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0393 - Der Vampir von London

0393 - Der Vampir von London

Titel: 0393 - Der Vampir von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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sich in gemächlichem Tempo. Fünf Häuser weiter war seine Stammkneipe. Hier kehrte er ein und fand seinen Platz an einem kleinen Tisch im dunklen hintersten Winkel des Raumes.
    Hier hatte er Muße, seine Beute zu begutachten. Hier störte ihn keiner. Mit einer Hand hielt er die Getränkekarte halb erhoben, als lese er darin, und mit der anderen Hand bewegte er das Medaillon vor sich auf dem Tisch, durch die Karte vor fremden Blicken geschützt.
    Eine handtellergroße Silberscheibe mit einem Halskettchen, desen Verschluß Dandridge vorhin sachkundig gefunden und mit einem schnellen Griff geöffnet hatte. Im Zentrum der Scheibe befand sich ein Drudenfuß, umgeben von einem Ring mit den zwölf Tierkreiszeichen. Den Rand bildete ein Band mit seltsamen Hieroglyphen, leicht erhaben gearbeitet, wie Dandridge sie noch nie gesehen hatte. Die Silberscheibe war ein wahres Kunstwerk. Sie mußte ein paar tausend Pfund wert sein. Eine fünfstellige Summe, dessen war Dandridge sicher.
    Er wußte auch ein paar Leute, die dieses Medaillon zu Geld machen würden, ohne Fragen zu stellen. Und notfalls konnte man es einschmelzen; allein der Silberwert war schon beachtlich.
    Dandridge hatte beim Betreten des Pub ein Bier bestellt. Nick, der Wirt, brachte es ihm. »Schreib’s an«, sagte Dandridge, wie üblich, und trank. Das leere Glas ließ er stehen und verließ den Pub wieder. Er überlegte, welchen der Hehler er ansprechen sollte, während er langsam die Straße ostwärts weiter ging.
    Dann seufzte er einmal vernehmlich auf und sank in einen Winkel zwischen zwei dicht beieinander stehenden Häusern. Zu mehr reichte es mit einem Messer im Rücken nicht mehr. Eine Hand fischte das Medaillon aus der Tasche des Toten, und eine Gestalt entfernte sich hastig.
    ***
    Nach seinem telepathischen Fehlschlag hatte Gryf jetzt das Amulett einsetzen wollen. Aber es war weg.
    Für einen Moment war er desorientiert. Er überlegte ernsthaft, ob Zamorra es ihm wirklich ausgehändigt hatte. Aber er hatte. Und demzufolge mußte jemand Gryf das Amulett gestohlen haben. Es konnte nur in der Zeit geschehen sein, in der er in Trance nach den Bwußtseinsmustern des Mannes und der Frau gesucht hatte. In dieser Zeit war er geistig weggetreten gewesen und hatte nichts von seiner Umgebung bemerkt.
    Den lieben Mitmenschen war natürlich auch nichts aufgefallen. Die hatten seelenruhig zugelassen, wie Gryf bestohlen wurde! Zorn packte den Druiden. Aber er beruhigte sich schnell wieder. Mit Zorn und Wut änderte er auch nichts an den Tatsachen, außerdem trug er selbst die Schuld daran. Er mußte geraume Zeit hier gestanden haben, das mußte einen Dieb einfach zum Zufassen provozieren.
    Zumal kein Polizist in erreichbarer Nahe war…
    Gryf seufzte. Der Verlust des Amulettes war ärgerlich, aber keine Katastrophe. Zamorra würde die Silberscheibe mit seinem magischen Ruf jederzeit wieder zu sich holen können. Die vage Vermutung, daß ein Schwarzblütiger das magische Instrument an sich gebracht hatte, um es für alle Zeiten verschwinden zu lassen und Zamorras Schlagkraft dadurch empfindlich zu schwächen, verdrängte Gryf vorsichtshalber erst einmal…
    Ärgerlich war eben nur, daß er jetzt sein Vorhaben erst einmal nicht in die. Tat umsetzen konnte.
    Er wollte aber auch nicht nach Pembroke-Castle springen, Zamorra den Verlust des Amulettes beichten und ihn darum bitten, den Ruf ergehen zu lassen. »Selbst ist der Druide«, murmelte Gryf. Erst einmal wollte er versuchen, diese Scharte selbst auszuwetzen. Er mußte den Dieb finden.
    Das sollte eigentlich nicht sonderlich schwerfallen. Wer ein solches rätselhaftes Schmuckstück stahl, der beschäftigte sich auch in Gedanken damit. Gryf setzte deshalb rigoros seine telepathischen Kräfte ein und begann die Umgebung wieder zu sondieren — nicht ohne sich vorher vergewissert zu haben, daß er alle anderen Sachen noch besaß und daß diesmal keiner so rasch an sie heran konnte. Gryf legte keinen Wert darauf, ein zweites Mal bestohlen zu werden.
    Plötzlich spürte er Gedanken. Jemand betrachtete die handtellergroße Scheibe und überlegte, wie er sie zu Geld machen könne. Und dieser Jemand war gar nicht so sehr weit entfernt.
    Gryf setzte sich in Bewegung.
    Als er den Mann aus einem Pub direkt vor ihm kommen sah, spürte er die Gedanken so deutlich, als wären es seine eigenen. Das war der Dieb, der das Amulett an sich gebracht hatte. Gryf war nur zehn, zwölf Schritte von ihm entfernt. Er wollte sich ihm gerade

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