0399 - Totentanz im Urnengrab
Verlassen Sie sich darauf.«
Der Geistliche nickte. »Da können Sie recht haben. Na ja, Sie kennen sich ja aus.«
»Ein wenig.«
»Wo ist denn der verdammte Bau?« meldete sich Pete Ravina hinter mir. »Laßt uns den suchen, dann ist alles klar.«
Der Pfarrer schaute sich um. »Wir müssen nach rechts, wenn mich nicht alles täuscht.«
»Gehen Sie voran«, bat ich den Pfarrer.
»Natürlich.«
Noch während wir uns unterhielten, wurde es dunkel. Wir hatten plötzlich das Gefühl, nicht mehr auf dem gleichen Friedhof zu stehen, sondern an einem anderen Fleck. Die Dunkelheit kam wie eine Decke, und sie zog all die Gegenstände zu sich heran, die wir vorhin noch gesehen hatten. Überall lauerten die Schatten, und der hier wuchernde Dschungel schien sich in gespenstische Wesen verwandelt zu haben.
Vor mir sah ich den Rücken des Pfarrers. Er wirkte wie ein dunkles Viereck.
Parallel zur Mauer liefen wir. Wenn ich über sie hinwegschaute und der Blick frei war, sah ich tief unter mir das erleuchtete Halbrund der Copacabana. Aber das schien eine völlig andere Welt zu sein.
Mit der Dunkelheit fiel ein lauer Wind von den Spitzen der Berge.
Er brachte kaum Kühlung, dafür den Duft zahlreicher Blüten mit.
Dieses für meine Nase ungewöhnliche Aroma legte sich beim Atmen schwer auf meine Lungen.
Der Dschungel blühte immer. Und er war nie tot, auch in der Finsternis nicht, doch auf diesem Friedhof schien alles ausgestorben zu sein, so daß der süßliche Blütenduft über eine von Tieren verlassene Landschaft strich.
Padre Roman Sainho blieb so plötzlich stehen, daß ich fast gegen ihn gelaufen wäre. Neben ihm blieb ich stehen.
Auch Pete kam herbei.
»Riechen Sie nichts?« fragte der Pfarrer.
»Schon. Der Blütenduft…«
»Den meine ich nicht, Senhor Sinclair. Es ist etwas anderes.«
»Und was?«
»Das ist Moder!« meldete sich Ravina flüsternd. »So stinken alte Leichen…«
Was er etwa brutal ausgedrückt hatte, entsprach den Tatsachen.
Auch ich nahm den Gestank wahr.
»Könnten da noch offene Gräber sein?« fragte Ravina.
»Das glaube ich nicht«, erwiderte der Pfarrer. »Ich rechne eher mit etwas anderem.«
»Zombies!« präzisierte ich mit rauher Stimme und hörte Ravinas leises Verlegenheitslachen.
Der Padre nahm ein anderes Thema auf. »In dieser Richtung finden wir auch die Urnenhalle. Das ist ein alter Backsteinbau.«
»Wenn die Zombies tatsächlich hier sein sollten, bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich in der Halle aufzuhalten«, sagte ich.
Dieser letzte Satz war für uns gewissermaßen das Startsignal, und wir setzten unseren Weg fort.
Diesmal noch vorsichtiger und auch mißtrauischer. Ich hatte meinen rechten Arm angewinkelt und hielt die Hand nahe der Beretta. Wenn einer dieser Zombies urplötzlich aus der Dunkelheit auftauchen sollte, wollte ich sofort die Waffe ziehen, um ihn erledigen zu können.
Aber sie hielten sich zurück. Auch dieser Häuptling zeigte sich nicht. Trotzdem rechnete ich damit, daß er ebenfalls den Weg zum Friedhof gefunden hatte.
Es war inzwischen stockfinster. Rechts, wo die Mauer entlanglief, wuchsen hohe Bäume mit breiten Kronen schief aus dem Untergrund. Sie nahmen uns auch die Sicht auf die erleuchtete Stadt.
Der Padre blieb stehen. Er deutete nach vorn. »Da ist die Urnenhalle!« wisperte er.
»Und der Eingang?« fragte ich.
»Befindet sich an der Seite.«
»Gibt es dort eigentlich Licht?« fragte Pete Ravina.
Sainho lachte leise. »Höchstens Kerzen. Weshalb fragen Sie?«
»Weil mir ein schwacher Schein aufgefallen ist.«
»Laßt uns mal näher heran gehen, und durch eine der Öffnungen schauen.« Pete Ravina setzte seine Absicht sofort in die Tat um und ließ uns stehen. Wir folgten ihm.
Ravina hatte sich auf die Zehenspitzen stellen müssen, um durch eine Öffnung schauen zu können.
»Da brennen Kerzen!« meldete er und trat zur Seite.
Ich schaute als nächster durch den Spalt und wunderte mich, wie es im Innern dieses Baus aussah. Schräg gegenüber befanden sich mehrere Nischen in der Wand. Vor ihnen brannten fünf brennende Kerzen auf hochkant stehenden Steinen. Das zuckende Licht fiel auch in die Nischen, so daß ich dort diverse Gegenstände erkennen konnte.
Auch wenn Glas nicht ganz sauber ist, reflektiert es. Und das war hier der Fall, denn das Kerzenlicht traf die drei Glasurnen, um die sich alles drehte.
Es waren die gleichen, die ich auch in dem Film gesehen hatte.
Ziemlich groß und halbvoll mit gelbbleichen
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