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039 - Vor der Tür stand Frankenstein

039 - Vor der Tür stand Frankenstein

Titel: 039 - Vor der Tür stand Frankenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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hielt. Er ist geflohen. Sie verfolgen ihn ...« rief der Polizist
außer Atem.
    Ein Schuss hallte durch die Nacht.
    Sofort stürzte der Kommissar die Treppen hinunter und hörte Stimmen aus der
Richtung des Waldes. Kurze Zeit später erklang ein zweiter Schuss, und er war
überzeugt, dass sie auf Jean Dumont gestoßen waren.
     
    ●
     
    Eine kräftige Gestalt löste sich aus dem Schatten des abseits stehenden
Hauses. Im Mondlicht war das pockenübersäte, hässliche Gesicht deutlich zu
sehen.
    Dieser Mann war – Jean Dumont!
    Er war lange Zeit gerannt. Immer wieder warf er einen Blick zurück, als
fürchte er, dass sie noch hinter ihm wären. Doch sie hatten seine Spur
verloren. Seine zitternden Hände, eigenartig aufgequollen und wie von einem
zähflüssigen Schleim bedeckt, wischten über sein Gesicht.
    Er dachte daran, weshalb er auf seinen Hof gekommen war. Der Hunger hatte
ihn getrieben. Doch noch bevor er in den Stall eindrang, geschah es. Fremde
tauchten plötzlich auf. Zwei, drei Männer. Sie waren klein – es waren Chinesen.
Sie hatten ihn, wie ein selten kostbares Tier, in ein Netz treiben wollen. Doch
er war ihnen entkommen und hatte sich im Wald versteckt. Er sah sie
vorbeirennen, und dann, als sie nicht mehr zu sehen waren – entfernte er sich
in entgegengesetzter Richtung.
    Was hatte er auf dem Hof gewollt?
    In seine verworrenen Überlegungen mischte sich das Bild eines schönen
Mädchens. Nicole – etwas in seiner Erinnerung sagte ihm, dass er mit ihr
zusammen gewesen war. Wut und Hass erfüllten ihn. Sie hatte ihn im Stich
gelassen. Er hatte sie auf dem Hof nicht mehr gefunden. Sie hatte die Fremden
geschickt, die er eben noch fürchtete. Aber jetzt war er bereit zu kämpfen.
    Jean Dumont war ein anderer, ein neuer Mensch geworden.
    Ungesehen ging er durch die nächtliche Straße und drehte sich nicht mehr
um. Sein Körper stand unter einer sensitiven Spannung. Er fürchtete die Männer
nicht mehr, die ihm aufgelauert hatten. Ein neues Gefühl ergriff Besitz von ihm
– Zerstörungswillen und Mordlust. Er erreichte ein Stadium, zu dem er vor einer
guten Stunde noch nicht fähig gewesen war. Seine Hände öffneten und schlossen
sich in innerer Erregung. Ein entsetzliches Hungergefühl, wie er es niemals
zuvor gekannt hatte, ergriff ihn. Er kletterte über eine Ziegelsteinmauer und
starrte in einen finsteren Hinterhof. Es roch nach Vieh und Unrat. Im Stall scharrten
die Pferde mit den Hufen, ein Hofhund riss an seiner Kette. Bevor er zu bellen
anfing, war Jean Dumont schon vor der Hütte. Alles ging so schnell, dass das
Jaulen des Hundes nicht einmal im Nebenhaus gehört wurde. Wie Stahlklammern
bogen sich Dumonts Finger um den Hals des Schäferhundes. Sein Druck war so
gewaltig, dass seine Fingernägel die Haut des Tieres aufrissen und Blut über
seine Finger quoll.
    Der Hund starb unter seinen Händen.
    Dumonts Gesicht war zu einer grässlichen Fratze verzerrt. Töten – töten –
hämmerte es in seinen Schläfen. Er verhielt sich wie ein Wahnsinniger und
wusste nicht mehr, was er tat.
    Mit einem Gurgeln registrierte er, dass in der obersten Etage des
Fachwerkhauses Licht angeknipst wurde. Silhouettenhaft zeichnete sich hinter
dem kleinen Fenster die halb bekleidete Gestalt einer jungen Frau ab. Er wich
zurück und presste seinen Rücken gegen die Mauer.
    »Der Hund – da war etwas«, hörte er eine leise Stimme, die zu jemand im
Zimmer hinten sprach.
    Dumonts aufgequollene Lippen zuckten. Die Umrisse der Gestalt erinnerten
ihn an Nicole. Allerdings war ihr Körper zierlicher, beweglicher, schmaler.
    »Ich seh mal nach!«, vernahm er erneut eine Männerstimme. Er betrachtete
seine blutverschmierten Hände, zog sich weiter zurück, schlich geduckt unter
den Durchlass und erreichte den angrenzenden Hof.
    Im Schutz der Dunkelheit erreichte er das Dorfwirtshaus. Die Fenster
standen weit offen, der Gastraum war gut besucht. Wenn Nicole nicht auf dem Hof
draußen war, dann würde sie sich hier aufhalten. Auch Dumont war schon oft hier
gewesen, hatte Bier getrunken, mit den Bauern und Knechten gezecht, gescherzt
und Karten gespielt.
    Über den Hintereingang betrat er das Haus. Ein schmaler, schwach
erleuchteter Gang lag vor ihm, der Treppenaufgang – links davor der Eingang zu
den Toiletten. Die Tür war nicht verschlossen.
    Bevor er jedoch die ersten Stufen erreichte, ereignete sich ein
unvorhergesehener Zwischenfall.
    Die Tür zur Gaststube öffnete sich. Ein Betrunkener torkelte, vor

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