0395 - Menschenschmuggel in Manhattan
halbe Stunde war erst vergangen.
Ich kauerte mich zusammen und rieb die Flächen meiner Hände aneinander, um es etwas wärmer zu bekommen.
Wir warteten noch zwanzig Minuten. Nichts geschah.
»Ich glaube, es ist besser, wir hauen ab!«, flüsterte ich Phil zu.
Er nickte.
Ich wollte mich erheben. Da hörten wir plötzlich ein Motorengeräusch.
Ganz leise und gedämpft. Aber ohne Zweifel - da kam ein Auto. Wir verhielten uns völlig ruhig. Die Müdigkeit war verschwunden, wir spürten die Kälte nicht mehr.
Langsam teilten zwei Scheinwerfer die dunkle Nebelwand. Meter um Meter tasteten sie sich näher an das Wasser heran. Ich dachte schon, der Wagen würde vorbeifahren, da stieg der Fahrer hart auf die Bremse, und nach einem sanften Rutschen hielt das Auto. Die Scheinwerfer wurden abgeschaltet.
Wir hielten die Luft an. Aber nichts geschah.
Kein Mensch stieg aus. Niemand warf etwas in den Creek. Es war totenstill.
Ich merkte, dass ich fror. Aber es war nicht die Kälte.
Ich streckte den Arm vor, um Phil ein Zeichen zu geben. Er fasste meinen Ärmel. Vorsichtig erhoben wir uns.
Das Auto stand kaum drei Yards von uns entfernt. Aber wir konnten es nur an seinem Dach erkennen. Es schimmerte leicht. Ein schwacher Reflex in der Nacht.
Plötzlich trat ich auf einen trockenen Zweig. Es knackte laut und schrill. Es war mir als wäre das Geräusch lauter als ein Gewehrschuss.
Atemlos blieben wir stehen. Nichts geschah. Eben wollten wir weiter schleichen, als mit einem Mal die Scheinwerfer aufflammten.
Der Raum um uns wurde in ein milchiges Licht getaucht. Wir duckten uns.
Ich erwartete, dass der Motor des Wagens anspringen würde, und ich spannte die Muskeln, um sofort loszuschnellen und den Wagen aufzuhalten.
Aber wieder geschah nichts.
Die Scheinwerfer wurden wieder ausgelöscht.
Jetzt erschien uns die Dunkelheit noch undurchdringlicher als vorher.
Ich packte Phil am Arm.
»Überraschen!«, flüsterte ich dicht an seinem Ohr. Er nickte. Dann schlich er um das Auto herum.
In meiner Hand fühlte ich das kühle Metall einer Stablampe. Mein Revolver war griffbereit in der Manteltasche.
Plötzlich schnellte ich hoch.
Auf der anderen Seite war Phil.
Ich hielt die aufflammende Stablampe an die Fensterscheibe. Sie beleuchtete das bleiche Gesicht eines Mannes. Von der anderen Seite her durchschnitt Phils Lampe das Dunkel des Wageninnern.
Neben einem Mann saß ein junges Mädchen.
Ich machte ihm ein Zeichen, das Fenster herunterzukurbeln. Seine Hand zitterte und er hatte Mühe, den Griff zu fassen.
»Guten Abend«, sagte ich, zeigte meinen Ausweis und fragte: »Was machen Sie hier?«
»Ich, ich…«, stotterte er. »Ich habe nur… wir wollten… die Aussicht, der Fluss…«
»Erzählen Sie mir nichts von Aussicht«, sagte ich und konnte mir ein Grinsen nicht verbeißen. Um den letzten Zweifel auszuschalten, ließ ich mir den Führerschein geben.
Der junge Mann war Student und wohnte hier in der Nähe. Das Mädchen neben ihm verkroch sich fast hinter ihm.
»Hören Sie«, sagte ich, »es ist gefährlich, hier bei Nebel so nah ans Wasser zu fahren. Erst heute Nachmittag ist ein Wagen reingerutscht!«
»Oh!«, piepste das Mädchen, und der junge Mann sagte: »Ich werde es ja nicht wieder tun, bitte, sagen Sie meinem Vater nichts.«
»Los, verschwindet hier«, sagte ich »und versprechen Sie mir, dass die Dame sofort zu Hause abgeliefert wird!«
»Ja, natürlich, vielen Dank, Sir!«
Er verbeugte sich im Sitzen und ließ den Motor an.
***
Als das Motorengeräusch verklungen war, sagte ich grimmig: »Diese Idioten, vermutlich haben sie uns alles verpatzt!«
»Wollen wir abhauen?«, fragte Phil.
»Warten wir noch zehn Minuten, wenn dann nichts geschieht, können wir es abblasen!«
»Zurück hinter den Baum!«, murmelte Phil, und wir hockten uns wieder hinter den breiten Stamm.
Ich sah auf meine Armbanduhr. Es war zwei Minuten nach zehn.
Wieder warteten wir, aber diesmal wurde uns die Kälte bewusster. Die Feuchtigkeit kroch greifbar durch den Stoff unserer Mäntel, und meine Füße waren wie zwei Eisklumpen.
»Mann, ich freue mich auf deinen Whisky!«, flüsterte Phil.
»Kann’s kaum noch erwarten!«, gab ich zurück.
Plötzlich erstarrte ich. Ich klammerte mich an die raue Baumrinde und beugte mich weit vor.
Da kam ein Geräusch. Immer näher. Aber was für ein Geräusch war es nur? Es war ein Surren, ein Summen. Immer wieder auf schwellend und leiser werdend, in einem regelmäßigen
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