0396 - Mord-Marionetten
diesem Job. Ich holte das Kreuz hervor und wog es für einen Moment auf der Handfläche, als plötzlich das Telefon klingelte.
Ärgerlich verzogen wir beide die Gesichter. »Hast du dir nicht eine Störung verbeten?«, fragte Suko.
»Ja, das schon. Wenn Glenda durchstellt, ist es wichtig.« Bevor Suko den Arm ausstreckte, hielt ich den Hörer bereits in der Hand und hörte die Stimme unseres Chefs.
»Sie haben den Killer, John?«
»Ja, auf dem Schreibtisch.«
»Dann stimmt das mit der Puppe, wie Miss Perkins mir berichtete?«
»In der Tat, Sir.«
»Und?«
»Ich hatte vor, sie zu untersuchen. Vielleicht zerstöre ich sie auch, wenn ich das Kreuz nehme, aber das Risiko muss ich eben in Kauf nehmen. Tut mir Leid.«
»Machen Sie das, was Sie für richtig halten. Und noch etwas…«
Ich hörte nicht mehr zu, was mein Chef sagte. Während des Gesprächs hatte ich die Puppe nicht aus den Augen gelassen und sah plötzlich, dass ein Zucken durch ihren Leib lief. Aber nicht nur durch den Leib, auch die Glieder bewegten sich. Die Arme und die Beine zitterten. Ich hörte die Stimme des Alten aus dem Hörer schallen, sagte nur: »Gleich, Sir, gleich«, und legte auf.
Da stand die Puppe schon.
Bevor ich sie anfassen konnte, streckte Suko seinen Arm aus und fluchte einen Moment später laut auf.
Ich sah auch den Grund. Quer über seinen Handrücken lief ein blutiger Streifen, obwohl er die Puppe nicht berührt hatte. Zwangsläufig lenkte mich diese Tatsache ab. Ich stellte eine Frage, auf die ich keine Antwort bekam, denn die Puppe sprang mit einem gewaltigen Satz zurück und landete auf dem Boden des Büros.
Und dort bewegte sie sich rasend schnell.
Plötzlich hielt sie die Armbrust fest, spannte sie, und der erste Pfeil lag bereits auf.
Er zielte auf mich.
»John, weg!« Suko schrie mir die Warnung zu. Das hätte er gar nicht gebraucht, denn ich warf mich auf dem Stuhl sitzend zurück, als sich der Pfeil von der Waffe löste…
Wieder sah ich den glühenden Schein, der mir schon unten in der Halle aufgefallen war. Er huschte sehr dicht an meinem Gesicht vorbei, als ich mich noch auf dem Weg befand.
Dann schlug ich auf.
Mit dem Schreibtischstuhl war ich umgekippt. Zum Glück hatte ich den Kopf etwas eingezogen, da ich nicht voll gegen den Boden hämmern wollte. Ich zog die Beine an, stieß den Stuhl von mir und rollte mich zur rechten Seite hin.
Dort stand auch der kleine Killer.
Der nächste Pfeil lag bereits auf der Waffe.
Mit den Füßen erwischte ich den umgekippten Stuhl und bewegte ihn auf die Puppe zu. Sie schoss den Pfeil ab. Wieder flammte er kurz auf, bevor er in den Sitz hieb und ihn genau an dieser Stelle in Brand setzte.
Suko war ebenfalls nicht untätig gewesen. Er schlug einen Bogen, um von der anderen Seite her an die kleine Puppenfigur heranzukommen. Während ich hochschnellte, hatte Suko den kleinen Killer fast erreicht, und wieder hörte ich sein Fluchen.
Kurz schaute ich hin.
Suko zuckte in diesem Moment zurück. Ich sah, dass Blutstropfen wie Perlen aus der Schnittwunde an der Wange quollen.
»Geh weg!«, schrie ich ihm zu, als die kleine Puppe bereits den nächsten Pfeil abschoss.
Diesmal hätte sie mich fast an der Schulter erwischt. Schräg wischte der Pfeil an mir vorbei und hieb in die Wand, ohne weiteren Schaden anzurichten.
Allmählich wurde es kritisch. In unserem eigenen Büro kamen wir uns wie Überfallene vor, und ich wollte dem ein Ende setzen.
Bevor die Killer-Puppe den nächsten Pfeil aufgelegt hatte, riss ich meinen Schreibtischstuhl hoch und ließ ihn schräg nach unten rasen.
Ich hatte damit gerechnet, die Puppe zerschmettern zu können, das war nicht der Fall, denn dicht über ihr spürte ich einen gummiartigen Widerstand, hörte ein leises Knirschen und schaute erschreckt hoch.
Jetzt erst sah ich die Fäden!
Hauchdünn waren sie und kamen aus dem Nichts. Die Erklärung dafür fiel mir wie Schuppen von den Augen. Nicht eine normale, von Dämonen beeinflusste Holzpuppe sollte uns killen, sondern eine Marionette.
Im nächsten Moment wischte sie in die Höhe und war verschwunden. Dabei sah ich noch etwas Schwarzes unter der hellen Decke, konnte es jedoch nicht genau identifizieren. Und einen Lidschlag später war alles vorbei. Nur der umgekippte Schreibtischstuhl und einige Brandflecken erinnerten an das Geschehene.
Und natürlich Sukos blutende Wunden. Eine im Gesicht, die anderen auf der Hand. Er hatte ein Taschentuch hervorgeholt und tupfte das Blut aus der
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