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039 - Der Griff aus dem Nichts

039 - Der Griff aus dem Nichts

Titel: 039 - Der Griff aus dem Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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zurückgelegt hatten.
    Das Gelände war ziemlich eintönig. Links und rechts von der schmalen Privatstraße erhoben sich schroffe Sandsteinwände, und dann tat sich links von ihnen ein Abgrund auf, an dessen Rand sich die Straße dahinschlängelte. Die Vegetation war alles andere denn üppig. Nirgends war eine Spur von Leben zu sehen. Das letzte Haus war eine alte Holzbaracke am Anfang des Canyons, die noch aus der Pionierzeit Amerikas stammen mochte.
    Dorian griff sich unter die Achsel, holte die Beretta aus dem Schulterhalfter und überprüfte das Magazin. Es war geladen. Er steckte die Waffe zurück.
    Rudolpho hatte ihn beobachtet. Ohne seine Aufmerksamkeit von der Straße abzulenken, hob er sein über der linken Brustseite leicht gebauschtes Jackett, so daß Dorians Blick auf eine schwere Armeepistole fiel, die er unter der Achsel trug.
    Sie grinsten sich an. Damit war das Eis zwischen ihnen gebrochen. „Ich hoffe, daß wir die Dinger nicht brauchen“, sagte Dorian. „Mein Waffenschein gilt nämlich nicht für die Staaten, und ich würde riskieren, daß man mich des Landes verweist.“
    „Das wäre bedauerlich, Sir“, sagte Rudolpho, „aber sorgen Sie sich nicht. Ich habe einen Waffenschein, der gültig ist.“
    Die Straße zweigte von der Schlucht ab, und sie kamen in ein breites Tal, das von Sträuchern und vereinzelten Eukalyptusbäumen bewachsen war.
    „Was wissen Sie über das Sanatorium, Rudolpho?“ fragte Dorian.
    „Bestimmt weniger als Sie, Sir. Ich weiß nur, daß die Besitzer es nach Dr. Fullers Abreise schließen ließen und daß es jetzt von irgendwelchen Leuten verwaltet wird. Meines Wissens wurde es jedoch nicht zum Verkauf ausgeschrieben. Da sind wir schon!“
    Vor ihnen spannte sich eine drei Meter hohe Ziegelmauer quer durch das Tal. Das Licht der Sonne reflektierte sich in den Glassplittern, die im oberen Mauerrand einbetoniert waren. Ein engmaschiger Elektrozaun sicherte die Mauer noch zusätzlich ab.
    „Wer sich so verschanzt, hat bestimmt viel zu verbergen“, sagte Dorian.
    Rudolpho hob nur die Schultern. Er drosselte die Geschwindigkeit und steuerte den Imperial durch das offen stehende Tor. Sie kamen in einen gepflegten Park. Links lagen Garagen, rechts war zwischen den exotischen Gebüschen ein Glashaus zu sehen.
    Rudolpho umrundete einen künstlichen Teich mit einem Springbrunnen, der jedoch nicht in Betrieb war. Steinerne Fabelwesen hockten mit aufgerissenen Mäulern um den Teich. Dahinter lag das Sanatorium. Es war eine Mischung aus einer mittelalterlichen Burg, einem Krematorium und dem Palast eines arabischen Ölscheichs.
    Das Gebäude war an der Flanke terrassenförmig angelegt, fensterlos und kubusartig ineinander verschachtelt. Entweder war der Architekt, der dieses Bauwerk entwarf, schon von Anfang an schizophren gewesen, oder er war erst während des Baues wahnsinnig geworden. Eine andere Alternative kam für Dorian nicht in Frage. Aber etwas fiel ihm besonders auf. Er sah im Park einen Gärtner, der die Hecken stutzte, und auch das Bauwerk wirkte gepflegt und strahlte immer noch die Hygiene eines Krankenhauses aus.
    Wer legte auf die Pflege des Parks und der Anlagen solchen Wert, wenn das Sanatorium nicht mehr in Betrieb war?
    Dorian stieg aus, und Rudolpho folgte ihm das halbe Dutzend Stufen zum Hauptportal hinauf. Durch die Glasfront sah Dorian in eine ganz in Schwarz gehaltene Empfangshalle. An den schwarzen Wänden bildeten nur sparsam eingesetzte weiße Flächen – erinnernd an Bilderrahmen und Leuchten aus Milchglas – angenehme Akzente. Das Empfangspult und der Teppich waren ebenfalls pechschwarz.
    Schwarzgekleidet war auch der große, schlanke Mann, der ihnen aus der Empfangshalle entgegenblickte. Seine Augen lagen in seinem Knochenschädel tief in den Höhlen. Seine Miene war so unbewegt wie die von Harold Lloyd, aber sein Aussehen entsprach mehr dem von Boris Karloff als Frankenstein.
    Dorian griff entschlossen nach der Glastür. Sie ging vor ihm wie von Geisterhand bewegt auf. Er trat ein, Rudolpho folgte ihm lautlos.
    „Was kann ich für Sie tun?“ fragte der Mann in Schwarz, ohne die Lippen zu bewegen. Er hatte die Hände auf dem Rücken verschränkt.
    Als Dorian vor ihm stand, stellte er fest, daß der Schwarze nicht nur groß wirkte, sondern auch um gut zehn Zentimeter größer war als er selbst, also an die zwei Meter maß.
    „Mein Name ist Dorian Hunter“, stellte sich Dorian vor. „Ich hätte gern den Verwalter des Sanatoriums

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