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0394 - Der knöcherne Tod

0394 - Der knöcherne Tod

Titel: 0394 - Der knöcherne Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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er die unsichtbare Burg täglich verlassen.
    Dann ging er in das kleine Dorf hinunter, das im Tal unter dem bewaldeten Berghang lag, auf dessen Gipfel sich Caermardhin erhob. Den Weg durch den Wald kannte der Mongole inzwischen in- und auswendig. Er wußte selbst bei tiefster Dunkelheit, wohin er seinen Fuß setzen mußte, so oft hatte er diesen Weg schon zurückgelegt. Und er spürte auch jede Veränderung. Wenn sich Menschen in der Nähe befanden, bemerkte er sie schon, ehe er sie hörte, und er konnte auch fühlen, wenn sie vor einiger Zeit hier gewesen waren. Er hatte einen besonderen Instinkt dafür entwickelt. Möglicherweise, weil er immer mit einem Überfall rechnete…
    Er war eine Weile der Leibwächter und Berater des Fürsten der Finsternis gewesen. Aber es war nicht so, daß ihm das hatte gefallen können. Er hatte sich immer in den Schwefelklüften unwohl gefühlt. Die Hölle, das Böse -es war nicht seine Welt.
    Schließlich hatte er eine Möglichkeit gefunden, sich freizukaufen und hatte dann in Caermardhin Asyl gefunden. Dort lebte er jetzt bis auf weiteres. Und bei ihm war seine Gefährtin Su Ling. Er kannte sie aus alten Zeiten. Er war mittels eines Zeitsprunges in die Gegenwart gekommen, Su Ling, die schon damals zu ihm gehört hatte, war dagegen mehrere Male wiedergeboren worden. In der Gegenwart hatten sie sich erkannt und wieder zusammengefunden.
    Er hatte sie aus San Francisco fortgeholt in die Sicherheit von Caermardhin. Denn er wußte nur zu gut, daß er über sie erpreßbar war. Und er wußte auch, daß die Hölle ihn nicht einfach gehen ließ. Man suchte ihn und würde ihn zurückholen und zu bestrafen versuchen für seinen Verrat. Wenn die Dämonischen Su Ling in die Finger bekamen, konnten sie Wang Lee zwingen, sich ihnen zu stellen.
    Er ahnte, daß er noch geraume Zeit mit dieser Belastung würde leben müssen. Das war der Preis für seine relative Freiheit. Irgendwann würde der Zorn des Fürsten der Finsternis verrauchen, oder er würde getötet werden - sein Nachfolger interessierte sich dann mit Sicherheit nicht mehr, ob und wo Wang Lee Chan zurückgeholt und hingerichtet wurde oder nicht.
    Aber bis dahin mußte er vorsichtig sein.
    Su Ling arbeitete nach wie vor für ihre Firma in San Francisco. Sie war als Dolmetscherin tätig. So konnte sie auch aus der Ferne arbeiten. Wang Lee, der Kämpfer, begab sich einmal am Tag hinunter zur Poststelle, um nachzusehen, ob neue Aufträge gekommen waren, und um erledigte Arbeiten auf die Reise nach Kalifornien zu schicken.
    Oft genug schon hatte ihm Su Ling in den Ohren gelegen, er möge sie doch einmal mitnehmen oder allein gehen lassen. Aber er blockte diese Versuche immer wieder ab. Er war ein Kämpfer, er konnte sich wehren. Und er kannte die Tricks, mit denen die Höllischen arbeiteten. Er roch sie. Er konnte sich darauf einstellen. Su Ling aber besaß seine Erfahrungen und Instinkte nicht. Er durfte sie deshalb nicht allein gehen lassen. Und wenn sie zusammen ins Dorf gingen, war sie ihm im Falle eines Überfalls ein Klotz am Bein. Er würde nicht nur um seine eigene Haut kämpfen müssen, sondern auch um ihre. Und auch wenn Sid Amos von Caermadhin aus die Umgebung überwachte, hieß das noch lange nicht, daß er auch rasch genug Hilfe bringen konnte, wenn es hart auf hart ging.
    Jetzt hatte Wang erledigt, was er in der kleinen Posthalterei zu tun hatte. Er überlegte, ob er noch im Pub einkehren sollte. Der befand sich direkt daneben. Aber er hatte ein ungutes Gefühl. Irgend etwas war heute nicht so wie sonst. So entschied er sich dagegen.
    Wieder den Berghang hinauf, zurück zur Burg… eine gute Stunde Fußmarsch. Er nahm sie gern auf sich. Die Stunde bergab und anschließend wieder die Stunde bergauf gehörten zu seinem täglichen Training. Übungsstunden in Caermardhin schlossen sich an, in denen er dafür sorgte, daß er mit dem Schwert und mit den Fäusten nicht erlahmte. Es gab ja sonst nur wenig, was er noch zu tun hatte; er hatte jede Menge Zeit. Die hatte er sich für seine Übungen schon immer genommen. Deshalb gab es auch kaum jemanden, der ihm mit dem Schwert das Wasser reichen konnte. Er war schneller und geschickter als alle anderen. Und er hatte gelernt, nach der Tradition der japanischen Samurai zu kämpfen.
    Im Dorf grinsten die Leute, wenn er mit dem Schwert auf dem Rücken auftauchte. »Conan der Eroberer kommt«, spöttelten sie gutmütig im Pub. Aber sie hatten gelernt, ihn zu akzeptieren, nachdem er auch den

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