0397 - Ein Duft von Tod und Grauen
bekannt.
Sofort war der Ober da. Er überschlug sich fast vor Freundlichkeit und kannte sogar Sheilas Namen. »Wie immer, Mrs. Conolly?«
»Ja.«
»Was hast du dir denn bestellt?« fragte ich sie.
Sie funkelte mich aus ihren blauen Augen an. »Einen Kaffee und einen Cognac dazu.«
Ich lachte. »Wirst du unsolide?«
»Manchmal.«
»Aha, und deshalb hast du dich auch heimlich mit mir getroffen, nicht wahr?«
»Du wirst lachen, John. Bill weiß tatsächlich nichts davon, sonst wäre er mitgekommen und hätte die Pferde scheu gemacht. Nein, ich bin für eine Woche außer Haus, und Bill paßt auf Johnny auf.«
»Habt ihr Krach?«
»Nein.«
»Hast du Urlaub von der Ehe genommen?«
»Fast.«
»Und dazu brauchst du mich?« Ich nahm einen Schluck und wartete auf ihre Antwort.
Sheila wiegte den Kopf. »Wahrscheinlich, John.« Ihre Antwort hatte ernst geklungen, so daß ich mir eine weitere lockere Bemerkung verkniff. Wenn Sheila mit mir reden wollte, war es sicherlich eine Sache, die mich beruflich anging.
Ihre beiden bestellten Getränke kamen. Sie kippte den Cognac in den Kaffee, nahm drei Stücke Zucker, rührte um und trank die ersten Schlucke. »Das tut gut«, sagte sie, als sie die Tasse abstellte und sich für die Verspätung entschuldigte.
»Macht nichts. Ich habe mich köstlich amüsiert. Außerdem verbringe ich gern meinen Dienst auf diese Art und Weise.«
»Kann ich mir vorstellen.« Sie wechselte das Thema. »Wie geht es eigentlich Sir James?«
»Er liegt noch im Krankenhaus. Die Verletzungen sind schwerer, als wir angenommen haben. Sie werden ihn noch eine Woche dabehalten.«
»Die armen Schwestern.«
»Das kannst du laut sagen. Und wie habt ihr sie überstanden?«
»Einigermaßen.«
Die Verletzungen, die Sir James, Suko und ich erlitten hatten, waren durch scharfe Fäden verursacht worden, an denen Mr. Dolls Marionetten gehangen hatten. Selbst Sir James hatten sie nicht verschont.
»Aber deswegen bist du doch nicht gekommen – oder?« fragte ich die blonde Sheila.
»Das stimmt.«
»Dann sag den Grund?«
Sheila lächelte und rührte mit dem Löffel den Kaffee um. Es war mehr eine Geste der Verlegenheit. »Ich hoffe nur, John, daß ich nicht die Pferde scheu mache.«
»Kaum. Du kannst mir alles erzählen. Betrachte mich einfach als deinen Beichtvater.«
Sie lachte. »Beichtvater ist gut, aber ich habe ein Problem und möchte vorweg sagen, daß ich vielleicht nur die Pferde scheu mache, aber ich wollte mir keine Vorwürfe machen, falls doch etwas schiefläuft.«
»Verstehe.«
Sheila nahm noch einen Schluck, stellte die Tasse abrupt auf den Teller und sagte: »Es geht um Mode!«
»Wie schön.«
Sie lachte. »Ich weiß, daß du dafür nicht viel übrig hast, aber dir ist ja bekannt, daß ich in dieser Branche einmal aktiv tätig werden wollte und es auch war.«
»Ja, das weiß ich leider zu genau.« Ich dachte an einen Fall, der uns damals auf eine Schönheitsfarm in die Nähe von Paris geführt hatte, wo plötzlich die Hölle los gewesen war. Sheilas Ausflug in die Modewelt hatte mit einem dämonischen Paukenschlag sein Ende gefunden.
Sollte die Sache jetzt wieder beginnen?
»Du schaust so skeptisch«, sagte sie.
Ich hob die Schultern. »Dabei dachte ich nur an die Vergangenheit.«
»Das ist vorbei. Es gibt wohl keine Mannequins mit Mörderaugen mehr, obwohl ich eingestehen muß, daß sich der Grund, weshalb ich dich treffen wollte, auch wieder in dem Bereich liegt.«
»Mannequins?« fragte ich und schaute an Sheila vorbei zu den Typen, die die Terrasse bevölkerten. Viele von ihnen hatten Ähnlichkeit mit diesen Modepüppchen.
»Ja.«
»Und was ist es diesmal?«
»Das kann ich nur schwer erklären.«
»Versuche es.«
»Deswegen bin ich hier. Hör zu. Die Mode hat mich nie losgelassen. Irgendwie mische ich immer mit. Auch als stille Teilhaberin irgendwelcher Modemacherinnen oder Designer. Ich versuche, junge Talente zu fördern, aber das weißt du ja alles. Allmählich muß die Herbstmode der Öffentlichkeit präsentiert werden, und ich bin dabei. Überall in den Londoner Hotels laufen Präsentationen, die ich fast alle besuche. Ich betreue dabei eine Mannequin-Truppe, die Kleider eines bestimmten Modemannes vorträgt, der in London arbeitet und der bei seinen Kreationen Wert darauf legt, daß sie auch tragbar sind.«
»Wie heißt der Knabe denn?«
»Tassilo Urbani. Sein Markenzeichen ist das stilisierte T.U.«
»Nie von gehört.«
»Kann ich mir denken. Also, dieser
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