0390 - Ich folgte der Teufelsspur
nickte so heftig, als hätte er etwas gutzumachen.
»Das ist ja ein Ding!« Wade wandte sich an seinen Bruder, der kleiner war, sich die Haare hatte abschneiden lassen und auf der Kopfhaut ein nacktes Mädchen als Tätowierung besaß. Sein Gesicht zeigte eine gewisse Röte. Die Augen waren klein und verschwanden fast in den schmalen Spalten. »Was meinst du, Ken? Sollen wir den Typen den Gefallen tun und uns mal um die Kleine kümmern?«
»Die gefällt mir sogar.«
»Mir auch.«
»Aber sie ist eine Hexe. Ihr müßt sie verbrennen. Wegen ihr haben wir drei Tote!« kreischte die Kundin.
»Ja, ich weiß, Betty. Wir glauben dir alles. Du bist wie eine Zeitung auf zwei Beinen. Aber jetzt hau ab, du Schlampe, sonst nehmen wir dich auch vor!«
Betty Jordan erschrak und huschte zur Seite, als die beiden Rockertypen auf sie zugingen. Die andere Kundin lief direkt mit. Sie waren beide aufgeregt, daß sie einen Stapel Küchenrollen umstießen und sich nicht weiter darum kümmerten.
Auch dem Drogisten war es in diesem Augenblick egal. Er wollte nur das Zigeunermädchen aus dem Laden haben und an ihr ein Exempel statuieren. Er und die anderen Bewohner wagten es nicht, so offen gegen die kleine Zigeunerin vorzugehen.
»Umsonst ist der Tod«, sagte Ken Listen und griff in ein Regal.
Seine Hand umklammerte eine Whiskyflasche. Er nahm sie an sich, sein Bruder Wade holte die zweite, und beide rutschten in die Außentaschen ihrer Lederjacken. »Das wird eine Party!« versprach Ken. »Eine irre Schau, kann ich dir sagen. Unsere Feten vergißt man nicht, Süße!«
Sarita hatte das Gefühl, einen Traum zu erleben. Der Stoß gegen die Verkaufstheke brachte sie wieder zurück in die Realität.
Sie sah die beiden vor sich. Obwohl es Menschen waren, wirkten sie wie eine Mauer. Die Gesichter waren verzogen, ein breites Grinsen hatte sich über sie gelegt, und die Augen funkelten in einer wilden Vorfreude.
Da kam sie nicht weg.
Und der Weg zur Tür?
Sarita schluckte. Sie sah die Menschen zwar, die dort standen, aber sie erkannte auch, daß sie von ihnen keine Gnade zu erwarten hatte. Diese Leute waren brutal, aufgespeicherter Haß kam nun zum Durchbruch. Sie würden es nicht erlauben, daß jemand, der nicht zu ihnen gehörte, dieses Spiel gewann. Das hatten sie eingeläutet, und sie würden es auch zu Ende bringen.
Männer und Frauen versperrten den Weg zur Tür. Auch die beiden Kundinnen hatten sich zu ihnen gesellt. Ihre Gesichter zeigten einen triumphalen Ausdruck, als hätte der Satan von ihnen Besitz ergriffen und wäre noch dabei, sich in ihren Körpern zu manifestieren.
Nicht Sarita war besessen, sondern die anderen. Ein weiser Mann hatte ihr einmal gesagt, daß sich die Hölle überall befindet. In jedem Menschen verborgen, nun kam sie zum Ausbruch.
Über ihren Rücken rann ein Kälteschauer. Die Lippen zitterten, sie merkte, daß sich in ihren Augen Tränenwasser gebildet hatte und wünschte sich weit weg.
Das war nicht möglich.
Und die beiden Kerle gingen gemeinsam vor. Es waren genau diese Schritte, die das Mädchen zum Handeln zwangen.
Sarita hatte entdeckt, daß es am anderen Ende der Theke noch eine schmale Tür gab, die sicherlich in irgendeinen Lagerraum führte.
Das war ihr Ziel.
Die harten Burschen rechneten mit keinem Widerstand. Sie glaubten, ihre Beute sicher zu haben, strengten sich deshalb nicht besonders an und wurden von den Aktivitäten des Mädchens völlig überrascht und aus der Fassung gebracht.
Sarita drehte sich, stützte sich gleichzeitig an der Theke ab und flankte hinüber.
Es war ein gewaltiger Satz, und Sarita, sehr gelenkig, zudem als Tänzerin ausgebildet, wurde auch nicht durch die Jeans beengt. Sie kam gut auf die andere Seite, stieß sich aber die Schulter an einem Regal, so daß ein Topf mit Lollies kippte, zu Boden schlug und zerbrach. Das war ihr egal.
Sie jagte auf die Tür zu. Ihre Schritte dröhnten auf den Bohlen, während hinter ihr eine kleine Hölle aus keifenden und kreischenden Stimmen losbrach.
»Packt sie!« schrie jemand. »Verdammt, packt sie und haltet sie fest. Sie muß brennen. Sie steht mit dem Satan im Bunde. Sie ist eine Hexe!«
Die beiden Schläger wollten daran zwar nicht so recht glauben, aber sie sahen sich in ihrer Ehre gekränkt, weil einem Opfer die Flucht gelungen war.
Als Sarita die Tür erreicht hatte, sprang Wade Liston an der anderen Seite des Tresens auf die Bohlen.
Sarita riß die Tür auf. Sie schaute nicht mehr zurück, denn sie wußte
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