0393 - Der Vampir von London

Titel: 0393 - Der Vampir von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa

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gelangen. Gut, wenn sie jetzt in die schmutzigbraune Flut sah, fühlte sie wieder diesen Schwindel-Anfall. Aber sie konnte es verkraften. Es war nur die Farbe des Wassers und die Strömungsgeschwindigkeit der Wellen, die breite der Themse… all das.
    Dennoch fühlte sie sich etwas unbehaglich, solange sie beide auf der Brücke waren. Erst, als sie wieder auf festem Boden standen, wich das Unbehagen.
    Es ist schon seltsam, dachte sie. Wirklich - sehr eigenartig…
    ***
    »Das ist also deine Einkaufs-Beute?« fragte Zamorra kopfschüttelnd, als ihm Nicole das verwegene Kleid vorführte - wenn man es Kleid nennen konnte. Wenige Streifen Seide, eine Menge pailettenbesetzter Schnüre, die hier und da ein weitmaschiges Netzwerk ergaben, da und dort hingen wie die Fransen an einem Indianerhemd baumelten und insgesamt fast mehr Preisgaben, als sie verhüllten. »Ich hoffe, du hast nicht auch noch Geld für dieses Nichts bezahlt?«
    »Kein Geld«, versicherte Nicole mit treuherzigem Augenaufschlag. »Nur einen Fetzen Papier - ich glaube, ›Scheck‹ stand da drauf…«
    »O Jesus«, seufzte Zamorra.
    Nicole bewegte sich. Die pailettenbesetzten Fransen wehten und zeigten sehr viel Nicole und wenig Kleid.
    »Dafür brauchst du einen Waffenschein«, stellte Gryf trocken fest und zog an seiner Pfeife. Der blonde Druide, der wie ein großer Junge aussah, schüttelte den Kopf. »So etwas nennt man jugendgefährdend. Sehr hübsch, aber wenn du es noch etwas länger trägst, vergesse ich meine Freundschaft zu Zamorra und dir, fessele ihn an einen Baum und falle über dich her. Mit diesem Glitzerdingelchen könntest du glatt drüben in Germany in Thomas Gottschalks Fernsehshow auftreten.«
    »Kaum«, widersprach Nicole. »Es wäre zumindest vonnöten, anstandshalber wenigstens etwas darunter zu tragen… schließlich ist ein wenig Sex auf dem Bildschirm ja wesentlich gefährlicher als Live-Bilder von Entführungen, Kriegstoten und Bombenattentaten…«
    »Wenn ich mir dich so ansehe…«, murmelte Zamorra. »Hast du nicht heute mittag noch erzählte, es wäre dir hier zu kalt? Ich fürchte, in diesem, äh, Etwas wird dir auch nicht gerade warm werden.«
    »Ich hoffe auf Rückkopplung«, erklärte Nicole. »Ich heize dir ein, und du wärmst mich dann. Was hältst du davon?«
    »Ich dagegen hoffe, daß du heute abend ein wenig mehr trägst«, seufzte Zamorra. »Es könnte sein, daß die altehrwürdigen Gespenster sonst ein wenig schockiert sind.«
    »Wie sieht es überhaupt heute abend aus?« erkundigte sich Nicole. »Der Wagen ist noch nicht wieder hier, oder?«
    »Gerade erst vor einer halben Stunde geholt worden«, sagte Zamorra.. »Ich habe mit seiner Lordschaft telefoniert. Der Earl schickt uns seinen Wagen und läßt uns auch wieder hierher zurückbringen. Dann brauchen wir dich nicht zu bemühen, Gryf, und du kannst dich noch ein wenig schonen. Der Jaguar wird erst morgen fertig.«
    »Auch gut«, sagte Gryf. »Dann kann ich heute abend meine eigenen Wege gehen.«
    »Du kommst nicht mit?«
    »Das hatte ich von Anfang an nicht vor«, gestand der Druide. »Ich hätte euch höchstens hingebracht und wieder abgeholt. Nichts gegen den Earl, aber im Pembroke Castle gibt’s mir ein wenig zu viele Gespenster. Nichts für mich. Vielleicht trifft man sich mal an einem neutraleren Ort.«
    »Und was hast du statt dessen vor?« fragte Nicole.
    Gryf riß sein Augenmerk gewaltsam von der aufreizenden Erscheinung los. Er begann von seinem Erlebnis zu erzählen.
    »Kaum glaublich«, sagte Zamorra. »Wo eine Vampir-Aura ist, muß doch auch ein Vampir sein. So etwas kann inan doch nicht künstlich hervorrufen, ohne daß die Täuschung bemerkt wird. Zumindest bei einem Experten, wie du es bist…«
    »Eben«, sagte Gryf. »Deshalb will ich mich ein wenig um diese Sache kümmern.«
    »Und wie?«
    »Ich habe mir das Bewußtseinsmuster der beiden Verdächtigen eingeprägt«, sagte er. »Während ihr dem Earl den Whisky wegschlürft und mit Geistern flirtet, gehe ich nach London und versuche die beiden wiederzufinden.«
    »London ist eine Millionenstadt«, wandte Nicole ein.
    »Ja. Aber mit etwas Geduld werde ich vielleicht fündig. Ich habe ja immerhin nicht nur ein Merkmal, sondern auch die Vampir-Aura. Damit könnte ich die beiden wiederfinden. Ansonsten… könntest du mir vielleicht dein Amulett leihen, Zamorra. Wenn alle Stricke reißen, versuche ich damit einen Blick in die Vergangenheit und nehme die Verfolgung zeitversetzt auf. Ich finde sie,