0396 - Mord-Marionetten
überzeugt, es mit keinem normalen Anschlag zu tun gehabt zu haben. Ich erinnerte mich an den kurzen Feuerschein, den ich dicht vor dem Treffer gesehen hatte. Das hatte auch ein magisches Feuer sein können.
Jemand drängte sich durch die Absperrung. Es war einer der beim Yard angestellten Polizeiärzte. Während er sich niederbeugte, nickte er mir kurz zu.
»Der Mann ist tot, Doc.«
»Mal sehen.« Er untersuchte ihn. Um, ihn nicht zu behindern, stand ich wieder auf und ordnete mich in den Kreis der übrigen Kollegen ein. Natürlich wurde ich von ihnen angesprochen. Ein jeder hatte sich über das Motiv des Täters seine Gedanken gemacht.
»Der Kollege hat keinem etwas getan«, hieß es da.
»Außerdem war er pensioniert.«
So ging es hin und her, bis jemand die Vermutung äußerte, dass der Anschlag möglicherweise mir gegolten hatte. »Sie standen ja dicht neben dem Mann, und da kann man schon mal vorbeischießen.«
Ich kannte den Sprecher. Er gehörte nicht gerade zu meinen Freunden, aber diesmal konnte der Kollege Recht gehabt haben.
»Ja, das ist möglich«, gab ich zu.
»Gesehen hat keiner von uns etwas.«
Das wiederum wunderte mich. In dem Gewühl musste doch jemand auffallen, der mit kleinen, glühenden Pfeilen um sich schoss.
Natürlich konnte der Schuss aus dem Unsichtbaren gekommen sein. So etwas hatte ich schon erlebt, und das war furchtbar, denn es hinterließ bei mir stets einen seelischen Druck. Ich fühlte mich jedes Mal unter einer Kontrolle stehend und hoffte natürlich stark, dass diese meine Vermutung nicht zutraf.
Suko kam wieder, gerade als der Arzt die Schultern hob und nur ein Wort sagte: »Exitus. Das Geschoss hat ihn mitten ins Leben getroffen. Ich werde es später herausholen. Sie können die Leiche abtransportieren lassen. Ich bin in der Pathologie.«
Suko überreichte mir das Kreuz und die Beretta. »Willst du mit nach unten?«
»Eigentlich ja.«
»Okay, ich bin dabei. Übrigens, du sollst Sir James anrufen. Ich habe ihn kurz informiert.«
»Mach ich.«
Während zwei Männer mit einer Kunststoffwanne kamen, um den Toten abzuholen, ging ich zu einem der Telefone. Die Besuchergruppe hatte das Gebäude verlassen. Durch die Scheiben der Eingangstür sah ich die Jungen und Mädchen noch draußen stehen und eifrig miteinander diskutieren.
Sir James hob sofort ab. »John, was ist denn da passiert? Es hat tatsächlich einen Toten gegeben?«
»Ja, Sir.«
»Wieso?«
»Viel mehr weiß ich auch nicht.« Mit einigen Sätzen schilderte ich den Hergang, und Sir James verfolgte den gleichen Gedanken wie ich. »Sagen Sie mal, ist es möglich, dass der Anschlag vielleicht Ihnen gegolten hat?«
»Damit rechne ich, Sir.«
»Dann wäre ja alles klar.«
»Wie das?« Er lachte kurz. »Sie haben einen neuen Fall, John. Finden Sie den Täter. Ich höre von Ihnen.« Damit legte er auf.
Suko kam zu mir. »Was hat der Alte gesagt?«
»Wir sollen den Täter finden.«
»Toll, das hätten wir auch ohne seine Bemerkung in Angriff genommen.« Er schaute sich um, als hätte er Angst davor, dass uns jemand zuhörte oder auch nur beobachtete. »Weißt du was, Alter? Irgendwie fühle ich mich verdammt unwohl.«
»Warum soll es dir besser gehen als mir?«
»Wer will etwas von uns?«
Ich hob die Schultern. »Noch ist es nicht sicher, ob wir gemeint waren. Oder zumindest ich. Mich würde nur sehr stark interessieren, mit welch einer Waffe der Mann erschossen worden ist. Und deshalb werden wir in den Keller fahren.«
Als Keller bezeichneten wir den gewaltigen unterirdischen Komplex, in dem die wissenschaftlichen Labors und Forschungsräume des Yard untergebracht waren.
Unter anderem lagen dort die Zellen der U-Haft. Auch Moira Cargal saß da ein, bis sie überführt wurde.
Uns empfing eine andere Welt. So kalt und nüchtern. Ein Reich der grauen Betonwände, der Stahltüren, der Labors und klimatisierten Computerräume. Ich hatte immer das Gefühl, als würden sich die Leute, die hier unten arbeiteten, anders bewegen, sodass sie sich dieser sterilen Umgebung irgendwie anpassten.
Es gab Hinweisschilder, die den Weg zu den einzelnen Abteilungen wiesen. Wir kannten uns aus und gelangten in den Bereich des unterirdischen Zentrums, das eigentlich am schrecklichsten war.
Den Doc trafen wir in einem der kleinen Büros, wo er neben einem Kollegen stand, der am Schreibtisch saß und auf einer Maschine hämmerte. Er war schon umgezogen und grinste uns an. »Ich habe mir gedacht, dass ich Sie noch hier
Weitere Kostenlose Bücher