieger setzten sich in Marsch, um den Willen ihres Herrn auszuführen. Derweil grübelte Leonardo deMontagne darüber nach, wer Reek Norr und Choash sein mochten.
Und wer hatte sie hierher entführt, und aus welchem Grund? Hier ging etwas vor, über das man ihn scheinbar bewußt nicht informiert hatte.
Das durfte er sich nicht bieten lassen. Wer immer dafür verantwortlich war, würde den Zorn des Fürsten der Finsternis zu spüren bekommen.
Leonardo deMontagne entsandte weitere Irrwische, die für ihn spionieren sollten. Dann nahm er sich des Amuletts an, das Zamorra bei sich trug - und schaltete es mit einem Gedankenbefehl ab!
***
Bald schon teilte sich der Gang, den Zamorra und Ted Ewigk benutzten, weiter auf. Insgesamt vier Möglichkeiten hatten sie zur Auswahl, sich weiter fortzubewegen. Zamorra überlegte. Auf Richtungen konnte er sich hier nicht unbedingt verlassen. Abgesehen davon, daß sie in den Höllensphären ohnehin nicht immer stimmten, hatte der Gang so viele Windungen, daß der Professor trotz seines eigentlich hervorragenden Gefühls für Himmelsrichtungen längst nicht mehr wußte, ob sie sich noch nordwärts oder südwärts oder in
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