0392 - Der Rachedolch
zum Reden gezwungen wurde. Außerdem war Zamorra kein Folterknecht. Und er zweifelte daran, daß er ohne Gewaltanwendung mehr aus ihm herausbringen würde als das, dessen er ohnehin sicher war: daß Sara Moon ihn auf Zamorra angesetzt hatte.
Andererseits hatte dieser Ewige einen Polizisten überfallen und möglicherweise getötet. Die Entscheidung, was zu tun war, lag also nahe.
Zamorra griff nach dem Hörer des Funktelefons und ging auf Sendung…
***
Wenig später tauchten vier Streifenwagen auf dem Parkplatz auf. Bewaffnete Polizeibeamte sprangen aus den Fahrzeugen. Mit dem Attentäter hatten sie keine Mühe; er war immer noch ohne Besinnung. Dennoch ließ der Einsatzleiter, Lieutenant Spokayen, ihn in Handschellen legen.
Der Fall lag klar auf der Hand. Der Dienstwagen wurde eindeutig identifiziert, der Mann in Uniform, der sich nicht ausweisen konnte, gehörte schon einmal keinesfalls zu diesem Fahrzeug.
»Wir wurden von dem Wagen überholt, zum Stoppen aufgefordert und auf diesen Parkplatz geholt«, berichtete Zamorra. »Meiner Begleiterin fiel auf, daß sich nur ein Beamter im Wagen befand. So war ich gewarnt, als der Mann mich übergangslos angriff. Es gelang uns, ihn kampfunfähig zu machen.«
Von dem Dolch erwähnte Zamorra nichts. Der Schnitt in seinem Hemd war nicht zu sehen, da er die Allwetterjacke geschlossen hatte. Als er gebeten wurde, zum zuständigen Bezirksrevier nach Taunton zu kommen, üm seine Aussage bezüglich des Überfalls zur Niederschrift zu geben, schüttelte er den Kopf.
»Bitte, Officer. Sie haben unsere Adresse. Beaminster-Cottage. Dorthin sind wir unterwegs, und dort oder auf Pembroke-Castle werden Sie uns in den beiden oder gar drei nächsten Tagen finden können. Wir kommen auch gern morgen zu Ihnen. Aber… bitte nicht heute. Wir hatten Aufregung genug. Wir laufen Ihnen nicht weg.«
Spokayne sah ihn nachdenklich an. Zamorra konnte erkennen, was der Lieutenant dachte. Es wäre immerhin möglich gewesen, daß Zamorra und Nicole mit dem Attentäter unter einer Decke steckten und ihn jetzt kaltstellen wollten… aber der Lieutenant verwarf diesen Gedanken sofort wieder. Der Festgenommene würde seine Aussagen machen… und die Adresse war Spokayne zumindest vom Hörensagen bekannt - der Earl of Pembroke war eine nicht ganz unbekannte, schrullige Persönlichkeit. Spokayne ging zu seinem Dienstwagen und telefonierte. Zamorra hörte, daß er über das Bezirksrevier beim Earl of Pembroke Nachfrage halten ließ, ob diesem ein Franzose, Professor Zamorra, mit Nebenwohnsitz im Beaminster-Cottage, bekannt sei.
Die Auskunft fiel erwartungsgemäß positiv aus.
»Sie können fahren, Sir«, sagte der Lieutenant schließlich. »Ich muß Sie nur bitten, morgen, kurz vor Mittag, zu uns zu kommen.« Er gab Zamorra eine detaillierte Wegbeschreibung. Der Professor dankte lächelnd und nahm wieder hinter dem Lenkrad des Jaguar Platz. Er registrierte, daß jemand das Kennzeichen seines Wagens notierte.
Es war ihm gleich. Er hatte nicht vor, wegzulaufen. Aber er wollte jetzt, heute, seine Ruhe haben. Ein gemütlicher Kaminabend im Cottage, ausspannen, an nichts denken, alle Probleme von sich schieben. Beaminster-Cottage war abgesichert. Die Abschirmung war verbessert worden und würde bei einem neuerlichen Angriff der Ewigen standhalten, zumindest aber so rechtzeitig Alarm geben, daß Gegenmaßnahmen getroffen werden konnten.
»Warum hast du eigentlich nichts von dem Dolch erzählt?« fragte Nicole, als sie wieder auf der Autobahn waren. »Hattest du einen bestimmten Grund dafür?«
Zamorra sah sie etwas überrascht an und wurde nachdenklich.
»Einen besonderen Grund… hm. Nein«, sagte er verblüfft. »Habe ich überhaupt nicht dran gedacht. Na ja, das kann ich ja morgen nachholen. Warum hast du denn nichts erwähnt?«
»Ich dachte, du hättest einen guten Grund, nichts davon zu erwähnen. Und da wollte ich dir nicht mit meiner ergänzenden Aussage in den Rücken fallen.«
»Danke, Nici«, sagte Zamorra. »Dafür kriegst du nachher einen Extrakuß. Aber - ich habe mir wirklich nichts dabei gedacht. Hab’s tatsächlich vergessen. Ich glaube, ich werde alt…«
»Dann wird’s wohl Zeit, daß ich mir einen neuen Chef suche - wenn du in ein paar Tagen die Rente einreichst…«
»Warte, bis wir im Cottage sind«, sagte Zamorra. »Dann werde ich dir schon zeigen, wie rüstig ich alter Rentner noch bin…«
***
Der Regen hatte etwas nachgelassen, als der Jaguar nach einer guten
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