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04 - Die Tote im Klosterbrunnen

04 - Die Tote im Klosterbrunnen

Titel: 04 - Die Tote im Klosterbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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etwas, das dort unten nicht hingehörte?«
    Das Mädchen neigte den Kopf zur Seite und dachte gründlich nach.
    »D… dort unten n… ni… nicht hingehörte?« wiederholte es langsam.
    Schwester Síomha konnte ihre Ungeduld nicht länger zügeln.
    »Den Kopf der Leiche«, erklärte sie unverblümt.
    Schwester Berrach zitterte heftig.
    »Es war ni… nichts weiter d… dort unten als die Dunkelheit und das Wasser. Ich habe n… ni… nichts gesehen.«
    »Vielen Dank«, lächelte Fidelma. »Ihr könnt jetzt gehen.«
    Nachdem Schwester Berrach draußen war, lehnte sich die Äbtissin zurück und musterte Fidelma prüfend.
    »Was jetzt, Schwester Fidelma? Glaubt Ihr immer noch, daß es sich bei der Toten um Schwester Almu handelt?«
    »Das habe ich nicht behauptet«, widersprach Fidelma. »In diesem Stadium der Untersuchung kann ich nur Vermutungen und Hypothesen aufstellen. Die Tatsache, daß Schwester Comnats und Schwester Almus Rückkehr in die Abtei überfällig ist, mag durchaus reiner Zufall sein. Trotzdem muß ich über sämtliche Vorfälle informiert werden, sonst komme ich nicht weiter. Ich dulde keine Spielchen mehr. Wenn ich Fragen stelle, erwarte ich wahrheitsgemäße Antworten.«
    Sie blickte zu Schwester Síomha hinüber, ihre Worte waren jedoch an Äbtissin Draigen gerichtet. Sie sah, wie ein wütender Ausdruck über das Gesicht der rechtaire der Gemeinschaft Der Lachs aus den Drei Quellen huschte.
    »Das versteht sich von selbst, Schwester«, erwiderte die Äbtissin angespannt. »Könnten wir nun, da all unseren verletzten Eitelkeiten und dünkelhaften Wehwehchen Genüge getan wurde, endlich zu unseren jeweiligen Obliegenheiten zurückkehren?«
    »Gern«, stimmte Schwester Fidelma zu. »Nur eine Sache noch …«
    Äbtissin Draigen wartete mit hochgezogenen Augenbrauen.
    »Mir wurde berichtet, daß es hier in der Gegend Kupferminen gibt?«
    Die Äbtissin hatte diese Frage nicht erwartet und wiederholte überrascht: »Kupferminen?«
    »Ja. Stimmt das etwa nicht?«
    »Doch. Ja, auf dieser Halbinsel gibt es viele Kupferminen.«
    »Wo liegen sie, von der Abtei aus gesehen?«
    »Die nächstgelegenen befinden sich jenseits der Berge in südwestlicher Richtung.«
    »Und wem gehören sie?«
    »Sie gehören zu den Ländereien von Gulban, dem Falkenauge«, erwiderte Draigen.
    Fidelma hatte diese Antwort erwartet und nickte nachdenklich. »Vielen Dank. Ich will Euch nun nicht länger aufhalten.«
    Als sie sich zum Gehen wandte, sah sie, wie Schwester Síomha ihr sichtlich erregt hinterherschaute. Wenn Blicke töten könnten, dachte sie beinahe belustigt, dann wäre sie jetzt nicht mehr am Leben.

K APITEL 8
    Fidelma beschloß, noch am gleichen Nachmittag zu Adnárs Festung zurückzukehren, ohne den Häuptling jedoch vorzuwarnen, indem sie die Bucht zwischen der Gemeinschaft Der Lachs aus den Drei Quellen und der Festung von Dún Boí per Boot überquerte. Statt dessen wollte sie dem Pfad durch den Wald folgen und sich der Festung von der Landseite her nähern. Der Weg war zwar weiter, aber sie war so lange mit Ross’ Schiff unterwegs gewesen, daß sie sich nach einem geruhsamen Waldspaziergang sehnte, um ihre Gedanken zu ordnen. Hier war genau die richtige Landschaft zum Wandern. Der Wald mit seinen wuchtigen Eichen erstreckte sich entlang der Küste und über die Ausläufer des hohen Berges dahinter.
    Fidelma hatte Schwester Brónach über ihre Absicht informiert und verließ die Abtei am Nachmittag. Es war immer noch angenehm draußen, und die milden Sonnenstrahlen, die durch die meist kahlen Äste sickerten, wärmten die Haut. Hoch oben, über den schneebedeckten Baumkronen, war der Himmel von einem zarten Blau, durchsetzt mit weißen, flauschigen Wölkchen, die in der leichten Brise dahinzogen. Der Boden war hart. Die winterliche Kälte ließ die weiche Erde gefrieren, und die Sonne hatte sie noch nicht mit ihrer Wärme durchdrungen. Die trockenen Blätter, die vor vielen Wochen abgefallen waren, raschelten unter Fidelmas Schritten.
    Von den Toren der Abtei führte der Waldweg um die Bucht herum, jedoch so weit vom Strand entfernt, daß die große Meerenge meist vor den Blicken der Reisenden, die diese Route nahmen, verborgen blieb. Nur hier und dort konnte man durch die kahlen Bäume einen flüchtigen Blick auf das Blau erhaschen, das im Sonnenlicht funkelte. Nicht einmal die Geräusche des Meeres waren zu hören, so gut wurden sie abgeschirmt durch den Schutzwall aus hohen Eichen und Haselnußsträuchern, die

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