0395 - Luzifers Paradies
der Faun noch zu sprechen vermochte. Aber es mag daran liegen, daß er eben ein Mischwesen ist. Ein Experiment. Die Kraft aber, die Sintram daraus gewinnt, daß er Seelen verschlingt, läßt er in den Fluch fließen, den ich damals sprach. Er festigt ihn immer wieder. Dadurch, daß dieser Fluch immer wieder gestärkt wird in all seiner Konsequenz, ist auch sein Sitz auf meinem Thron gefestigt. Ich kann ihn nicht stürzen. Und solange er an meiner Stelle regiert, hat er auch die Macht, sich immer wieder Frauen aus der Welt der Menschen zu holen… Und da ist noch etwas, Druidin. Er und ich - wir sind miteinander verbunden. Der eine kann nicht sterben, ohne daß der andere stirbt. Ich finde erst dann meinen Frieden, wenn Sintram tot ist, aber ich kann ihn nicht töten. Und er kann mich nicht töten, aber auch er kann erst sterben, wenn ich tot bin. Es muß jemand von außen kommen und mächtig genug dafür sein… deshalb leben wir beide schon so unendlich lange, Sintram und ich. In all den vielen Jahrhunderten fand ich nie jemanden, der stark genug war, gegen Sintram anzutreten und ihn auszulöschen, diesen Dämonischen.«
Teri schluckte.
Jetzt begriff sie, was hier geschah. Laurin war ein entmachteter Herrscher. Als er damals Sintram zum Regenten machte, beraubte er sich selbst seiner Macht und war jetzt nicht mehr in der Lage, das rückgängig zu machen…
»Aber du, Teri, besitzt einen starken Zauber. Deshalb habe ich dir den Weg geöffnet, der durch das Land der Seelenlosen führte. Denn ich sah, daß du ihn allein nicht finden würdest. Einmal wäre es dir fast gelungen, aber du kehrtest sofort wieder zurück, ehe der Zauber den binden konnte, der diesem Land innewohnt und niemanden mehr hinaus läßt.«
»Das klingt nicht gut, Laurin. Ich habe nicht die Absicht, meinen Lebensabend in deinen Höhlen zu verbringen…«
»Es gibt andere Tore, die hinaus führen, nur nicht durch das Land!«
Sie seufzte.
»Du hast dir die falsche Helferin ausgesucht, Laurin«, sagt sie. »Du glaubst, ich könnte dir helfen. Aber ich kann es nicht. Denn - als ich das Land betrat und seinem Zauber anheimfiel -verlor ich meine Kraft…«
Er starrte sie entsetzt an. »Was?«
»Ich kann meine Druidenkraft in deiner Welt nicht einsetzen«, sagte sie. »Hier - bin ich nur ein ganz normaler Mensch…«
***
»Nein!« schrie Laurin auf. Er sprang auf, sein Weinpokal flog durch die Luft. Er tobte. »Nein, du lügst! Das kann nicht sein! Du mußt Zauberkraft besitzen, du kannst mich nicht so getäuscht haben! Oh, sind denn alle aus dem Menschenvolk solche furchtbaren Verräter und Betrüger? Ich werde dich…«
Aber so schnell, wie sein Wutanfall gekommen war, verflog er wieder. Resignierend sank der einstmals mächtigste Zwergenkönig in sich zusammen.
»Nein«, murmelte er. »Wieder werde ich um eine Hoffnung betrogen… werde ich denn niemals frei sein können von dem Fluch, den ich einst leichtfertig sprach…?«
Da stand plötzlich ein anderer Zwerg in der Grotte!
Laurins Augen weiteten sich. »Wie -wie ist das möglich? Wie kannst du mich hier finden?« Seine Hand fuhr zur Waffe. Mit dem Schwert wollte er den anderen Zwerg, der ihn in seinem scheinbar geheimen Versteck aufgestöbert hatte, erschlagen.
Der andere schrie auf.
»Nicht!« schrie Teri, aber mit ihrem Schrei konnte sie den Schwung des Schwertes nicht mehr stoppen.
Aber in ihrer Gegenwart geschah kein Mord, wenn sie ihn verhindern konnte!
Grell flammte es in ihren Augen auf, und eine flirrende Kraft floß rasend schnell aus der ausgestreckten Hand -und entwand Laurin das Schwert!
Fassungslos starrte er seine leere Hand an, dann wirbelte er herum.
Teri war nicht weniger überrascht. In ihrer Hand lag Laurins Klinge, viel zu klein für ihre den Griff umschließenden Finger. Kaum mehr als ein langer Dolch.
»Du hast mich belogen!« schrie er. »Du willst mir nicht helfen! Du sagst, du hättest deine Kraft verloren, und du besitzt sie immer noch!«
»Das wußte ich nicht«, stieß sie hervor. »Laurin - ich wußte es wirklich nicht! Im Land konnte ich sie nicht anwenden, was ich auch immer vorhatte…«
Er sah sie düster und ungläubig an.
Sie drehte das Schwert, reichte es ihm zurück, den Griff voran. »Nimm deine Klinge, aber morde nicht damit! Glaubst du, in deinem Reich wärst du der einzige, der alle Verstecke kennt? Frage deinen Untertan. Er hat eine Botschaft für dich. Ich lese es in seinen Gedanken. Erschlage nicht den Überbringer einer Nachricht,
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