0399 - Totentanz im Urnengrab
Knochen und grauer Asche.
Dieser fürchterliche Anblick vermittelte das Grauen, unterstützt vom Pesthauch des Mordes.
Knochen rochen nicht so. Zudem befanden sie sich in verschlossenen Behältern. Was aber stank hier so?
Auch der Pfarrer schaute durch eine der Luken. Sie befanden sich etwa zwei Armlängen von meiner entfernt.
»Ich habe die Urnen entdeckt, Senhor Sinclair!« flüsterte er mir zu.
»Ebenfalls.«
»Und?«
»Strömen sie vielleicht den Geruch aus?« erkundigte ich mich.
»Nein, das nicht.«
»Dann müssen wir damit rechnen, daß sich auch die Zombies in diesem Bau aufhalten.«
Der Padre trat von der Wand zurück. »Was wollen Sie machen? Hineingehen oder…«
Ich gab keine Antwort, denn ich hatte nicht nur etwas gesehen, sondern auch etwas gehört.
Und solche schlurfenden Schritte kannte ich verdammt gut.
Wer so daherschritt, war kein Mensch, nur noch eine Hülle, die trotzdem lebte.
Wie die drei Zombies.
Zuerst sah ich die Bewegung am Rande des Kerzenscheins, dann kamen sie näher und wurden vom flackernden Lichtschein aus der düsteren Insel geholt.
Ich zischte dem Pfarrer zu, noch einmal hindurchzuschauen, was er auch tat, obwohl es anstrengend war. Er streckte seinen Körper, und ich vernahm sein geflüstertes: »Mein Gott.«
»Was ist denn?« fragte mich Pete.
»Die Zombies sind da.«
»Echt?«
»Ja, verdammt.«
Ich zog mich wieder zurück, und auch der Padre schaute nicht länger durch die Luke. Wahrscheinlich wußte er, was ich ihn fragen wollte. So gab er die Antwort im voraus und begleitete sie durch ein heftiges Nicken.
»Ja, Senhor Sinclair, ja, das sind genau die drei Zombies, die Manuel mir beschrieben hat. Wir haben sie gefunden!«
***
Für etwa eine Sekunde durchströmte mich ein gutes Gefühl. So hatte sich die Arbeit und die Suche in der verfluchten Hitze doch noch gelohnt. Sie befanden sich in der Urnenhalle, die nur einen Ausgang besaß. Und weil der von uns besetzt werden konnte, saßen sie in der Falle.
Zombies, so gefährlich sie auch sind, gehören zu den niederen Dämonenarten, die man durch Silberkugeln töten kann. Ich zog die Beretta. Der Geistliche sah es und fragte: »Wollen Sie die Wesen erschießen?«
»Genau. Ich werde hineingehen und an der Tür stehenbleiben. Sobald sie mich sehen, wird der Trieb über sie kommen, und dann gibt es kein Halten mehr, denn Menschenfleisch ist für sie ungemein wichtig. Sie werden mich anfallen wollen, aber ich erschieße sie. Glauben Sie mir, ich stehe nicht zum erstenmal Zombies gegenüber. Ich wundere mich nur, daß es so relativ leicht war, sie zu finden.«
»Was machen Sie mit dem Inhalt der Urnen?«
»Den können wir ins Meer kippen oder auf eine Müllhalde.«
Der Padre schaute zu, wie ich mich in Bewegung setzte, an ihm vorbeiging, den nächsten Schritt machte und zu einem weiteren nicht mehr kam, denn plötzlich passierte es. Den Vorwurf mußten wir uns machen, nur war es leider zu spät.
Das Surren hörte ich nicht mehr, dafür nahm ich einen erstickten Laut und einen dumpfen Fall wahr.
»Himmel, Sehnor Ravina!« Die Stimme des Pfarrers klang entsetzt.
Ich wirbelte herum, jagte auf den Geistlichen zu, riß ihn zu Boden und lag selbst flach.
Zum Glück, denn gefährlich nahe zischte der aus dem Dunkel abgeschossene Pfeil über uns hinweg.
Wir beide waren so gefallen, daß wir dicht neben dem Fahrer lagen und ihn trotz der Finsternis erkennen konnten.
Er lag auf dem Rücken. Und genau an der Stelle, wo in seiner Brust das Herz schlägt, ragte der Schaft eines Pfeils hervor…
***
Da war nichts mehr zu machen. Der heimtückische Schütze hatte ihn voll erwischt. Und mir wurde klar, daß ich den Fall unterschätzt hatte. Von wegen gelöst und so, nein, jetzt ging die Post erst richtig ab, aber ich wollte auf keinen Fall unter die Räder kommen und handelte entsprechend.
Dieser heimtückische Killer mußte die Augen einer Katze haben.
Wie sonst wäre es ihm wohl gelungen, bei diesen Verhältnissen so präzise zu treffen? Das war eine Meisterleistung gewesen, wenn auch im negativen Sinne.
Ich rollte mich herum, zunächst einmal weg aus der unmittelbaren Nähe des Gebäudes, und auch der Padre reagierte richtig. Diesmal brauchte ich ihm nicht zu helfen.
Er kam hoch, blieb aber in einer geduckten Haltung und rannte so davon.
Er war nach rechts gelaufen, deshalb wischte ich in die andere Richtung davon, schielte dabei nach rechts zum Friedhof hinein, wo der Schütze stecken mußte. Und ich rechnete
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