0394 - Der knöcherne Tod
eine gute Heimreise«, sagte Lorenzo. Er ging zu dem zivilen Dienstwagen hinüber.
Zamorra sah die anderen an.
»Bis zu Rogiers Wagen ist es nicht weit. Aber vielleicht sollten wir zwischendurch tatsächlich noch irgendwo einkehren - und versuchen, uns ein vernünftiges Hotel in der Innenstadt empfehlen zu lassen. Das Loch, das man uns an der Autobahnraststätte gegeben hat, ist nun wirklich nicht der Rede wert.«
»Ich konnte nicht ahnen, was man euch andrehen würde«, sagte deNoe. »Tut mir leid.«
Nicole lächelte. »Es ist doch nicht deine Schuld, daß das Hotel ausgebucht ist«, sagte sie. »Kommt, gehen wir.«
Am Nachthimmel funkelte die silberne Sternenpracht.
***
Leonardo deMontagne überlegte.
Ausgerechnet Sara Moon machte ihm dieses Angebot! Welchen Grund hatte sie dafür? Merlins Tochter war zur Schwarzen Magie hin entartet, und sie diente dem Bösen. Man sagte ihr Verbindungen zu den MÄCHTIGEN aus den Tiefen des Universums nach, aber solange sie dabei im Sinne der Hölle tätig wurde, ließ man sie gewähren. Die MÄCHTIGEN strebten die alleinige Herrschaft an, auf ähnliche Weise, wie es auch die Ewigen taten, und somit waren beide Gruppierungen automatisch Feind der Höllenmächte. Aber während Eysenbeiß Verrat geübt hatte und dafür bestraft werden mußte, war Sara Moon ein viel zu kleines Licht, als daß es nötig wäre, sie auszulöschen. So arbeitete man zuweilen Hand in Hand.
Immer wieder mal verschwand sie für eine Weile vollkommen, und niemand wußte, wohin sie ging. Vielleicht zu den MÄCHTIGEN? Oder in eine andere Dimension? Zu den Ewigen ging sie bestimmt nicht; das war mit Sicherheit auszuschließen. Denn die MÄCHTIGEN und die DYNASTIE DER EWIGEN waren untereinander verfeindet. Das war schon allein durch ihren jeweiligen absoluten Machtanspruch bedingt. Es würde keine Zusammenarbeit zwischen ihnen geben. Und somit gab es auch keine Verbindung zwischen den Ewigen und Sara Moon.
Aber Leonardo hätte zu gern gewußt, wohin sich die Druidin wirklich wandte, wenn sie untertauchte. Es wurmte ihn, daß es etwas gab, worüber der Fürst der Finsternis nicht informiert war.
Und jetzt diese Aktion. Die Gefangennahme und Auslieferung Wang Lees!
Es gab zwei Möglichkeiten. Zum einen wollte Sara Moon Leonardo vielleicht einen Gefallen erweisen und ihn sich somit verpflichten. Irgendwann würde sie mit einer Forderung kommen, die er dann zu erfüllen hatte…
Er lachte leise vor sich hin. Er hatte sich noch nie an die Spielregeln gehalten. Mochten andere ihm Geschenke noch und noch bringen, ihm einen Gefallen nach dem anderen tun, er würde sich ihnen dadurch niemals verpflichtet fühlen. Das wußte Sara Moon wohl nicht, falls sie diesen Gedanken mit ihrer Aktion verband.
Die zweite Möglichkeit: es war eine Falle, in der Wang Lee Chan der Köder war. Dann lauerten jetzt bereits Helfer der Druidin darauf, daß Leonardo erschien.
Aber was konnte sie sich davon versprechen? Was brachte es ihr ein, wenn sie den Fürsten der Finsternis erschlug oder erschlagen ließ? Der einzige, der davon profitieren würde, war Professor Zamorra. Aber der wäre der Letzte, mit dem Sara Moon sich verbünden würde.
Eine dritte Möglichkeit zog Leonardo erst gar nicht in ernsthafte Erwägung: Daß die Botschaft nicht von Sara Moon gekommen war, sondern daß jemand nur ihren Namen benutzte, um Leonardo zu täuschen. Aber dann hätte es bessere Köder gegeben. Nein, die Nachricht kam wirklich von ihr.
»Ich werde mich an den genannten Ort begeben«, sagte der Fürst der Finsternis schließlich. »Aber ich werde nicht allein kommen. Falls es eine Falle ist, wird Sara Moon sich sehr wundern…«
Und er erteilte Anweisungen, wer ihn zu begleiten hatte: eine halbe Hundertschaft seiner Skelett-Krieger… und der Sensenmann!
***
Kälte ging von ihm aus, die durch Mark und Bein schnitt. Seine tief in den Höhlen liegenden Augen strahlten eisiges Licht aus. Er sah alt und hinfällig aus in seiner erdfarbenen Kleidung, aber er war vitaler als das Leben selbst. Eine Kapuze hüllte seinen Kopf ein, und seine Hand umschloß das Werkzeug, mit dem er den Lebensfaden zu schneiden pflegte. Eine langstielige Sense aus kaltem Metall, deren Klinge nicht einmal das Leben eines Dämons zu widerstehen vermochte.
Der Sensenmann war einer der ganz alten Dämonen. Er war indifferent; mit der Hölle verband ihn so viel oder so wenig wie mit dem Himmel. Seine Arbeit war das Töten, alles andere interessierte ihn nicht. Er war
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