0395 - Luzifers Paradies
»Ich kann dir einfach immer noch nicht trauen, Laurin! Übrigens - wie sieht das mit meinen Kleidern aus? Bekomme ich die bald mal zurück?«
Den Samtmantel, den er ihr gegeben hatte, als sie das Versteck betraten, hatte sie zurückgewiesen, benutzte ihn jetzt allerdings als Sitzunterlage. Die Grotte, in der sie sich befanden, war zwar wie alle anderen Höhlen in diesem Bergmassiv mit Edelsteinen und Edelmetallen ausgestattet, aber sie war etwas feucht und kalt. Hier hatte man wohl auf gründlichen Ausbau und Isolierung verzichtet. Dieser Raum wurde von den Zwergen nicht benötigt.
Und deshalb diente er Laurin als Versteck, in das er sich mit Teri zurückgezogen hatte, um sie zur Hilfeleistung zu überreden und hier unbemerkt von anderen seinen Plan vortragen zu können.
»Du wirst bald die wunderschönsten Kleider bekommen«, versprach er. »Gedulde dich nur noch ein wenig…«
»Ich gedulde mich nicht mehr lange«, sagte sie. »Du wolltest mir etwas erzählen, Laurin. Was hat es mit dem Land der Seelenlosen auf sich? Und -vor wem hast du Angst?«
Er lachte bitter auf.
»Angst? Angst habe ich nicht vor ihm. Aber ich hasse ihn, diesen Teuflischen, der mich hinterging, nachdem ich ihm vertraute. Doch so wie er mich nicht beseitigen kann, kann ich ihn nicht mehr von seinem Thron werfen. Mir sind die Hände gebunden, schöne Teri.«
Sie strich sich durchs Goldhaar. »Bist du nicht der König der Zwerge, Laurin?«
»Ich war es einst… oh, das ist schon so lange her, so unendlich lange… damals, als' der Berner mich zum Treueeid zwang…«
»Dietrich von Bern?«
Laurin nickte. Wieder trank er schweren, roten Wein, der nicht in der Lage war, ihn trunken werden zu lassen. »Dietrich hatte mich zusammen mit seinem Recken endlich bezwungen. Selbst meine Freunde, die Riesen, haben sie erschlagen, die verfluchten Goten. Nur ein paar ließen sie entkommen, damit sie überall berichteten, welch großartige Krieger sie doch waren. Das alles nur, weil Kühnhild, meine Kühnhild, Dietleibs unselige Schwester, mich verriet und ihnen Zauberringe gab, mit denen sie meine Albenkrieger sehen konnten…«
Daß die unter Tarnkappen gekämpft hatten, die sie für die Menschen unsichtbar machten, war für Laurin absolut normal. Er hatte seine eigenen Ansichten über einen fairen Kampf.
»Dietrich zwang mich, mit ihm nach Bern zu kommen. Ich übertrug Sintram die Regentschaft über mein unterirdisches Reich…«
Sintram! Teri zuckte heftig zusammen. Das war doch der Auftraggeber des Nachtmahrs! Sintram… warum waren ihr die Zusammenhänge nicht früher klar geworden? Warum hatte sie nicht danach gefragt?
»Sintram schickte Boten in alle hohlen Berge. Aber nur Alberan zog mit einem Heer gegen Bern, um mich zu befreien. Schon damals zeigte sich Sintrams Tücke, denn ich wollte nicht befreit werden. Ich wollte wirklich versuchen, dem Berner ein Freund zu sein. Sie belagerten die Stadt, es gab Herausforderungen und Zweikämpfe, und schließlich zogen Walberan und sein Heer der unsichtbaren Albenkrieger wieder ab. Später kehrte ich zurück. Mein Rosengarten, meine Liebe, durch den alles Unselige ausgelöst wurde… ich habe ihn zu Stein verflucht. Ich Unglücklicher! Ich ahnte nicht, was ich damit auslöste… Denn Sintram, mein Regent, hatte längst seine Fäden gesponnen und seine Macht gefestigt. Oh, er kannte mich gut, dieser Schurke. Er wußte, was ich tun würde, als ich heimkehrte. Und er hatte seinerseits den Garten mit einem Zauber belegt. Und als ich den Rosenanger verzauberte, festigte ich damit Sintrams Macht auf meinem Thron!«
Er verstummte.
Teri sah ihn an. »Und, Laurin? Für jeden Zauber gibt es einen Gegenzauber…«
»Nicht immer. Sintram hatte Vorsorge getroffen. Er besitzt dämonische Kräfte, schöne Teri. Laß mich erklären…«
»Ich brenne geradezu darauf«, sagte sie spöttisch. »Laß dich nicht ablenken…«
»Sintram ist den Menschenfrauen hold«, sagte Laurin. »Er lockt sie in den Berg, und wenn sie nicht von selbst kommen, läßt er sie mit Gewalt holen. Er benutzt sie, und wenn er ihrer überdrüssig geworden ist, wirft er sie fort wie einen nutzlosen Gegenstand. Er nimmt ihnen die Seelen, verschlingt diese und verwandelt die leeren Körper in allerlei Getier, das dann im Land der Seelenlosen kreucht und fleucht. Du hast sie kennengelernt, die Unglücklichen, nicht wahr? Sie sind alle Sintrams Opfer, und er hatte Jahrhunderte Zeit, diese Menagerie aufzubauen… daher wundert es mich, daß
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