039 - Wolfsnacht
hinter ihr her gewesen, und sie hatte bei uns Zuflucht gesucht. [2] Es war ergreifend gewesen, dabei zuzusehen, wie zwischen Lance und Oda die Liebe erwachte. Ein Mensch und eine weiße Hexe. Eine Verbindung, die es eigentlich nicht geben sollte – bei diesen beiden funktionierte sie. Es war eine beispielhafte, großartige Partnerschaft.
Und nun…
Wie aufgebahrt lag Lance Selby im Bett. Ich hatte einen verdammten Druck auf der Brust, als ich meinen Freund ansah. In Odas Augen glänzten Tränen.
»Ich kann euch nicht sagen, wie sehr ich diesen Mortimer Kull hasse«, preßte sie heiser hervor.
»Armer Lance«, sagte Vladek Rodensky. »Wenn ich denke, was für ein lebensfroher, lustiger Mensch er immer gewesen ist, und wenn ich ihn jetzt hier so teilnahmslos liegen sehe, geht mir die Galle über.«
Es gab eine Parallele: Fystanat, der Mann aus der Welt des Guten.
Er war auf die Erde gekommen, um sich Daryl Crennas »Weißem Kreis« anzuschließen. Doch die Gegenseite hatte davon Wind bekommen und blitzschnell geschaltet.
Man schickte ein Empfangskomitee los – die Zauberin Arma und ihren ständigen Begleiter Metal, einen Dämon aus der Silberwelt, der auch Mr. Silver entstammte.
Metal und Arma fingen Fystanat ab, ließen ihn nicht zum »Weißen Kreis« stoßen und hatten vor, ihn im Sarg der tausend Tode qualvoll sterben zu lassen. [3]
Es gelang uns, das zu verhindern, doch die von Arma geschaffenen magischen Ratten lähmten Fystanat – und gelähmt war er immer noch, nach so vielen Monaten, die seit diesem Kampf, der Arma das Leben kostete, als sie in den gefährlichen Silbersarg fiel, vergangen waren.
Bisher wußte noch keiner von uns, wie man Fystanat helfen konnte. Er lag in Daryl Crennas Haus und konnte sich nicht rühren, genau wie Lance Selby. Dennoch gab es einen Unterschied.
Fystanat war bei Bewußtsein, während sich Lance in einem magischen Tiefschlaf befand.
Vladek Rodensky streichelte Odas Wange. »Ich fühle mit dir.«
»Danke, Vladek«, sagte sie und seufzte leise.
»Wenn ich irgend etwas für Lance oder für dich tun kann…«
Die weiße Hexe schüttelte den Kopf. Hilflos zuckte sie mit den Schultern. »Du siehst ja – man kann nichts tun. Vorläufig nicht.«
Wir kehrten zu Vicky Bonney und Mr. Silver zurück und nahmen einen Begrüßungsdrink. Wenn ich ehrlich sein soll, wir hatten alle schon mal bessere Laune.
Ein Glück, daß wir noch nicht wußten, was uns bevorstand…
***
Leif Stanwyck lebte noch, aber die Bestie hatte ihn schwer verletzt, und so raste ein Krankenwagen mit ihm zu einer Klinik in Holborn.
Über Funk erfuhren die Ärzte, was auf sie zukam, und sie bereiteten alles für die Notoperation vor.
Arlene Wood und Walter Freeman erholten sich langsam von dem schlimmen Erlebnis. Sie waren wichtige Augenzeugen für die binnen kurzem am Tatort eintreffende Polizei.
In einem Kastenwagen wurden ihre Aussagen an Ort und Stelle zu Protokoll genommen. Sie unterzeichneten die Schriftstücke, während etwa zwanzig Polizisten den nächtlichen Park durchkämmten und das Monster aufzustöbern versuchten.
Sie fanden jedoch keine Spur.
»Können wir gehen?« fragte Freeman den Polizeibeamten, der ihre Aussagen niedergeschrieben hatte.
Der Mann nickte. »Ihre Adressen haben wir; sollten sich noch Fragen ergeben, hören Sie noch mal von uns.«
Freeman wies auf die tiefe Delle in der Motorhaube und auf die Kratzspuren im Lack. »Wer kommt für den Schaden auf?«
Der Polizist hob die Schultern. »Niemand. Das ist so etwas wie hö- here Gewalt. Sie können von Glück sagen, daß nicht mehr passiert ist. Denken Sie an den Mann, den der Wolf erwischt hat. Sind Sie mit einer Delle in der Motorhaube nicht unvergleichlich besser dran?«
»Wenn man’s so betrachtet, auf jeden Fall«, sagte Walter Freeman und begab sich mit Arlene zu seinem Fahrzeug. Inzwischen war das überflüssige Benzin verdampft, und der Motor sprang gleich beim ersten Versuch an.
Aus nahezu allen Fenstern schauten Menschen, denen die Angst ins Gesicht geschrieben stand, und manch einer erinnerte sich wohl schaudernd an das Jahr 1956, als in dieser Stadt auch so ein Untier wütete.
War dies ein neuer Beginn?
Freeman brachte Arlene nach Hause, aber ihm war die Lust zu allem vergangen. Ihr auch.
»Sehen wir uns morgen?« fragte er, als sie aussteigen wollte.
»Oder möchtest du dich lieber wieder mit George treffen?«
»Ruf mich an«, sagte sie.
»Ich hab’ deine Telefonnummer nicht.«
»Sie steht im
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