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04 - Die Tote im Klosterbrunnen

04 - Die Tote im Klosterbrunnen

Titel: 04 - Die Tote im Klosterbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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zwischen den mächtigen, uralten Bäumen ums Überleben kämpften. Dazwischen ragten ganze Hecken aus Stechpalmen mit ihren gezackten, immergrünen Blättern, den kurzen Stämmen und den ineinander verschlungenen Ästen meterhoch in den Himmel.
    Dann und wann, wenn einer der größeren Bewohner des Waldes auf der Suche nach Futter vorsichtig umherstreifte, hörte Fidelma ein Rascheln im Unterholz; das Knacken von Zweigen und Ästen, wenn ein Hirsch beim Geräusch ihrer Schritte erschrocken davonsprang; das Knistern trockenen Laubes, wenn ein neugieriges Eichhörnchen sich zu erinnern suchte, wo es sein Futter gehortet hatte. Wer mit der Natur vertraut war, konnte die zahllosen Geräusche leicht unterscheiden.
    Bald stieß Fidelma auf eine nahegelegene Straße, die zu den in der Ferne aufragenden Bergen führte, und sah, daß hier erst vor kurzem Pferde entlanggekommen waren. Der Boden war zwar hartgefroren, doch die Spuren von Pferdemist waren eindeutig. Sie erinnerte sich an den Zug von Reitern und Fußvolk, der sich am Morgen von den Bergen heruntergeschlängelt hatte, und begriff, daß er an dieser Stelle auf die Straße gestoßen sein mußte.
    Aus irgendeinem Grund kam ihr plötzlich wieder Eadulf von Seaxmund’s Ham in den Sinn, und sie fragte sich, warum? Sie hätte zu gern gewußt, ob Ross etwas über die Herkunft des verlassenen Schiffes in Erfahrung hatte bringen können. Das war viel verlangt. Ein ganzer Ozean und eine Küste von mehreren hundert Meilen Länge – und kein Anhaltspunkt, wo Hinweise auf die Geschehnisse an Bord zu finden sein könnten.
    Vielleicht war Eadulf gar nicht auf dem Schiff gewesen?
    Sie schüttelte den Kopf und verwarf diese Theorie. Er hätte das Meßbuch niemals jemand anderem gegeben – freiwillig jedenfalls nicht.
    Doch was, wenn man es ihm abgenommen hatte, nachdem er bereits tot war? Fidelma erschauerte und preßte die Lippen zusammen. Wer immer ihm etwas angetan hatte, dachte sie entschlossen, würde der Gerechtigkeit nicht entgehen. Dafür würde sie schon sorgen.
    Plötzlich blieb sie stehen.
    Vor ihr machte ein Schwarm Vögel mit seinem Geschrei einen solchen Lärm, daß die anderen Geräusche des Waldes davon übertönt wurden. Sie schimpften ihr eigenartiges ›kaaarg-kaaarg‹. Einige Vögel flatterten zu den oberen, kahlen Ästen einer Eiche hinauf, und Fidelma sah, daß es Eichelhäher waren. In einem nahegelegenen Erlengebüsch hatte ein Schwarm kleinerer Vögel mit spitzen Schnäbeln und aufgeplustertem Federkleid an den braunen, holzigen Zäpfchen herumgepickt. Nun begannen alle aufgeregt zu zwitschern.
    Irgend etwas beunruhigte sie.
    Fidelma trat zögernd einen Schritt vor.
    Das rettete ihr das Leben.
    Sie spürte den Luftzug eines Pfeiles, der ihren Kopf nur um wenige Zentimeter verfehlte, und hörte den dumpfen Schlag, mit dem er sich in den Baumstamm hinter ihr bohrte.
    Instinktiv ließ sie sich auf die Knie fallen und hielt gleichzeitig Ausschau nach einer besseren Deckung.
    Während sie sich zusammenkauerte, noch unentschlossen, was sie tun sollte, vernahm sie einen durchdringenden Schrei, und zwei hochgewachsene Krieger mit Vollbart und glänzender Rüstung brachen durch das Unterholz und packten ihre Arme wie Schraubstöcke, bevor sie auch nur Zeit hatte, zur Besinnung zu kommen. Einer von ihnen hob sein Schwert, als wolle er zustoßen. Fidelma wich zurück und wartete auf den Hieb.
    »Halt!« rief eine Stimme. »Irgendwas stimmt da nicht!«
    Der Krieger ließ zögernd die Waffe sinken.
    Da tauchte vor ihnen aus dem Dämmerlicht des Waldes auch schon ein Reiter auf, in der einen Hand einen kurzen Bogen, in der anderen die Zügel eines Schlachtrosses. Offensichtlich war er verantwortlich dafür, daß sie dem Tod nur knapp entronnen war.
    Fidelma hatte keine Zeit, zu reagieren und ihrer Verblüffung oder ihrem Protest Ausdruck zu verleihen, denn schon wurde sie zu dem Berittenen geschleift. Als sie vor ihm stand, beugte er sich in seinem Sattel vor und musterte eingehend ihr Gesicht.
    »Wir haben uns getäuscht«, rief er entrüstet aus.
    Fidelma warf den Kopf zurück, um seinen prüfenden Blick zu erwidern. Der Fremde war beeindruckend. Sein Gesicht war lang und dem eines Adlers ähnlich, seine Stirn breit. Die Nase mit dem schmalen, hakenförmig gebogenen Nasenbein erinnerte an einen Schnabel. Das Haar wuchs an den Schläfen nur spärlich, wurde am Hinterkopf jedoch zunehmend länger und dichter und fiel mit einem roten, kupferfarbenem Schimmer auf seine

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