0388 - Der Tote mit meinem Gesicht
mit der Pistole. »Mach das Licht an, Peter!« rief ich Netti zu, der zurückgeblieben war.
Wir setzten uns in Bewegung. Voran ging der Unbekannte, dem ich die Pistolenmündung in den Rücken preßte. Neben mir, wie ein bissiger Wachhund, trabte Massa. Er grunzte mehrmals vor Zufriedenheit über seinen Fang.
Fast gleichzeitig betraten wir das Kaminzimmer, das jetzt hell erleuchtet war.
Netti hatte sich hinter dem Tisch in Sicherheit gebracht. Die Stirn war gerunzelt.' Es sollte böse aussehen, wirkte aber nur unmutig. Netti war eben ein sanfter Typ.
Ich blieb stehen. Massa schloß die Terrassentür hinter uns. Der Unbekannte, der einen olivgrünen, etwas abgewetzten Sommeranzug trug, drehte sich langsam um und blickte mich flehentlich an.
Für drei oder vier Sekunden war es totenstill im Zimmer.
Dann stieß Massa zischend die Luft durch die Zähne, dehnte das Zischen so lang aus, das es fast eine Zumutung für normale Nerven war, und sagte schließlich: »Das ist der Kerl, der vor drei Wochen in der Zeitung abgebildet war. Den Kerl sucht das FBI. Das ist dieser… na, der Kerl, der den Chemiker umgebracht hat. Der…«
»Chas Korman heißt er«, ließ sich Netti vernehmen. »Ich hab‘ mir den Namen gemerkt. Korman! Chas Korman!«
»Richtig!« Massa klatschte in die Hände. »Donnerwetter, da haben wir einen tollen Fang gemacht.«
Der Mann, den sie Chas Korman nannten, hatte kein Wort gesagt und nicht mit der Wimper gezuckt. Er stand völlig reglos und blickte mich starr an. Irgendwie war sein Blick vorwurfsvoll. — Das linke Auge, auf das ihn Massas Faust getroffen haben mußte, begann anzuschwellen. Die Haut war gerötet.
Korman war eine auffällige Erscheinung. Er hatte brandrotes, kurzgeschorenes Haar. Die Augenbrauen waren dick und buschig. Das Gesicht hatte einen sympathischen Zug. Schmale gerade Nase, schmaler Mund, graue Augen und ein paar Sommersprossen, die so vereinzelt waren, daß man sie kaum wahrnahm.
»Hallo, Bob«, sagte er jetzt.
Massa und Netti blickten mich erstaunt an.
»Kennst du den Kerl etwa?« Massa legte die Stirn in Falten und sah sofort wie eine wütende Bulldogge aus.
Ich grinste verlegen, öffnete den Mund, klappte ihn wieder zu, so, als hätte ich mir eine andere Antwort überlegt, öffnete ihn wieder und sagte: »Ja.«
»Du kennst Korman?« Massa war völlig verblüfft.
»Das ist mein Freund«, erwiderte ich entschlossen. »Er heißt nicht Korman, sondern Ralph Quaid.«
»Unsinn.« Massa blickte mich tückisch an. »Ich kann meinen Augen trauen. Und ich habe ein gutes Personengedächtnis. Ich sage dir, das ist der Kerl, den sie vor etwa drei Wochen in den Zeitungen abgebildet haben. Er heißt Chas Korman und ist ein Mörder.«
Ich grinste und wandte mich an den Rothaarigen. »Hast du inzwischen jemand umgebracht, Ralph?«
Er schüttelte den Kopf, betastete sein Auge und meinte: »Im allgemeinen werde ich bei dir freundlicher empfangen, Bob. Zumindest war das in New York der Fall. Ich hoffe nicht, daß du dich so verändert hast, seit du hier bist. Wer sind die Leute?«
»Freunde« — Ich machte eine vage Geste und knurrte dabei: »Darf ich vorstellen: Harry Massa, Peter Netti, Ralph Quaid.«
Eisiges Schweigen herrschte für die Dauer einiger Atemzüge. Dann wandte sich Massa an Netti: »Komm, wir gehen, Peter!«
»Was ist denn bloß in dich gefahren, Harry?« fragte ich und hielt den bulligen Mann am Arm zurück. »Wie kommst du nur darauf, daß mein Bekannter ein, Mörder sei?«
»Hat er sich nicht im Garten versteckt — wie ein--ein Mörder.«
»Wieso?« fragte ich harmlos. »Verstecken sich Mörder im Garten?«
»Blödsinn!« Massa wurde unwillig und schüttelte meinen Arm ab. »Er hat sich höchst verdächtig benommen.«
Der Rothaarige schaltete sich ein. »Ich wollte mir einen Spaß erlauben. Deshalb habe ich mich hinter dem Strauch versteckt. Ich konnte nicht ahnen, daß Sie wie ein Nilpferd durch den Garten rasen und mich niederschlagen.«
»Natürlich, es war ein Spaß«, sagte ich lahm. »Ralph und ich machen immer solche Späße. Es ist gar nichts dabei. Aber, mit wem verwechselt ihr Ralph denn eigentlich? Ich kenne keinen Korman.«
»Es stand in der Zeitung, Der da«, Massa zeigte unbeirrt auf den Rothaarigen, »ist — oder vielmehr war der Assistent eines Chemikers. Den Chemiker hat er ermordet, das Laboratorium in die Luft gesprengt und die Pläne über den Treibstoff entwendet.«
Ich brach in schallendes Gelächter aus. »Was? Das meint
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